Der Putzteufel geht um
hätte melden sollen, aber ich fürchte, ich habe eher meiner Beschämung nachgegeben als meinen guten Manieren.« »Was« – ich konnte nicht anders, ich mußte die Frage einfach stellen – »hat Sie dazu getrieben, mitsamt der Kleidung ins Wasser zu gehen?«
Jetzt sah er auf. »Lieber Herr im Himmel! Sie haben die ganze Zeit gedacht, daß ich mich umbringen wollte? Und jetzt wird mir auch klar, warum! Es war die einsame Geburtstagsparty, stimmt’s? Das hat tatsächlich nicht viel Spaß gemacht, aber Sie sind trotzdem auf dem Holzweg. Ich habe mich in die eiskalten Fluten gestürzt, um ein Leben zu retten, nicht um meines zu beenden!«
»Das verstehe ich nicht.«
»Ich habe gehört, wie jemand aufgeschrien hat und -« »Ach du Schreck!« Ich mußte mich setzen. »Ich könnte wetten, daß ich das war, als ich die Klippen hoch gestolpert bin – und Sie haben gedacht, jemand sei am Ertrinken!« »Ja, ich habe mich offensichtlich geirrt.« Tom stand da wie ein bemehlter Zwerg, der darauf wartet, abgestaubt und wieder in den Garten gestellt zu werden. »Abgesehen davon war ich vielleicht« – er nahm die Teigmasse und bugsierte sie vorsichtig zu dem Dampfkochtopf auf dem Herd – »ein wenig übereifrig. Wollte wahrscheinlich eine Heldentat vollbringen. Daß ich überhaupt nicht richtig schwimmen kann, wurde mir erst wieder bewußt, als ich keinen Boden mehr unter den Füßen hatte und zum dritten Mal unterging.«
»Ich finde, daß Sie sich sehr mutig und tapfer verhalten haben«, sagte ich, »aber eines verstehe ich trotzdem noch nicht.« »Was denn?«
»Ach, es ist eigentlich nicht wichtig.« Plötzlich kam ich mir aufdringlich und ziemlich idiotisch vor.
»Scheint aber doch so.« Tom wandte sich vom Herd ab und fixierte mich mit einem überraschend scharfen Blick. »Nun, es ist nur, daß Sie, gleich nachdem Ben Sie aus dem Wasser geholt hatte, etwas sagten… daß… es ein Unfall gewesen sei, aber daß es für einen anständigen Menschen trotzdem nicht leicht sei, damit zu leben.«
»Und Sie dachten, daß ich damit mein albernes Verhalten entschuldigen wollte, das letztlich Ihren Mann in Gefahr gebracht hat?« Tom setzte sich mir gegenüber hin und legte die mehligen Hände auf seine Knie. Um nichts in der Welt hätte ich ihm jetzt sagen können, daß es mir im Grunde um Mrs. Large ging. »Alles was mir dazu einfällt«, er betrachtete das Durcheinander auf dem Tisch – »ist, daß mein Leben im Zeitraffertempo vor mir abgelaufen ist, und daß ich mich an einen Zwischenfall aus der Schulzeit erinnert habe.« »Und?« half ich ihm nach.
»Es passierte, als ich im vierten Schuljahr war. Wir haben Kricket gespielt, und ich war Schlagmann. Bill Struthers - so hieß er, glaube ich – war Werfer. Der Ball kam hart und schnell. Aber ich habe ihn geschafft. Ich schlug ihn über das Spielfeld, oder besser gesagt, hätte ihn darüber geschlagen, wenn nicht gerade der Schulrektor aufgetaucht wäre, der nachsehen wollte, wie das Spiel stand. Der Ball hat ihn erwischt, und er hat eine üble Gehirnerschütterung davongetragen. Meine Eltern, beide große Kricketfans, wären am liebsten vor Scham im Erdboden versunken.«
Die Geschichte hörte sich halbwegs glaubwürdig an, vor allem, wenn ich daran dachte, daß Tom Sir Robert Pomeroy beim Treffen der Salongesellschaft erzählt hatte, daß er sich nichts aus Sport mache. Vielleicht hatte er nach jenem Zwischenfall die Lust daran verloren. Es vereinfachte jedenfalls die Dinge in bezug auf Mrs. Large. Und überhaupt hatte Tom etwas Rührendes an sich. Ich dachte erneut an das alte Bilderbuch, das ich auf dem Speicher gefunden hatte – mit der Geschichte von den bösen Zwergen, die sich im Steingarten der alten Frau versteckt hatten. Wenn ich es zu Ende gelesen hätte, hätte ich vielleicht entdeckt, daß die kleinen Männlein nur unglücklich waren, weil der Boden ständig umgegraben wurde und weil die alte Frau dabei draufloshackte wie eine Besessene. »Sie haben einen wunderschönen Garten«, sagte ich zu Tom, während ich den Tee trank, den er mir mittlerweile eingeschenkt hatte. »Haben Sie viel daran gearbeitet, seit Sie hier eingezogen sind?«
»Alles ist noch genau so, wie es war.« Er stand auf, um frisches Wasser aufzusetzen. »Ich habe bisher in einer Stadtwohnung gelebt, wo auf der Fensterbank noch nicht einmal genug Platz für Geranien war. Der Garten war der Hauptgrund, weshalb ich dieses Haus gekauft habe, und jetzt, wo der Frühling gekommen ist, kann ich es kaum
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