Der Puzzlemoerder von Zons
entsprach zwar auch nicht den Dienstvorschriften, aber Oliver dachte sich, dass es jedenfalls nicht so schlimm sei, wie die Haustür aufzubrechen.
Vorsichtig stiegen die beiden über den Zaun und schlichen leise auf dem schmalen Pfad hinter das Haus. Nur gut, dass es noch so früh am Tag war, sonst hätte ein neugieriger Nachbar sie sicherlich beobachtet. Hinter dem Häuschen befand sich ein kleiner, von alten Pflanzen umgebener Garten. Er war praktisch nicht einsehbar, selbst um diese Jahreszeit nicht, wo die Bäume kein Laub mehr trugen.
Es roch nach Verwesung. Oliver hielt die Nase in die Luft und versuchte herauszufinden, aus welcher Richtung der Geruch kam. Er ging in Richtung der kleinen Terrasse und spürte, wie der Geruch immer intensiver wurde. Er blickte zur Terrassentür und bemerkte, dass sie einen kleinen Spalt offen stand.
„Klaus, komm mal hier herüber. Ich habe was entdeckt.“
Klaus, der sich gerade an dem kleinen Gartenhäuschen im hinteren Teil des Gartens zu schaffen machte, hielt kurz inne und kam dann mit ein paar schnellen Schritten zu Oliver herüber.
„Riechst du das auch?“
„Ja, stinkt nach Müll, der seit Tagen nicht rausgebracht wurde.“
„Sieht so aus, als wäre unsere Tote schon seit ein paar Tagen nicht mehr in ihrem Haus gewesen.“
„Ja, entweder hat der Mörder sie schon Tage zuvor entführt und irgendwo anders eingesperrt oder wir haben sie erst so spät gefunden. Es kann doch sein, dass sie schon länger als einen Tag im Rhein gelegen hat. Das wäre auch nicht unwahrscheinlich.“
Oliver nickte. Klaus hatte Recht. Um diese Jahreszeit war die Fähre am Rhein nicht gut besucht, außerdem verlangsamte sich die Verwesung bei diesen niedrigen Temperaturen stark. Die Leiche war vom Wasser stark aufgequollen. Ihnen blieb nur übrig, die Ergebnisse der Autopsie abzuwarten. Eines war in jedem Fall klar, die Tote hatte ihr Haus nicht freiwillig verlassen. Der Mörder war über die Terrassentür eingedrungen und hatte die schon etwas in die Jahre gekommene Christiane Stockhaus für immer von hier fortgeholt.
...
Eine Woche später hatten Oliver und Klaus den Studenten Martin Heuer, der sich die Unterlagen zu dem Zonser Puzzlemörder aus dem Kreisarchiv ausgeliehen hatte, immer noch nicht erreicht. Weder in der Universität, noch in seiner Wohnung war er bisher angetroffen worden. Es war zwar etwas ungewöhnlich, aber in Anbetracht der Umstände hatte Hans Steuermark vor einer Stunde beschlossen, die Fahndung nach Martin Heuer einzuleiten. An der Universität war sich das Studentensekretariat nicht sicher, ob und wann ein von Martin Heuer beantragtes Auslandssemester stattfinden würde. Zwar lag der genehmigte Antrag vor, aber es fehlten die konkreten Zeitangaben.
Neben dem alten Archivar aus dem Kreisarchiv, war Martin Heuer bisher der einzige Verdächtige, der für die Mordtaten in Frage kam. Die andere Studentin namens Isabella Kirchner wurde vorgestern von Oliver und Klaus befragt und hatte ein handfestes Alibi vorzuweisen.
XX .
Vor fünfhundert Jahren
Bastian konnte es noch immer nicht wirklich glauben. Seine Marie war verschwunden. Wie konnte das nur sein? Er hatte doch sämtliche Vorsichtsmaßnahmen ergriffen, die nötig waren, um Dietrich Hellenbroich aufzuhalten! Seit Tagen konnte er nicht mehr schlafen. Er musste irgendetwas übersehen haben. Aber er konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Wenn Dietrich Hellenbroich Marie in seiner Gewalt hatte, dann war sie bereits tot. Eine schreckliche Übelkeit breitete sich bei diesen Gedanken in seinem Körper aus und lähmte ihn. Bastian atmete tief durch und dachte nach. Sein Verstand zündete in seinem Inneren ein winziges Licht der Hoffnung an. Noch war ihre Leiche nicht gefunden worden. Wenn er sie wirklich getötet hätte, hätten sie Marie doch längst finden müssen. Bisher hatte der Mörder doch jedes Mal dafür gesorgt, dass seine Opfer wie auf einem Präsentierteller, gut sichtbar vorgeführt wurden.
Zum hundertsten Male ging Bastian seine Aufzeichnungen durch. Maries Nachname passte einfach nicht in das Puzzle hinein. Sie hieß mit Nachnamen Dünnbier. Aber nach Bastians Analysen musste der Mörder auf ein Mädchen mit „Z“ aus sein. Schließlich hatte er doch diesen Buchstaben in die Gefängnistür des Juddeturms geritzt. Bastian fuhr sich mit den Händen durch sein zerzaustes Haar. Er griff noch einmal nach dem Stadtplan von Zons und nach der Sternenkarte. Die Stadtmauer von Zons glich in ihren
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