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Der Raben Speise

Der Raben Speise

Titel: Der Raben Speise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F.G. Klimmek
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beschmiert war, bevor er sich durch einige ungelenke Hüpfer in Sicherheit bringen konnte. Das Volk goutierte dieses Schauspiel anscheinend über die Maßen, denn es lachte und klatschte wie wild in die Hände.
    Danach kam Alexander an die Reihe, der sich gelassen mit einem stummen Blick von mir verabschiedete. Glaubt mir, meine Freunde, man mag über die Landsknechte denken, wie man will, und es gibt sicherlich hinterhältige und gewissenlose Hunde in ihren Reihen. Aber ich habe andererseits nie eine Gruppe erlebt, in der es tapferere und härtere Burschen gegeben hätte als unter ihnen.
    Sein Tod verzögerte sich, weil sich plötzlich ein Tumult erhob, dessen Grund nicht etwa darin bestand, dass mitleidige Menschen einen Einhalt der Hinrichtung forderten, sondern weil es einige der braven Bürger gelüstete, nun selbst das Amt des Henkers zu übernehmen und ihre Schießkünste unter Beweis zu stellen. Welch wohligen Schauer muss es doch einem verfetteten Kaufmann verursachen, einen kampferprobten Soldaten ohne Gefahr für das eigene Leben umbringen zu dürfen.
    Als das Gerangel um den Platz an der Arkebuse schließlich ein Ende hatte, stand dort so ein feister Pfeffersack mit vor Aufregung gerötetem Gesicht, der sich bemühte, fachmännisch zu erscheinen und theatralisch Ziel nahm. Vor lauter Affektiertheit vergaß er dabei die wichtigsten Regeln, atmete unkontrolliert und redete dabei sogar noch mit seinen umstehenden Freunden, sodass mein Wunsch, Alexander möge zumindest einen schnellen Tod erleiden, nicht in Erfüllung ging. Der mehr zufällig ausgelöste Schuss traf ihn in die Schulter, die vom schweren Geschoss fast ganz weggerissen wurde. Da die Fesselung nur lose war, sackte sein Körper nach vorne und wurde überwiegend durch den Ring gehalten, in dem sein Kopf steckte.
    Die Henkerstruppe zeigte kein Mitleid und gönnte Alexander keinen Gnadenstoß, sondern man lud die Büchse umständlich neu und sparte auch nicht mit guten Ratschlägen an das Kaufmannsschwein, wie es besser zu machen wäre. Der Lauf der Büchse wurde mit einer zusätzlichen Gabel fixiert und der zweite Schuss, der Alexanders Brust zerschmetterte, erlöste endlich den Delinquenten. Während man die Leiche losband, sonnte sich der nervöse, aber stolze Gelegenheitsmörder im Jubel und Beifall der Meute.
    Einer nach dem anderen von uns kam an die Reihe, der Ablauf nur kurz durch eine Prügelei darum gestört, wer von den honorablen Bürgern den nächsten Schuss abfeuern durfte. Die beiden Kontrahenten einigten sich jedoch schnell auf je einen Kandidaten, denn Nummer sieben wurde gerade angebunden, und der achte und damit letzte war ich.
    Die Menge stand so dicht, dass die Wachen sie zu uns nicht auf Distanz halten konnten. So bereitete es einer alten Vettel keine Schwierigkeiten, sich an mich heranzudrängen, lustvoll über meinen Körper zu streichen und unter zahnlosem Gekicher zu balzen: »Welche Verschwendung, so ein schöner, starker Mann! Wenn man doch nur auch hier an dem guten Brauch festhielte, dass dem das Leben geschenkt wird, den sich eine Frau vom Schafott weg zum Ehemann erwählt. Aber leider, leider, mein Prinz, kann ich nichts für dich tun.« Dabei schob das geile Miststück seine Hand unter meinen Hosenlatz, bis es mein Gemächt gepackt hatte, und kniff herzhaft hinein.
    Mein Aufschrei ging in dem Gejohle der um sie gescharten Weiber unter. Bevor ich dazu kam, ihr als letzte Genugtuung in meinem irdischen Dasein einen Kopfstoß zu verpassen und so zu verdeutlichen, dass ich einem ehrenhaften Erschießen vor einem langen Dahinsiechen an der Seite eines hässlichen Drachen den Vorzug gäbe, war sie in der Menge untergetaucht.
    Dann kam dieser furchtbare Juckreiz. In dem Maße, wie der Druckschmerz zwischen meinen Beinen abflaute, gewann ein gemeines Stechen und Brennen die Oberhand, als hätte man mich mit Brennnesseln gepeitscht. Je mehr ich mich wendete und verrenkte, desto intensiver wurde das Gefühl, bis zur Hüfte in einem Ameisenhaufen zu stecken. Mit jedem Atemzug, den ich tat, wurde das Zwicken und Zwacken unerträglicher, bis es meine Sinne so weit verwirrte, dass ich mich auf dem Boden wälzte und versuchte, mir mit den gefesselten Händen die Kleider vom Leib zu reißen, um mich überall kratzen zu können.
    Mochten die Zuschauer dies zunächst mit Hohngelächter als den albernen Versuch eines Feiglings, seinen Tod hinauszuzögern, abtun wollen, erkannten sie jedoch schnell an meinen verdrehten Augen und dem

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