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Der Puzzlemoerder von Zons

Der Puzzlemoerder von Zons

Titel: Der Puzzlemoerder von Zons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Shepherd
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der Februarnacht lag noch in den Rheinauen. Das Wasser des Rheins konnte im Sommer wunderbar blau sein, doch zu dieser Jahreszeit floss es im trüben Grau, eingehüllt in einer leichten Dunsthaube, dahin. Das Gras der Rheinauen war mehr grau als grün. Trotz dieses winterlichen Flairs, strahlte die Landschaft eine wohlige Ruhe aus.
    Oliver holte den zweiten Teil der Reportage von Emily Richter hervor. Der Artikel sollte erst in der kommenden Woche in der Rheinischen Post veröffentlicht werden, doch Emily hatte ihm freundlicherweise einen Entwurf mitgegeben. In diesem Artikel hatte sie den Mord an Gertrud Minkenberg vor fünfhundert Jahren genauestens beschrieben.
    Gertrud Minkenbergs Leiche wurde damals an derselben Stelle am Rhein aufgefunden. Sie wurde gefoltert, geschändet und anschließend erwürgt. Der damalige Mörder Dietrich Hellenbroich hatte das Mädchen an ein großes Brett gefesselt und sie dann wie auf einer Bahre ins Rheinwasser geschoben, nachdem sie tot war. Bis heute wusste niemand, warum er die Leiche von Gertrud Minkenberg nicht, wie die erste Tote, an einem der Wehrtürme von Zons aufgehängt hatte. Es sprach eigentlich gegen die Disziplin, die Dietrich Hellenbroich bei seinen Taten an den Tag gelegt hatte. Mit großer Sorgfalt hatte er die Morde geplant und durchgeführt. Man vermutete seinerzeit, dass irgendjemand oder irgendetwas den Mörder daran gehindert haben musste, dass Mädchen aufzuhängen.
    Oliver und Klaus gingen auf den Fundort der Leiche zu. Diesmal hatten die Kollegen von der Spurensicherung die Gegend direkt großzügig absperren lassen. Der Betreiber der Fähre hatte ihrem Chef Hans Steuermark heute Morgen eine riesige Szene hingelegt, weil er den Fährbetrieb den ganzen Tag lang aussetzen musste. Aber hunderte von Autos und Schaulustigen konnte die Kriminalpolizei keinesfalls gebrauchen. Am Ende landeten noch Fotos von neugierigen Reportern in der Zeitung oder gar im Fernsehen und verrieten dort wichtige Details, die dann den Verlauf der Ermittlungen weiter erschweren könnten. Bisher waren sie der Öffentlichkeit die Verhaftung des Mörders schuldig geblieben. Immer noch fehlte eine vielversprechende heiße Spur, wenn man von dem alten Archivar aus dem Kreisarchiv einmal absah.
    Vielleicht konnten sie heute etwas finden, was eine konkrete Verbindung zu dem Alten herstellen würde. Verrückt und kräftig genug war er jedenfalls. Außerdem ließ sich der Kreis der Verdächtigen auf Kenner der Materie zu den historischen Zonser Morden eingrenzen. Der erste Teil der Reportage von Emily Richter, welcher die Öffentlichkeit von den Morddetails in Kenntnis setzte, war erst weit nach dem ersten Mord erschienen und die Veröffentlichung des zweiten Artikels stand noch aus. Der Mörder musste also historische Kenntnisse über die Stadt Zons und den Verbrechen, die an diesem Ort in der Vergangenheit verübt worden waren, haben. Es war unwahrscheinlich, dass der Mörder aus einem anderen Bundesland stammte. Die meisten Morde passierten im Bekanntenkreis oder zumindest in der Region, aus welcher der Mörder stammte. Der Mörder steht häufig in einer konkreten Beziehung zu seinen Opfern.
    Oliver trat näher an die Frauenleiche heran. Sämtliche Details stimmten mit dem Mord vor fünfhundert Jahren überein. Ein Mitarbeiter der Spurensicherung kam auf ihn zu und gab ihm das Portemonnaie und den Personalausweis der Toten. Der Täter hatte sich diesmal nicht mehr die Mühe gemacht, die Identifizierung der Leiche zu verzögern. Die Leiche war, wie im ersten Fall von Michelle Peters, vollständig bekleidet. Die fehlenden Vergewaltigungen waren der einzige Unterschied zwischen den historischen und gegenwärtigen Morden. Oliver hatte keine Erklärung dafür. Sollte der Täter doch eine Frau sein? Dies könnte die fehlenden Vergewaltigungen erklären.
    Der Polizeipsychologe hatte ihnen erklärt, dass ein Nachahmungstäter sowieso nicht dasselbe Ursprungsmotiv wie der damalige Mörder haben konnte. Während der damalige Mörder einem Gotteswahn verfallen war, wollte der Mörder aus der Gegenwart die damaligen Morde so detailgetreu wie möglich nachstellen. Doch dann gehörte die Vergewaltigung als wesentliches Merkmal der damaligen Morde eigentlich dazu. Warum wich der Mörder in diesem Punkt ab?
    Oliver sah sich den Personalausweis der Toten an. Ihr Name war Christiane Stockhaus, sie wohnte in der Wendestraße und war 48 Jahre alt. Oliver überlegte kurz, wo genau in Zons diese Straße lag.

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