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Der Raben Speise

Der Raben Speise

Titel: Der Raben Speise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F.G. Klimmek
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der arme Mensch an einer Krankheit litt und eine entsprechende Arznei im Gepäck hatte. Als wir dann die Schreiben fanden, suchten wir auch nach dem Geld; aber vergeblich, wie Ihr wisst.«
    Das Bett hatte keinen Baldachin und war fast eine Lagerstatt für Knechte. Bezogen war es mit Leinen, zwar an manchen Stellen fadenscheinig und eingerissen, aber sauber. Die Laken wirkten nicht so, als wäre ein Mann zwischen ihnen gestorben. Trotzdem sah ich mir alles näher an.
    Unteres Laken und Zudecke waren ohne aussagekräftige Spuren. Lediglich auf dem Kopfkissen befanden sich neben einigen Rissen im Leinen mehrere kleine, braune Flecken. Als ich mit dem Finger darüber rieb, lösten sich winzige Krümel ab. Getrocknetes Blut. Bevor ich irgendwelche Mutmaßungen anstellte, würde ich die Leiche auf Verletzungen, vornehmlich am Kopf, untersuchen lassen.
    »Habt Ihr eine Wunde am Toten bemerkt, sei sie auch noch so klein?«
    »Nichts. Allerdings habe ich auch nicht in aller Sorgfalt danach gesucht. Als der sichere Tod festgestellt war, habe ich in dieser Richtung nichts mehr unternommen, sondern alles für Euch gelassen.«
    »Das war sehr vernünftig. Ich danke Euch nochmals. – Könnt Ihr Euch noch daran erinnern, in welcher Haltung Ihr ihn vorgefunden habt.«
    »Nun, er lag da, ganz gewöhnlich, will mir scheinen. Er lag auf dem Rücken, die Arme frei auf der Zudecke. Deshalb hat sich die arme Magd ja so erschreckt, weil sie ihn im festen Schlafe wähnte. – Oh ja, sein Gesicht war grauenhaft verzerrt, aber sie hat angenommen, das läge an einem Albtraum.«
    Die Durchsuchung des restlichen Zimmers war schnell erledigt. Es fand sich nichts, was Argwohn hätte erregen können. Und natürlich fanden sich auch nicht die zweitausend Gulden.
    »Nun, jetzt sollte ich wohl am besten mit den übrigen Gästen sprechen. Danach sollte dann ein Arzt den Ermordeten untersuchen – Ihr habt doch einen auf Eurer Burg?«
    »Ermordet?« Der Herr von Crange hatte einen gleichermaßen überraschten wie skeptischen Gesichtsausdruck. »Wie könnt Ihr das behaupten? Wie könnt Ihr so sicher sein, dass er ermordet wurde und nicht eines natürlichen Todes gestorben ist, zum Beispiel am Schlagfluss?«
    »Rechnet nicht damit, dass der Diener eines Bischofs zwangsläufig auch an etwas glaubt. Schon gar nicht glaube ich aber an den Zufall. Offenkundig sind hier zwei Dinge in einer Nacht geschehen: Conrad ist gestorben und das Gold ist weg. Haltet Ihr es angesichts dieser Koinzidenz ernstlich für wahrscheinlich, dass der Bote eines natürlichen Todes gestorben ist und ihn kurz danach jemand zufällig findet, der aber niemanden zur Hilfe ruft. Stattdessen macht er sich heimlich auf die Suche nach dem Gold, von dem er gar nichts wissen kann, und schafft es beiseite. Und am nächsten Morgen merkt man ihm nicht das Geringste an. – Nein, nein, einen solchen Zufall gibt es weder im Himmel noch in der Hölle. Der Bote des Bischofs wurde ermordet.«
    Der Herr von Crange, ein bedächtiger Mann, wiegte in letzten Zweifeln den Kopf. »Und wenn nun Euer Conrad das Gold zuvor selbst an sich gebracht hat? Vielleicht hat er während der Reise ein Versteck gefunden, um den Schatz später wieder an sich zu nehmen.«
    Mein Ausruf geriet lauter als gewollt. »Ha, und dann mit leeren Händen vor den Bischof treten? Da kennt Ihr aber den fetten Franz schlecht! Was nutzt alles Gold dieser Welt einem Menschen, dem man die Haut abgezogen hat?«
    Das überzeugte ihn vollends. Ich wusste, dass er nun rückhaltlos alles tun würde zu helfen, ein Verbrechen aufzuklären, das unter seinem Dach geschehen war. Auf meinen Wunsch hin wies er mir den Weg zu seinen übrigen Gästen.
    »Ich werde auch nach dem Medicus schicken lassen. Das heißt, ein richtiger Arzt ist er nicht, nur ein Bader und früherer Feldscher. Aber er hat hier in der Gegend so manchen Knochenbruch geheilt, eitrige Zähne gerissen und Glieder wieder eingerenkt. Auch hat er sich bei Fällen von heißem Fieber und unmäßigem Auswurf als durchaus sachkundig erwiesen. Wir alle hier haben Zutrauen zu seiner Kunst.«
    »Dann muss er auch mir genügen, zumal kein besserer zur Verfügung steht. – Aber jetzt zu Euren Gästen!«
    Der erste Eindruck kann entscheidend sein. Daher hatte ich vor, bei den Reisegefährten Conrads keinen Zweifel daran aufkommen zu lassen, wer hier Macht und Einfluss repräsentierte. Also legte ich den Umhang ab, unter dem ich so gerne mein Rapier und den langen, schlanken Dolch verbarg, und

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