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Der Raben Speise

Der Raben Speise

Titel: Der Raben Speise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F.G. Klimmek
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steckte zusätzlich aus den Satteltaschen meine beiden Radschlosspistolen in den Gürtel.
    Als wir die Halle betraten, in der üblicherweise gemeinsam gespeist wurde, blickte die um den langen Tisch versammelte Gesellschaft neugierig zu uns auf. Der Hausherr übernahm die Vorstellung. »Dieser Herr ist ein Waffenschmiedemeister aus Padua mit seinem Lehrling.«
    Der dunkelhaarige Italiener mochte etwa in meinem Alter sein. Er war modisch und teuer gekleidet. Zur Begrüßung reichte er mir eine weiche Hand, die zwar einige weißliche Flecken aufwies, die auf mich wie Brandmarken wirkten, jedoch ohne Schwielen war. Verwunderlich bei einem Schwertfeger. Schien mir ein fauler Kerl zu sein, der die Arbeit von seinen Gesellen verrichten ließ.
    »Mein Name ist Pietro DellaCroce.«
    Meinetwegen, nur fromme Männer hatten mich noch weniger beeindruckt als fromme Namen. Sein Gehilfe, der daneben saß und sich bloß wortlos verbeugte, war ein stummes, namen- und gesichtsloses Bürschchen, von dem man kaum mehr als sein bartloses Kinn sah, da er seinen Kopf tief in die Kapuze zurückgezogen und die verschränkten Arme in die Ärmel seines weiten Gewandes gesteckt hatte.
    »Und jener Herr dort ist der Kaufmann Hinrich Burmann mit seiner Familie und seinen Gehilfen.«
    Alle fünf entboten mir unter mehr oder weniger tiefen Verbeugungen einen Gruß. Burmann war um die fünfzig und von wuchtiger Statur. Seine kaum jüngere Frau Isolde war ebenfalls eine stattliche Erscheinung. Welche Launen die Natur bisweilen hat, erwies sich an ihrem Sohn, einem kaum vierzehnjährigen, blonden Mickerling mit blasser Haut und dünnen Löckchen. Das brokatene Wams des Kaufmanns und das dunkelrote Samtkleid seiner Frau mussten einmal viel Geld gekostet haben, machten aber einen verfleckten und abgetragenen Eindruck, sodass mir schien, die Familie hätte früher bessere Zeiten gesehen.
    Nach der Bezeichnung als Afrikaner hatte ich erwartet, dass es sich beim Gesinde um Mohren handeln würde. Die beiden jungen Kerle, die sich bis aufs Haar glichen, hatten jedoch eine entschieden hellere Hautfarbe und scharf gekrümmte Nasen. Burmann bemerkte meinen Blick und erklärte: »Meine Gehilfen heißen Raschid und Jazir. Sie sind Brüder und stammen aus dem Land, das die Bibel als Zweistromland kennt. Sie sprechen unsere Sprache nicht.«
    Das kannte ich schon aus meinen alten Tagen im Kloster, als Bettler aus fernen Ländern in Scharen an unsere Pforte pochten. Wenn sie Geld, Essen, Kleidung, bisweilen auch Asyl von uns wollten, konnten sie sich sehr wohl verständlich machen. Aber wenn ausnahmsweise einmal wir ein Anliegen an sie hatten, dann war unsere Sprache plötzlich die fremdeste aller fremden. Ich bezweifelte, dass sich daran jemals etwas ändern würde.
    »Und diese beiden Herren dort sind die Landsknechte Remmensnyder und Wendler, die auf dem Weg sind, Eurem Bischof ihre Dienste anzubieten.«
    Die so Angesprochenen murmelten einen kurzen Gruß und nickten mir zu. Sie waren etwa in meinem Alter und verkörperten in ihrer bunten Tracht genau den Typ Söldner, der überall da anzutreffen ist, wo Lohn und Beute erwartet werden. Männer, die für jeden Herrn kämpfen, wenn er nur in der Lage ist, sie zu bezahlen. Sie schienen ihr Handwerk zu verstehen, denn Kleidung und Waffen waren von guter Qualität, und sichtbare Verletzungen hatten sie keine davongetragen.
    Meine Freunde, ich will Euch nicht langweilen mit der Rekapitulation dessen, was mir diese Gesellschaft als Antworten auf meine Fragen zu Conrads Tod gab. Es lässt sich so zusammenfassen, dass niemand die geringste Ahnung hatte, warum und woran Conrad gestorben war, und von irgendwelchen Gulden wussten sie schon gar nichts. Um mir dies in aller Ausführlichkeit zu berichten, brauchten sie allerdings fast eine ganze Stunde. Burmann redete mit der Routine eines Marktschreiers, der mit schlechtem Rotwein versetzten Essig als besten Malväser an den Mann bringen will, und bot bereitwilligst an, ihr Gepäck und die Wagen durchsuchen zu lassen, man würde keine Beute finden. Aus seiner Frau plätscherten die Beteuerungen ihrer Ahnungslosigkeit wie ein Wasserfall, immer nur kurz unterbrochen vom Luftschnappen und dem Wegschubsen der Wolfshunde, die an ihr herumschnüffelten. Der Sohn Matthias schüttelte so lange und heftig seinen Kopf, dass ich befürchtete, dieser würde ihm abfallen, und erschöpfte sich in der ständigen Wiederholung des einen Satzes: »Ich habe keine Ahnung.« Der Italiener sagte

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