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Der Raben Speise

Der Raben Speise

Titel: Der Raben Speise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F.G. Klimmek
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geführt, dass mein Pferd mit einem leichten Ausweichen zur Seite just den Abstand zwischen uns brachte, der dafür sorgte, dass der Schwengel nur gegen meine Brust krachte. Gleichwohl war die Wirkung im wahrsten Sinne des Wortes atemberaubend. Verstärkt durch die Vorwärtsbewegung des Tieres besaß der Schlag eine solche Wucht, dass mir die Luft aus den Lungen gepresst und mein ganzer Körper augenblicklich versteinert wurde. Nur die Steigbügel und meine um die Zügel gekrallte Hand hielten meinen Körper noch einige Momente im Sattel, aber das war nicht mehr ich, der da ritt, sondern eine handlungsunfähige Puppe mit meinem Aussehen.
    Vielleicht zweihundert Meter weiter wurde meine Benommenheit so groß, dass ich aus dem Sattel rutschte. Der Aufprall tat ein Übriges, mir den allerletzten Rest von Atem aus dem Körper zu treiben, und mir schwanden die Sinne, während mein Reittier in der Dunkelheit verschwand, die zuvor auch meinen einzigen Beistand, Hillink, verschluckt hatte.
    Als ich aus der Bewusstlosigkeit erwachte, war mein erster Gedanke reine Verwunderung darüber, dass ich noch am Leben war. Meine Ohnmacht konnte folglich nicht lange angehalten haben, denn die Schurken, denen ihr Treffer nicht verborgen geblieben sein konnte, würden sich bestimmt auf die Suche nach mir machen. Wollte ich also Leben und den Rest meiner Gesundheit behalten, musste ich mich hier schleunigst aus dem Staube machen.
    Das allerdings war leichter gedacht als getan. Allein bei dem Versuch, meinen Oberkörper aufzurichten, durchflutete mich eine solche Welle von heißem Schmerz, dass ich mich fühlte, als hätte mich ein sadistischer Henker gleich zweifach gerädert. Mit einem Stöhnen sank ich wieder zurück, wobei mir der feuchte Matsch, in dem ich mich wiederfand, weicher und angenehmer erschien als das dickste Daunenlager.
    Mein nächster Versuch, auf die Beine zu kommen, scheiterte genauso kläglich, nur dass mein Ächzen jetzt noch lauter war. Wie dumm ich mich damit verhielt, wurde mir erst vollends bewusst, als ich ein Geräusch in meiner Nähe hörte, das nicht vom Regen stammen konnte. Meine Verfolger waren mir auf der Spur.
    Ich biss die Zähne zusammen und robbte zu meinem Rapier hinüber, das mir beim Sturz aus der Hand gefallen war und mir im letzten Lichtschimmer des schwindenden Tages in einigen Schritten Entfernung entgegenblinkte. Meinen Pistolen würde ich erst wieder vertrauen können, nachdem ich sie von Dreck und Nässe befreit hätte. Mit der Waffe in der Hand schleppte ich mich auf Knien unter den nächsten Strauch, der jedoch zu wenig ausladend war, um mich gänzlich zu verdecken.
    Zeit, mich besser zu verstecken, blieb aber nicht, da das vorsichtige Aufsetzen der Füße meines Verfolgers schon zu nahe an meinen Ohren war. Ich tat das, was mir das einzig Mögliche erschien und von den verschiedenartigen Bewohnern des Waldes ihn ähnlicher Situation höchst erfolgreich praktiziert wird: Ich rollte mich auf den Rücken und stellte mich tot.
    Nur Sekunden vergingen und das Schleichen erstarb. Weitere Sekunden und jemand trat erst vorsichtig, dann immer fester gegen meine Füße, die unter den zu kurzen Zweigen meines Busches hervorragten. Schließlich begann mein Verfolger damit, das Strauchwerk auseinander zu biegen, um nachzuschauen, wen er da erlegt hatte.
    Wenn ich Euch an dieser Stelle den Rat gebe, meine überlebenslustigen Freunde, einem vermeintlich wehrlosen oder toten Gegner ins Bein oder sonst wo hin zu stechen oder zu schießen, so tut dies nicht als die fixe Idee eines übervorsichtigen Klugschwätzers ab, der überall Gespenster sieht. Nehmt ihn als weise Empfehlung eines erfahrenen Kämpfers, der durch diese Umsicht mehr als einmal sein Leben bewahrt hat.
    Mein Verfolger war nicht so schlau, sondern ließ meine hervorlugenden Körperteile ungeschoren. Im Hochgefühl seiner bereits eingefahrenen Ernte knickte und riss er an den Zweigen über mir, bis er schließlich in mein Gesicht sah. Mein Lächeln konnte er in der Düsternis sicher nicht erkennen. Dafür spürte er um so sicherer meinen Stahl in seinem Bauch.
    Ich hatte die Klinge auf gut Glück in den dunklen Schattenriss über mir gestoßen. Dass ich den Schuft an einer so empfindlichen Stelle erwischt hatte, freute mich gleich doppelt.
    Bevor er mit einem Schrei zurücktaumeln und unter würgendem Gejammer im Unterholz verschwinden konnte, war es mir gelungen, einen Blick unter seinen Hut zu erhaschen. Viel war nicht zu sehen gewesen,

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