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Der Raben Speise

Der Raben Speise

Titel: Der Raben Speise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F.G. Klimmek
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wir uns ja sehen, wenn Ihr zu uns kommt und den toten Mann besucht. Der ist nämlich bei uns.«
    Sie tätschelte kurz mein Pferd und lief dann winkend zu einem winzigen Schuppen hinüber, der dicht neben einer Wassermühle stand und aus dieser Entfernung aussah, als wären seine Wände mit bunten Farbklecksen überzogen.
    Der tote Mann ist bei uns? – Schade, wirklich schade. Das Kind schien tatsächlich auf eine harmlose Art dieser Welt entrückt.
    Unsere Ankunft musste sehnlichst erwartet worden sein, denn als wir uns der Burg auf hundert Schritte genähert hatten, wurde die Zugbrücke heruntergelassen, ohne dass wir ein Zeichen geben mussten. Das machte mir Zuversicht, die Sache hier in den Griff zu kriegen. Offensichtlich wollte der Herr von Crange dem Bischof dienlich sein und hatte deshalb den Ort des Geschehens so gesichert, dass niemand hinein oder hinaus konnte.
    Mein Eindruck wurde bestätigt, als der Hausherr die Wachen beiseite treten ließ und uns noch unter dem Torbogen selbst in Empfang nahm. Er mochte etwa fünfzehn Jahre älter sein als ich und war von kräftiger, gedrungener Statur. Seine Haare waren ebenso kurz geschnitten wie sein von grauen Strähnen durchzogener Bart, seine Kleider zweckmäßig und ohne jeden Zierrat. Eher ein Mann der Tat als ein Verwalter von Ländereien. Ich war von Anfang an der Überzeugung, mich auf ihn verlassen zu können.
    Während wir zum Haupthaus hinübergingen, begleiteten uns drei riesige irische Wolfshunde, die ihrem Herrn nicht von der Seite wichen. Auf mein offenkundiges Interesse hin wurde mir erklärt: »Liebe Tiere. Schon mein Vater hat diese Art gehalten. Und bei der Jagd habe ich noch keinen Hund erlebt, der Blut besser gewittert hätte.«
    Wir hielten uns beide nicht mit langen Floskeln auf. Der Burgherr folgte ohne Umschweife meiner Bitte, mich möglichst umfassend über die Umstände des Todes von Conrad Harteveldt in Kenntnis zu setzen. Er war nicht untätig geblieben und hatte selbst schon versucht, Licht in die Sache zu bringen, und dabei Folgendes erfahren:
    Die Gegend nördlich von Köln wurde in letzter Zeit von kleinen Banden unsicher gemacht, sodass viele Reisende noch stärker als sonst bestrebt waren, sich zum Schutz auf ihren Wegen zu Gruppen zusammenzuschließen. Conrad hatte sich deshalb der Familie eines Händlers angeschlossen, die mit ihren Gehilfen in zwei Wagen unterwegs war. Ein Waffenschmied aus Italien und sein Lehrling, die ebenfalls in Richtung Norden ziehen wollten, hatten sich dazugesellt. Ebenso zwei Landsknechte, die im Münsterschen ihre Dienste anbieten wollten. Gemeinsam war man bis nach Crange gekommen, wo Conrad sich ein frisches Pferd besorgen wollte, man hatte um Aufnahme und Obdach für die Nacht gebeten und beides erhalten.
    Die Reisegefährten waren nun schon eine Weile beisammen und man war sich entsprechend näher gekommen. Zwar hatten sich der Waffenschmied und sein Lehrling, wahrscheinlich aufgrund sprachlicher Probleme, etwas abseits gehalten, aber auch sie machten keinen unfreundlichen Eindruck, sodass die abendliche Tafelrunde einen geselligen Verlauf genommen hatte. Mehr oder minder bezecht war man zu Bett gegangen und am nächsten Morgen war Conrad aus unerfindlichem Grunde tot.
    An diesem Punkt zuckte mein Gastgeber mit den Schultern, als wolle er sich dafür entschuldigen, dass so etwas ausgerechnet in seinem Hause passierte.
    »Und wisst Ihr etwas davon, dass er Geld bei sich hatte, und was daraus geworden ist? Er sollte nämlich eine stattliche Summe zu Franz von Waldeck bringen.«
    Er machte wieder dieselbe Bewegung. »Ich weiß. Das ging aus den Dokumenten hervor, die er bei sich trug. Deshalb haben wir ja auch die Nachricht nach Münster geschickt. Aber Geld oder Gold hat er keines bei sich gehabt, nur ein paar Taler für unterwegs. – Als ich von dem Tod erfuhr, habe ich sofort einen Boten zu seiner Exzellenz geschickt und dann die Burg schließen lassen. Ich werde alles tun, dabei zu helfen, diesen Schatten von meinem Haus zu nehmen.«
    »Ich danke Euch im Namen meines Herrn und bin sicher, dass er Euch das nicht vergessen wird.«
    Das würde er bestimmt nicht, denn der Dicke steckte wirklich bis zum Hals im Dreck. Für Franz stand nichts weniger als alles auf dem Spiel. Er war so hoch verschuldet, dass es für ihn kein Zurück mehr gab, nicht einmal die Aushandlung eines ehrenhaften Friedens. Nur die bedingungslose Kapitulation der Wiedertäufer konnte ihn darauf hoffen lassen, eine ähnliche

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