Der Putzteufel geht um
Tisch. Keiner von uns sprach ein Wort. Wir genossen einfach nur unser friedliches Beisammensein, bis der Haferbrei blubbernde Geräusche von sich gab und mir freundlicherweise zu verstehen gab, daß er kurz vor dem Überkochen war.
Ich hatte gerade einen dampfenden Teller vor Jonas gesetzt und ihm empfohlen, den Inhalt noch ein wenig abkühlen zu lassen, als Trina McKinnleys Stimme durch die Halle schallte. Ich eilte sofort zu ihr.
»Ellie?« Sie stand vor dem Ausziehtisch und ging mit dem Finger über die Oberfläche. »Welche Möbelpolitur haben Sie bislang benutzt?« »Irgend etwas Zitroniges.« »Aus einer Sprühflasche?« »Ja. Stimmt damit was nicht?«
»Kommt darauf an, ob Sie Wachsrückstände haben wollen oder nicht.« Trina vollbrachte wieder eins ihrer Schulterzucken.
»Obwohl es mich wundert, daß Roxie sich nicht an das PGB gehalten hat. Wir arbeiten nämlich mit gutem altem Muskelschmalz. Hat Gertrude nichts dazu gesagt?« Ich hatte einen verspäteten Anfall von Dankbarkeit, was Mrs. L. betraf. »Nein, aber ich trage mich gerade mit dem Gedanken, meine eigene Möbelpolitur herzustellen, nach einem alten Familienrezept.« Ich flüchtete wieder in die Küche und ließ Trina völlig unbeeindruckt zurück.
»Gibt’s Probleme?« Jonas rappelte sich aus seinem Nickerchen auf, bei dem er etwas vom Stuhl gerutscht war. »Nichts Besonderes.« Ich rückte ihn wieder zurecht, blieb bei ihm sitzen und sah zu, wie er winzige Portionen von seinem Brei aß. Ich versuchte mir gerade einzureden, daß das ein bißchen Farbe auf seine eingefallenen Wangen bringen würde, als der nächste Ruf mich vom Stuhl hochjagte. Dieses Mal stand Trina auf Zehenspitzen im Salon. »Ellie?«
»Ja?« Langsam fing mir mein Name an, auf die Nerven zu gehen.
»Sie haben unheimlich viel Zierrat.« »Ist das bei anderen nicht so?«
»Nicht so viel wie hier.« Sie vollführte einen großen Halbkreis mit dem Arm. »Bei Ihnen steht überall was herum, finden Sie nicht? Nicht nur auf den Tischen. Sondern vom Fußboden bis zur Decke.«
»Ich liebe nun mal unterschiedliche Perspektiven.« »Nichts gegen einzuwenden. Sie haben ja auch ein paar schöne Sachen, Ellie. Hätte nichts dagegen, Ihnen das ein oder andere abzukaufen. Aber es gibt eine Regel, die besagt: nie mehr als drei Teile auf einer Oberfläche. Mehr als drei bedeutet Zuschlag.« »Steht das auch im PGB?« konnte ich mir nicht verkneifen zu fragen.
»Wahrscheinlich nicht.« Ihre schwarzen Augen funkelten. »Man muß sich ja nicht immer an das Gesetz halten, oder?« »Wahrscheinlich nicht.« Nachdem ich mich einverstanden erklärt hatte, noch ein paar Pfund mehr abzudrücken, floh ich zurück in die Küche. Ich war mir sicher, daß Trina sich ihre neue Regel genau in diesem Moment ausgedacht hatte. Jonas war wieder nach oben gegangen. Er hatte die Absicht geäußert, sich anzuziehen. Ich beglückwünschte mich gerade dazu, daß ich ihn dazu gebracht hatte, den größten Teil seines Haferbreis aufzuessen, als es erneut an der Hintertür klopfte. Bunty Wiseman hätte zu jeder Tages- und Nachtzeit für die Rolle des dummen Blondchens vorsprechen können. Ihre Augen waren so porzellanblau, daß man hätte schwören können, sie trüge gefärbte Kontaktlinsen, aber dem war nicht so. Ihre Figur war perfekt, die Beine wohlgeformt und schlank, und von ihrem Mund behauptete Freddy, daß es das süßeste Schnütchen der Welt sei. Das einzige, woran es ihr mangelte, war Dummheit. Leider hatte sie kein Glück in der Liebe. Ihre Ehe mit Lionel Wiseman, dem gepflegten silberhaarigen Anwalt von Chitterton Fells, war gescheitert. Auch was ihre geschäftlichen Unternehmungen betraf, war sie nicht gerade mit Erfolg gesegnet. Aber keines ihrer Mißgeschicke hatte auch nur ansatzweise etwas mit fehlendem Grips zu tun. Sie war eine Frau mit vielen Fähigkeiten, zu denen vor allem gehörte, daß sie sich nie unterkriegen ließ, und dafür bewunderte ich sie mit nahezu ehrfürchtigem Staunen.
Bunty stand nicht auf Formalitäten. Wenn ich nicht zu Hause gewesen wäre, hätte sie sich wahrscheinlich schnell etwas zu essen gemacht und anschließend wieder aufgeräumt. So aber scharwenzelte sie vor mir herum, damit ich ihr hautenges, schwarzes Kleid bewundern konnte, das gerade mal ihren Po bedeckte. Sie sagte, sie habe es selbst genäht. Dann wollte sie wissen, was ich in den letzten drei Wochen alles getrieben hätte, da sie mich ja nie gesehen hätte – noch nicht einmal einen Schwanz von mir sonntags in der
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