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Der Raben Speise

Der Raben Speise

Titel: Der Raben Speise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F.G. Klimmek
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keinem gedient gewesen. Selbstverständlich hab ich dann gleich nach dir gesehen, und du hattest wohl nicht so viel abgekriegt. Als sich der Rauch verzogen hatte, wollte ich Wullenweber losschneiden, aber der war gar nicht mehr gefesselt und lag da schon auf dem Boden, so, wie er immer noch da liegt. Ich kann nur vermuten, dass sie ihn mitnehmen wollten. Dann muss er sich mit letzter Kraft dagegen gewehrt haben und sie haben ihn erstochen.«
    Hillink zuckte dabei mit den Schultern, als wäre ihm selbst seine Theorie nicht ganz geheuer. Ich hielt sie jedoch für durchaus realistisch und plausibel, was ich ihm mit meinem Nicken auch zu verstehen gab. Das und mein guter Appetit ermunterten ihn sichtlich, mit seinem Vorschlag herauszurücken.
    »Falls dein Kopf nun wieder so aufnahmefähig ist wie dein Magen, solltest du dir vielleicht Wullenweber mal näher ansehen. Es scheint, als hätte er uns noch eine Botschaft hinterlassen.«
    Ich wusste nicht, ob auf meinen Verstand schon wieder Verlass war, denn da gab es einige Dinge, die ich nicht unter einen Hut zu bringen vermochte. Der Berater des Bischofs in dieser Umgebung, obendrein ermordet. Sein Vertrauter als Wegelagerer, der uns nach dem Leben trachtete. Eine – ja, wo waren sie eigentlich abgeblieben, ein Ehepaar und seine drei Kinder? – verschwundene Bauersfamilie. Stattdessen andere, kuriose Gestalten, die ebenfalls vor äußerster Brutalität nicht zurückschreckten. Oh oh, mein Kopf würde sicherlich noch eine ganze Weile brauchen, um äußerlich und innerlich zu alter Form zurückzufinden.
    Was mich natürlich nicht davon abhalten konnte, Hillinks Aufforderung Folge zu leisten. Also warf ich das letzte Stück Speck, ohnehin nicht mein Leibgericht, in Richtung Waldrand und folgte meinem Samariter in die Stube.
    Die Leiche lag, leicht nach links gedreht, auf dem Bauch, beide Arme weit nach vorn gereckt. Auf der linken Seite in Höhe des Beckens hatte sich eine kleine Lache von Blut gebildet, das aus einer Einstichstelle im Rücken geflossen war. Obwohl in der Nähe des Herzens, konnte sie nicht gleich tödlich gewesen sein. Vielmehr musste der geschundene Wullenweber trotz allem noch die Kraft gehabt haben, einen Hinweis auf seinen Mörder zu hinterlassen. Seine blutigen Fingerspitzen lagen auf einem rotbraunen Gekrakel, dass ich nicht ohne weiteres identifizieren konnte. Nachdem ich mich vergewissert hatte, dass die Schufte bei der Folter nicht dazu übergegangen waren, ihrem Opfer die Fingernägel auszureißen, musste es so gewesen sein, dass Wullenweber die Finger in das Blut aus seiner Wunde getaucht hatte, um eine Spur zu den Tätern zu legen.
    Ich winkte Hillink heran, der jedoch in einiger Entfernung stehen blieb. »Ich hab mir das Gekritzel schon angesehen, als du noch im Reich der Träume weiltest. Ich hab auch bereits eine Meinung dazu. Aber ich will dich damit nicht irritieren. Sag du mir erst, was du darin erkennst.«
    Es war kein Wort, sondern eine Zeichnung, etwa eine Spanne lang. Ich nahm Wullenwebers rechte Hand beiseite und stellte mich zu Füßen der Leiche. Aus dieser Richtung war unschwer zu erkennen, dass es sich, grob dargestellt, um einen kurzen Stiefel handeln sollte. Ich muss zugeben, dass ich äußerst verblüfft war. »Der Bundschuh, wenn ich es nicht besser wüsste.«
    Trotz des Toten zwischen uns konnte sich Hillink ein Schmunzeln nicht verkneifen. »Wieso ›besser wüsste‹? Meinst du, weil sie mit Geißmaier den letzten großen Bauernführer vor knapp zehn Jahren getötet haben, gäbe es keinen Willen zum Aufstand mehr unter den Bauern? Glaubst du ernsthaft, nachdem die Saat der Neuerung erst einmal gesät worden ist, hätten sie die Fürstenheere für alle Zeiten abgemäht? Denk an die gleiche Entwicklung bei den Wiedertäufern. Vielleicht kann der Bischof sie schlagen, aber werden sie auch im ganzen Reich ausgerottet sein? – Hier wurde ein hochgestellter Mann getötet, von der Bande dieses Alten, der wie ein Spielmann ausstaffiert war. Hast du Joss Fritz schon vergessen?«
    Da hatte er mir einiges zu denken gegeben, mein kluger Begleiter. Ich hatte jedoch nicht die Zeit, das hier und jetzt zu erledigen. Der fette Franz würde unserer Ankunft entgegenfiebern. Deshalb stand meine Entscheidung fest. »Wir brechen nach Wolbeck auf und erstatten Bericht. Hier lassen wir alles so, wie es ist. Franz mag andere Leute schicken, die sich ihren Reim darauf machen können. Wir müssen uns beeilen und dann so schnell wie möglich mit

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