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Der Raben Speise

Der Raben Speise

Titel: Der Raben Speise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F.G. Klimmek
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noch durch zwei Wassergräben und einen Wall geschützt war. Während ich mich auf der Straße zum Aegidiitor gut sichtbar hielt, um bei den Besatzern keinen Argwohn zu erregen, wunderte ich mich über die Einfalt der Soldaten aus dem Meißnischen Lager, die da hatten verlauten lassen, dass der Bischof viel Aufwand treibe für so ein kleines Dorf. Schließlich wäre es leichter, mit Münster fertig zu werden als mit einer warmen Brotsuppe.
    Die Wachmannschaft beäugte mich misstrauisch, als ich auf die Zugbrücke des äußeren Grabens trat, weil allgemein bekannt war, dass der Bischof jeden kampffähigen Mann mit schweren Strafen bedroht hatte, der seine Dienste dem Feind anbot. Doch war die Belagerung gegenwärtig noch nicht mehr als ein grobmaschiges Netz, das um die Stadt gelegt war, sodass ständig Söldner durchkamen. Außerdem zerstreute mein schon beim Annähern gerufenes »Ich habe gehört, dass ihr mehr zahlt als der Bischof, und dass bei euch die Weiber auch viel schöner sind, und vor allem, kostenlos« schnell ihre Bedenken. Obendrein hatte mich mein Marsch durch den Morast so mit Matsch und Schlimmerem bespritzt, dass ich aussah, als wäre ich in einen Schweinekoben gefallen. Dabei hatte ich peinlich darauf geachtet, dass die Schusswaffe unbefleckt blieb. Echter konnte kein Landsknecht wirken.
    Auf meine Frage, an wen sich »ein wahrer Kunstschütze, der mehr wert ist als zwanzig Armbruster« wenden müsse, um eine angemessenen Entlohnung auszuhandeln, wurde ich gleich an drei verschiedene Leute verwiesen. Ich machte mich in der nun herrschenden Dunkelheit unauffällig davon, während die Kerle immer noch diskutierten.
    Da der Himmel wolkenverhangen war, lag die Stadt größtenteils in totaler Finsternis. Nur hier und da glomm hinter einem Fenster ein schwacher Schein, zu dürftig, um bis auf die Straße herabzufallen. Ich hatte Mühe, Ossensterts Apotheke, ein schmales Haus mit einer eisenbeschlagenen Pforte, in dem Gassengewirr bei St. Mauritz wiederzufinden.
    Während ich klopfte, bemerkte ich trotz der auch hier herrschenden Schwärze eine Bewegung schräg gegenüber auf der anderen Straßenseite. Doch als ich mich blitzschnell umwandte, war nichts mehr zu sehen. Ich klopfte erneut, aber erst beim dritten Mal wurde die Tür einen Spalt breit geöffnet.
    Das unbekannte Gesicht eines älteren Mannes sah mir argwöhnisch entgegen. »Ja?«
    »Ich bin ein Freund des Medicus Ossenstert und will ihm meine Aufwartung machen, wo ich jetzt einmal in Münster bin.«
    »Er ist nicht da und außerdem hat er keinen Freund, der ein Landsknecht ist.« Damit wollte er die Tür zuschlagen, doch ich hatte bereits meinen Stiefel dazwischengeklemmt.
    »Was erlaubst du dir, du alter Trottel, so mit einem ...«
    »... Spion des Bischofs zu reden? – Da habt Ihr vollkommen Recht, mein hoher Herr, wenn Ihr bemängelt, dass Euch hier nicht der nötige Respekt entgegengebracht wird. Also bitte, tretet ein!«
    Der Mann, der aus der Tür des Nachbarhauses getreten war und dessen spöttische Worte von dem breitesten Lächeln begleitet wurden, das seine Anatomie zuließ, winkte mit der linken Hand ins Wohnungsinnere. Seine Rechte hielt ein Schwert, das seiner fröhlichen Erscheinung zum Trotz starr auf meinen Hals gerichtet war.
    Nun habe ich mich in meinem Leben des Öfteren Gegnern gegenüber gesehen, die mir bedrohlicher und schwieriger zu überwinden erschienen. Dieser heitere Bursche wurde jedoch von zwei Männern flankiert, die aus einer Entfernung von weniger als drei Schritten mit jeweils einer schweren Armbrust auf meine Leibesmitte zielten. Weitere Männer, bewaffnet mit Hellebarden und kurzen Spießen, tauchten wie aus dem Nichts aus den Schatten gegenüber auf und schlossen einen dichten Halbkreis um mich. Angesichts dieser Meute war es für mich leicht, als der Klügere nachzugeben.
    Als Ossensterts Eingangstür weiter aufgestoßen wurde, sah ich, dass sich auch im Flur Bewaffnete aufhielten. Frederik von dem Kerkhof, der gewiefteste Agent des Bischofs, war wie ein Idiot in die Falle getappt.
    Indem ich mich umwandte, um dem so höflich bemäntelten Befehl Folge zu leisten, traf mich der Schlag von hinten. Mein letzter Gedanke war die Frage, ob es alle Schurken dieser Welt darauf abgesehen hatten, mich an derselben Stelle meines ohnehin genug geschundenen Körpers zu treffen. Zu einer Antwort kam es nicht mehr.

Stutenbernd
    Du scheinst ja einen wahren Eisenschädel zu haben. Wir dachten schon, du machst die Augen

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