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Der Rabbi

Der Rabbi

Titel: Der Rabbi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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Schwiergersohn des Rabbi, ein zweiundzwanzigjähriger Mann, der auf ein Rabbinat wartete.
    Chaim Gross dankte Gott täglich dafür, daß er ihn mit diesem Sohn gesegnet hatte. Maxens Zukunft war gesichert. Er würde Rabbiner werden und dank seiner glänzenden Gaben eine Schule um sich versammeln, die ihm Reichtum, Ehre und Ruhm bringen würde. Er, der Sohn eines Weinhändlers! Über diesen Träumen von seines Sohnes Zukunft verschied Chaim Gross eines Winterabends lächelnd an einem Herzschlag.
    Max zweifelte nicht an Gott, weil dieser ihm seinen Vater genommen hatte. Aber als er auf dem kleinen jüdischen Friedhof an dem offenen Grab stand und kadisch sagte, spürte er zum erstenmal in seinem Leben, wie schneidend der Wind und wie bitter die Kälte war.
    Auf Rabbi Labels Rat stellte er für den Weinhandel einen polnischen Geschäftsführer namens Stanislaus an. Einmal in der Woche kontrollierte er oberflächlich die Bücher, um Stanislaus'
    Diebereien in erträglichem Ausmaß zu halten. Der Weinhandel brachte ihm weit weniger Geld ein, als sein Vater damit verdient hatte, aber immerhin konnte er sein ganz dem Studium ergebenes Leben fortsetzen wie bisher.
    Als er zwanzig Jahre alt war und nach einem Rabbinat und einer passenden Frau Ausschau zu halten begann, brachen schwere Zeiten über Polen herein. Der Sommer war in diesem Jahr mörderisch heiß und trocken gewesen. Der Weizen verbrannte auf den Feldern, die Halme knickten im Wind, statt sich geschmeidig zu beugen. Die wenigen Zuckerrüben, die in diesem Herbst geerntet wurden, waren weich und runzlig und die Kartoffeln klein und bitter. Mit dem ersten Schnee drängten sich die Bauern zu den Spinnereien, den Glas-und Papierfabriken und überboten einander an Bereitwilligkeit, für immer niedrigeren Lohn zu arbeiten. Bald wurde jeder Schichtwechsel zu einem erbitterten Kampf, die Hungrigen rotteten sich auf den Straßen und Plätzen zusammen und lauschten finster blickenden Männern, die bei ihren Reden drohend die Faust erhoben.
    Anfangs wurden nur wenige Juden verprügelt. Bald aber gab es regelrechte Überfälle auf die Gettos; wenn sie die Männer niederschlugen, die den Erlöser getötet hatten, vergaßen die Polen in der Erregung des Augenblicks das Hungergeschrei ihrer Kinder.
    Stanislaus erkannte bald, wie schwierig es für ihn als Geschäftsführer einer jüdischen Weinhandlung sein würde, den plündernden Mob davon zu überzeugen, daß er kein Jude sei. Eines Nachmittags machte er sich aus dem Staub, ohne auch nur den Laden abzusperren, und nahm, statt eine Nachricht zu hinterlassen, die Wochenlosung mit. Er hatte gerade noch rechtzeitig die Flucht ergriffen. Am Abend darauf drang eine lachende, betrunkene Menge in das Getto von Worka ein. In den Straßen flog Blut wie Wein; im Laden des verstorbenen Chaim Gross vergossen sie Wein wie Blut.
    Was sie nicht trinken oder mitnehmen konnten, wurde verschüttet oder zerschlagen. Am nächsten Tag, während die Juden ihre Wunden verbanden und ihre Toten begruben, stellte Max fest, daß der Laden ruiniert war. Er nahm den Verlust mit einem Gefühl der Erleichterung zur Kenntnis. Seine wirkliche Arbeit war Dienst an seinem Volk und an Gott. Er half dem Rabbi bei vier Begräbnissen und betete mit seinen Brüdern um die Hilfe Gottes.
    Nach der Katastrophe unterstützte ihn Rabbi Label zwei Monate lang. Max war nun so weit, daß er ein eigenes Rabbinat übernehmen konnte. Aber als er sich nach einer Gemeinde umzusehen begann, stellte sich heraus, daß unter den Juden in Polen kein Bedarf nach neuen Rabbinern bestand. Zu Zehntausenden verließen sie das Land; England oder die Vereinigten Staaten waren die häufigsten Reiseziele.
    Rabbi Label bemühte sich, seine Besorgnis nicht zu zeigen. »Dann wirst du eben mein Sohn sein und wirst essen, was wir essen. Es kommen auch wieder bessere Zeiten.«
    Max aber sah, daß von Tag zu Tag eine größere Zahl von Juden die Stadt verließ. Wer sollte ihnen helfen, in einer fremden Umgebung Gott zu finden? Als er Rabbi Label fragte, hob der Lehrer hilflos die Schultern.
    Aber der Schüler wußte bereits die Antwort.
    Er traf im August in New York ein, während einer Hitzewelle, und er trug seinen langen schweren Kaftan und einen runden schwarzen Hut. Zwei Tage und zwei Nächte verbrachte er in der Zwei-Zimmer-Wohnung von Simon und Buni Wilensky, die sechs Wochen vor ihm mit ihren drei Kindern Worka verlassen hatten.
     
    Wilensky arbeitete in einer Fabrik, die kleine

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