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Der Raben Speise

Der Raben Speise

Titel: Der Raben Speise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F.G. Klimmek
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Glasmeister darf sich anderswo ansiedeln. Wir stellen mit unserem Handwerk einen großen Anteil des Reichtums von Venedig sicher, haben eine Monopolstellung in diesem Teil der Welt. Sie lassen keinen weg, lieber töten sie ihn.«
    »Und wie kommst du darauf, dass ausgerechnet ich ein Mordbube Venedigs bin?«
    Er zeigte auf die Pistole, mit der ich ihm unter der Nase herumfuchtelte, und ihren Zwilling an der Wand. »Die Pistolen, einwandfrei italienisches Fabrikat. So etwas hat hier niemand. Wir dachten, Ihr seid uns auf den Fersen. Und obendrein wolltet Ihr morgen unser Gepäck durchsuchen. Dann hättet Ihr gewusst, dass Ihr die Richtigen gefunden habt.«
    »Wieso?«
    »Ich zeige es Euch.« Er führte mich in das Nachbarzimmer und öffnete dort eine eisenbeschlagene Truhe, die zu seinem Gepäck gehörte. Vorsichtig griff er hinein und holte verschiedene, dick in Lappen gebettete Gegenstände heraus. Als er den Schutz abwickelte, erschienen irisierende Becher, Schalen und Teller, die wie ein gläserner Regenbogen im Licht der Kerze funkelten. Auch kleine Tiere waren dabei, der Natur täuschend nachgebildet, doch aus milchigem, spiegelblankem Glas. »Proben meiner Arbeit aus Murano. Ich will sie den Geschäftsleuten in Gouda vorweisen.«
    Oh je, dieser arme Tropf hatte nichts begriffen, alles falsch gedeutet und mich für einen gedungenen Mörder gehalten. Und die Frau, das wie so oft zielstrebigere Wesen, wollte mich als Bedrohung ihrer Liebe aus der Welt schaffen. Nicht genug damit, der Überfall mit seinem ganzen Gepolter hatte jeden anderen möglichen Angreifer nachhaltig verschreckt. – Ein Gutes hatte die Sache zumindest, ich würde mich endlich, endlich ausschlafen können.
    Ein letzter Wink mit der Pistole. »Verschwindet!«
    Beide sahen mich ungläubig an. »Wie, Ihr wollt uns ... Heißt das, dass wir gehen können? Dass aus dieser ...?«
    Ich war zu müde, die Waffe noch einmal zu heben, was meine Lautstärke jedoch nicht beeinträchtigte. »Verschwindet!!«
    Dann schob ich rein vorsorglich das Bett von innen gegen die Tür und war eher in den Schlaf gesunken als auf die Lagerstatt.
    Als ich erfrischt, wenngleich viel zu spät erwachte, ging es bereits gegen Mittag. Ich stieg hinunter und war im Saal der Einzige, der noch zu Essen begehrte. Bei Brot, Käse, kaltem Braten und einem leichten Weißen musste ich mir eingestehen, dass meine Falle zwar zugeschnappt war, dabei aber bloß um Haaresbreite den Köder erschlagen hätte. Dem Kern des Rätsels war ich um keinen Deut näher gekommen.
    Was blieb, war, die angekündigte Durchsuchung vorzunehmen, obwohl ich insgeheim und aller Logik zum Trotz nicht damit rechnete, etwas Wichtiges zu finden. Der Graf war freundlich genug, nicht nur als Zeuge zu fungieren, sondern half mir auch bei der akribischen Sichtung des gesamten Gepäcks seiner Gäste. Wie erwartet, förderten wir nichts von Belang zutage.
    Was nun? Fest stand für mich nach wie vor, dass Conrad ermordet worden war und sich der Täter unter der Reisegesellschaft befand. Fest stand genauso, dass ich vor Ort ohne fremde Hilfe mit meinem Latein am Ende war. Also mussten alle hier festgehalten werden, bis ich mit einem Mann zurückkam, der in der Lage war, die genaue Todesursache zu diagnostizieren.
    Der Herr von Crange erklärte sich ohne Zögern bereit, mein Vorhaben zu unterstützen, notfalls mit Gewalt. Die Einwendungen der so zu unfreiwilligen Dauergästen gemachten Reisenden erstickte ich im Keim mit meinem Abschiedsspruch: »Ihr solltet keine Sekunde vergessen, dass ich nicht nur einen Dieb suche. Ich bin auf der Jagd nach einem Mörder.«

Hinterhalt
    Ich weiß nicht, wie es Euch geht, meine zurückhaltenden Freunde, aber auch unter Euch wird bestimmt keiner sein, der sich darum reißt, seinem Herrn eine Niederlage oder das Scheitern einer Mission eingestehen zu müssen. Und die Aufgabe wird bestimmt nicht einfacher, wenn es sich um so einen launischen Kerl ist wie den fetten Franz handelt.
    Deshalb könnt Ihr Euch leicht vorstellen, dass ich auf dem Rückweg nicht eben bester Laune war und wegen der fehlenden Lust, Franz gegenüberzutreten, auch nicht das forscheste Tempo anschlug. Hillink, der sich gegen die Kälte ausgiebig mit dem Branntwein unseres Gastgebers gewappnet hatte, verspürte ebenfalls keinen Drang zur Eile und schaukelte schläfrig im Sattel mal neben, mal hinter mir. So kam es, dass die Abenddämmerung hereinbrach, als wir noch ein ganzes Stück von Wolbeck entfernt waren. Ich

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