Verführung der Nacht: Ein Vampirthriller (German Edition)
Kapitel 1
E s ist ein Uhr morgens, spät im Juli, und es ist heiß. Ich rutsche auf dem Fahrersitz meines Wagens hin und her wie eine zappelige Fünfjährige. Nicht einmal die Finger kann ich still halten. Sie trommeln rastlos auf dem Lenkrad herum, als führten sie ein Eigenleben.
David hätte Donaldson schon vor einer halben Stunde aus dieser Bar schaffen sollen. Warum braucht er bloß so lange?
Missmutig blicke ich mich auf dem dunklen Parkplatz um. Ich hasse Warten. Ich bin nicht gut darin. Nachdem ich zweieinhalb Jahre lang meine Brötchen mit der Jagd auf Drecksäcke – Verzeihung, mutmaßliche Drecksäcke – verdient habe, sollte man doch meinen, dass ich inzwischen ein bisschen geduldiger geworden wäre.
Bin ich aber nicht.
Ich öffne die Wagentür und steige aus. Die Feuchtigkeit schließt sich um mich, eine Mischung aus Hitze, schwül-feuchter Luft und einem hartnäckigen Nebel, der wie eine tropfnasse Decke an der Küste Südkaliforniens klebt. Es ist eigentlich schon zu spät im Jahr für diesen »June Gloom«. Was ist aus dem richtigen Sommer geworden, mit einer faulen Sonne und warmer Wüstenluft, die alles austrocknet? Stattdessen klebt die Feuchtigkeit mir die Seidenbluse an die Haut. Verdammt, ich wohne doch nicht in Florida. Ich schlüpfe aus der Leinenjacke und werfe sie auf den Fahrersitz, bevor ich die Tür zuschlage.
Ungeduldig streiche ich meinen zerknitterten Rock glatt. Ich hätte mir Zeit zum Umziehen nehmen und in meine übliche Arbeitskleidung steigen sollen – Jeans und ein T-Shirt. Dieses Kostüm ist nicht nur ausgesprochen unbequem, es erinnert mich auch ständig daran, dass ich den Abend damit verbracht habe, mich während eines grässlichen Abendessens bei meinen Eltern für meinen Beruf rechtfertigen zu müssen. Zum ersten Mal in meinen dreißig Lebensjahren habe ich meine eigene Firma und richtig Geld auf dem Konto. Ich bin glücklich, denn ich tue genau das, was ich tun will. Aber ist das genug für sie?
Offensichtlich nicht.
Wenn sie mich jetzt sehen könnten, wie ich in einer stinkenden Gasse hinter einem Lagerhaus in einem nicht gerade schicken Vorort von San Diego stehe, wären sie natürlich erst recht überzeugt davon, dass dieser Job nichts taugt.
Nur gut, dass sie mich nicht sehen können.
Ich hole tief Luft und schaue mich um.
Was für eine Lage für eine Bar. Das schäbige, mit Holz verkleidete Gebäude hat nur ein Licht, eine flackernde, schwächliche Glühbirne an der Wand. Aber die Straße rauf und runter stehen mindestens fünfzig Autos, und rauhes Gelächter und wummernde Musik von drinnen vibrieren wie ferner Donner in der stillen Nachtluft, ab und zu übertönt von wüstem Jubelgeschrei.
Schnaufend vor Ungeduld hole ich Luft. In dieser Bar sind mein Partner David und unser Flüchtiger, John Donaldson. David und ich sind Bail Enforcement Agents, Kopfgeldjäger. Wir sind Profis, und das hier dürfte eigentlich nicht so lange dauern.
Vielleicht bereitet dieser Donaldson meinem Partner Schwierigkeiten.
Über diesen Gedanken muss ich lächeln. David ist eins fünfundneunzig groß, wiegt gut hundertzwanzig Kilo und hat früher als Tight End für die Broncos gespielt. Er ist sehr kräftig, sieht gefährlich aus und dürfte diesem John Donaldson mehr als gewachsen sein – die Polizeiakte zeigte einen mageren, ängstlich wirkenden Mann mit schütterem Haar und Nickelbrille auf der Knollennase – ein Buchhalter, ausgerechnet.
Ich strecke mich, gähne und mache ein paar Kniebeugen, um die verspannten Beine zu dehnen. Gar nicht so einfach, wenn man Killer-Stilettos und einen kurzen Rock trägt.
Es ist also nicht sehr wahrscheinlich, dass er David Ärger macht. Abgesehen von seiner Statur ist Donaldson nichts als ein kleiner Angestellter, ein Möchtegern-Schreibtisch-Krimineller, der sich am Rentenfonds seines Arbeitgebers vergriffen hat. Als der Idiot erwischt wurde, landete er dank seiner zwielichtigen Geschäfte wegen Unterschlagung im Knast und nicht im Leichenschauhaus, womit eben jener betrogene Arbeitgeber ihm gedroht hatte. Fünfzigtausend Dollar und eine teure Immobilie in La Jolla als Kaution reichten aus, damit er bis zum Gerichtsverfahren auf freiem Fuß bleiben konnte. Er setzte sich ab, als seine Frau herausfand, dass er eine Geliebte hatte. Sie war sofort bereit, mit dem Kautionsbüro zusammenzuarbeiten. Schließlich wollte sie nicht ihr Haus verlieren, weil der Mistkerl beschlossen hatte, seine Kaution verfallen zu lassen.
Aber die
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