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Der Putzteufel geht um

Der Putzteufel geht um

Titel: Der Putzteufel geht um Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Cannell
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wie ein Clown.«
»Das war aber sehr lieb von ihm.«
›»Genau so sollte eine Frau sein‹, hat der Brigadegeneral gemeint. Aber er hat dabei keinen Zweifel aufkommen lassen, daß er… also er würde… nicht eine Sekunde lang etwas Ungehöriges denken, wenn es um Sie geht – eine verheiratete Frau!« Clarice war jetzt so feuerrot angelaufen, daß man sie als Verkehrsampel hätte einsetzen können. Ich fand ihre Beteuerungen lustig. Sie würde doch wohl nicht im Ernst annehmen, daß Brigadegeneral Lester-Smith verbotene Gefühle für mich hegte? Ich konnte mir gar nicht vorstellen, daß er sich in dieser Hinsicht geäußert haben sollte. Es sei denn, er hätte versucht, sie eifersüchtig zu machen. Aber das wären ja Schuljungenmätzchen bei einem Mann, der immerhin schon auf die Sechzig zuging! Doch wie schon meine Mutter sagte: Männer sind und bleiben Kinder.
»Clarice«, sagte ich, »Sie brauchen keine Schminktips – weder von mir, noch von sonst jemandem. Sie sehen wundervoll aus, genau so, wie Sie sind. Bleiben Sie sich einfach treu. Setzen Sie das nicht aufs Spiel. Andere Menschen« – der Name des Brigadegenerals hing zwischen uns in der Luft – »wären bestimmt unglücklich, wenn Sie das täten.«
»Oder er… die anderen würden denken, daß ich mich zu sehr anstrenge, um zu gefallen.« Sie schauderte sichtlich. »Ja, vielleicht haben Sie recht, Ellie. Aber Ihren Rat, was das Haus angeht, brauche ich trotzdem. Es soll doch einladender werden
– oder… behaglicher –, ja, das ist wohl das richtige Wort.« Clarices Blicke glitten erneut über die Straße. »Und jetzt begebe ich mich wohl besser zur Bushaltestelle, sonst verpasse ich noch meinen… meinen Arzttermin.«
»Ich kann Sie mitnehmen«, sagte ich. »Ich fahre auch zu Dr. Solomon.«
»Oh, aber nein – das ist nicht mein Arzt«, warf sie hastig ein. »Das macht nichts. Ich habe keine besondere Eile, ich fahre Sie gern dahin, wo Sie hinmüssen.«
»Aber er wohnt nicht in Chitterton Fells.« Clarice klang panisch. »Wenn es Ihnen nichts ausmacht, Ellie, dann nehme ich lieber den Bus. So wüßte ich, daß ich Ihnen keine Umstände mache und könnte die Fahrt genießen. Ich habe auch ein schönes Buch dabei.« Sie klopfte bedeutsam auf ihre Handtasche und wich vom Wagen zurück. »Sind Sie sicher?« »Oh, ganz sicher.« Sie nickte so heftig, daß ihr beinahe der Kopf abgefallen wäre. Ich fuhr los und schämte mich bei der Vorstellung, daß ich sie in die Enge getrieben hatte. Wahrscheinlich hatte sie einen Termin bei einem Psychiater. Etwas, das nur zu verständlich war, wenn man sich den gemeinsamen Selbstmord der Eltern vor Augen hielt. Das mußte wirklich ein ungeheurer Schock gewesen sein! Zwei Menschen, die nur für sich dagewesen waren und doch das ganze Leben ihrer Tochter bestimmt hatten. Arme Clarice Whitcombe! Falls es so etwas wie Gerechtigkeit im Leben gab, dann wartete das Glück jetzt aber gleich um die Ecke auf sie. Und auch auf Brigadegeneral Lester-Smith, der ebenfalls ein gerüttelt Maß an Kummer und Leid hinter sich hatte. Die beiden schwirrten mir immer noch durch den Kopf, als ich Jonas’ Spiegel zur Reparatur abgab. Dr. Solomons Wartezimmer war brechend voll. In erster Linie handelte es sich um ältere Menschen, die pausenlos vor sich hin husteten, und um jüngere Frauen mit kleinen Kindern, die herumkasperten und quengelten. Die Arzthelferin am Empfang war bereits völlig entnervt, und die Zeitschriften waren so uralt, daß sie nur noch historischen Wert besaßen. Während der ersten zwanzig Minuten mußte ich stehen, eingezwängt zwischen dem Regal mit den Kinderbüchern und dem Fenster zur Straße. Als ich endlich einen freien Platz bekam, war der gleich neben der Tür, die mit jedem hereinkommenden und hinausgehenden Patienten gegen meinen Stuhl schlug. Die Wanduhr tickte quälend langsam vor sich hin. Die folgende Stunde verbrachte ich damit, meine Armbanduhr zu beobachten – in der Hoffnung, daß die Zeiger anfangen würden zu rasen, je mehr es auf das Ende der Sprechzeit zuging. Um halb fünf wurde ich kribbelig. Es waren immer noch einige Leute vor mir dran. Danach überlegte ich, was wäre, wenn Dr. Solomon die Sprechstunde pünktlich um fünf beendete, ohne mich vorher zu sich zu bitten.
Es war schon weit nach fünf, als eine erschöpft aussehende Frau mit einem sich windenden Kind unter dem Arm aus dem Sprechzimmer taumelte, und die Sprechstundenhilfe meinen Namen aufrief. Genaugenommen mußte sie ihn zweimal

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