Der Putzteufel geht um
Scheu. Irgendeine Kleinigkeit – ein Wort oder ein Blick – konnte mich zurückbefördern zu dem Augenblick, als wir uns zum ersten Mal gegenübergestanden hatten. Damals hatte ich mir gewünscht, daß eine Zauberfee auftauchen und mich in die Frau verwandeln würde, die das Herz dieses Traummannes so heftig schlagen ließe wie das meine.
Jetzt nahm er mein Gesicht in die Hände und gab mir einen hingebungsvollen Kuß, ehe er in den Kleiderschrank griff und einen marineblauen Pullover hervorzog. »Du hast schon genug am Hals mit den Kindern, die ewig um dich herumspringen, und mit Jonas, der noch nicht richtig auf den Beinen ist.« »Aber der Frühling hat so etwas Ursprüngliches«, erklärte ich ihm. »Da verspürt man einfach den Drang, das Nest zu richten. Die alten Zweige zu entfernen und frische herbeizuschaffen.« »Und wieder etwas umzumodeln?« Bens Stimme kam nur gedämpft durch den Pullover, den er sich gerade über den Kopf zog. »Den Drang meine ich auch«, gab ich zu. Während ich mein Kleid mit dem Blumenmuster zuknöpfte und die Haare zu einem lockeren Knoten band, ließ ich den Blick durch das Schlafzimmer wandern und über die Tapete mit den Fasanen, die auf dem silbergrauen Hintergrund herumstolzierten. Ich war die schweren Mahagonimöbel ebenso leid wie die weinroten Samtvorhänge. Leider zeigten weder die einen noch die anderen irgendwelche Anzeichen von Abnutzung oder Verschleiß. Aber wie die meisten Männer, mußte man auch Ben ganz vorsichtig an der Hand führen, wenn man im Haus etwas verändern wollte.
»Hättest du denn nicht gern einen neuen Schreibtisch für dein Arbeitszimmer?« erkundigte ich mich. »Nein.«
»Aber die Schublade in dem alten klemmt doch.« »Das ist ja gerade das Gute daran, denn wenn ich einen Brief schreiben muß, komme ich nicht an das Papier und kann die ganze Angelegenheit deshalb mit gutem Gewissen vertagen. Und jetzt mein Schatz -« er bewegte sich auf die Tür zu – »muß ich los.« Ich unterdrückte einen Seufzer und schlich hinter ihm her. »Ben, immer wenn wir anfangen, über Geld zu reden, mußt du weg.«
»Das bildest du dir nur ein, mein Schatz.« Der beiläufige Ton in seiner Stimme ließ mich die Schritte beschleunigen. »Ist etwas mit dem Restaurant? Wieso erzählst du mir gar nichts mehr? Sogar Freddy ist auffällig schweigsam geworden.« Mein Cousin träumte nach wie vor von einer Zukunft als Rockstar, aber vorerst arbeitete er noch für Ben im Abigail’s und wohnte im Verwalterhäuschen unten am Eingangstor.
»Das Geschäft läßt nach.« Ben lehnte sich gegen das Geländer im Treppenhaus. »Es liegt am Rinderwahn. Die Leute wollen keine Steaks mehr, sondern nur noch vegetarische Kost. Es ist zu einer richtigen Seuche geworden.«
»Aber man macht doch wohl eine Ausnahme, wenn man ins Restaurant geht, oder nicht?«
»Offenbar nicht. Die Gäste mögen noch nicht einmal mehr Omelettes, obwohl sich gerade erst wieder herumspricht, daß Eier gar nicht so schädlich sind, wie man uns die ganze Zeit über eingetrichtert hat. Nun, wie auch immer.« Er rang sich ein Lächeln ab. »Es wird auch wieder anders.« »Ganz bestimmt!« nickte ich. »Ich weiß noch, wie ich vor ein paar Jahren ewig bei der Post anstehen mußte, weil vor mir endlose Menschenschlangen mit zusammengepackten Nerzmänteln und Biberjacken standen, um sie zum Hauptquartier irgendwelcher Tierschützer zu schicken. Dort sollten sie dem Feuer übergeben werden. Der Trend hat sich auch gelegt. Auf der Hochzeit von Mrs. Dovedale und Sir Robert Pomeroy trug eine Frau schon wieder eine Kaninchenjacke. Das Abigail’s bleibt jedenfalls unschlagbar. Alle Leute schwärmen davon. Du wirst schon sehen, es ist im Nu wieder voll. Aber wenn du meinst« – ich zögerte, weil ich seinen Stolz nicht verletzen wollte – »nun, ich könnte versuchen, ein bißchen weniger Geld auszugeben. Keine Neuanschaffungen in der nächsten Zeit! Und ich kann auch Mrs. Large ausrichten, daß wir sie nicht brauchen. Sie fängt heute an, vielleicht sollte ich sie schnell noch anrufen und ihr absagen.«
Ben trat vom Geländer weg. »Liebling, du brauchst aber jemanden, der Mrs. Malloy ersetzt, und das können wir uns bestimmt leisten.«
»Mrs. Malloy ist nicht zu ersetzen.«
»Mag sein, aber du kannst es mit Mrs. Large wenigstens versuchen.«
»Muß ich wohl.« Ich schenkte ihm das Lächeln, das er erwartete.
»Und du machst dir keine Sorgen wegen dem Abigail’s?« »Nicht, wenn du versprichst, mir reinen Wein
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