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Der Rache dunkle Saat - Booth, S: Rache dunkle Saat - One Last Breath

Titel: Der Rache dunkle Saat - Booth, S: Rache dunkle Saat - One Last Breath Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Booth
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Vorgesetzten den Kopf zerbrachen. Machten sie sich nicht mehr Sorgen als nötig? Quinn hatte ganz offensichtlich bestimmte Personen im Visier und würde nicht anfangen, Fremde anzugreifen. Und dieser Mann war kein gefährlicher Pädophiler und kein Kindermörder. Er konnte unmöglich einen Grund haben, ein Kind zu töten.

35
    Mansell Quinns Hände zitterten leicht, als er das Visier der Armbrust noch einmal in entgegengesetzter Richtung über denselben Abschnitt Dickicht wandern ließ und nach einer Bewegung Ausschau hielt. Er zielte auf den Stamm eines Baumes und packte den Schaft mit der anderen Hand. Trotz ihres geringen Gewichts war die Armbrust in der Lage, bei Bedarf ein Tier von der Größe eines Hirsches zu erlegen. Außerdem war sie leise und tödlich. Mit Hilfe seines Messers konnte er sogar den Pfeil aus dem Körper entfernen, sodass niemand erfahren würde, wie seine Beute gestorben war.
    Obwohl er zitterte, waren seinen Bewegungen langsam und gleichmäßig. Er ließ die Armbrust noch einmal hin und her wandern. Da war sie wieder, die Bewegung. Jetzt war sie im Freien, und er konnte sehen, wovon sie verursacht wurde. Ein kleines Mädchen lief den Hang hinunter. Es war nicht älter als acht Jahre und trug ein leuchtend blaues Kleid. Sein braunes Haar war zu Zöpfen geflochten, und seine Füße steckten in übergroßen Turnschuhen. Sein Gesicht war beim Laufen vor Konzentration verzerrt. Quinn nahm jedes Detail zur Kenntnis: die dünnen blassen Beine, den Schorf am linken Knie, das nachgemachte Goldkettchen am Handgelenk.
    Natürlich war die Mutter des Mädchens bestimmt nicht weit weg – sie war vermutlich bei den anderen Erwachsenen und Kindern, die den Sonnenschein genossen. Doch dieses Kind war unabhängig. Es hatte beschlossen, auf eigene Faust auf Erkundung zu gehen und sich vom Anblick des glitzernden
Wassers zwischen den Bäumen oder dem Bedürfnis, in der Sonne den Hang hinunterzulaufen, aus dem Schutz der Erwachsenen weglocken lassen. Quinn gefiel Unabhängigkeit, weil er sie für einen seiner besten Wesenszüge hielt.
    Er versuchte, sich vorzustellen, wie die Leute über ihn redeten. Vermutlich urteilten sie über ihn, und diesen Gedanken fand er unerträglich. Im Gefängnis war er ständig von allen beurteilt worden. In gewisser Weise waren Häftlinge ihre eigenen Aufseher. Wenn man bei seiner Inhaftierung unschuldig war, redete man sich bald ein, dass man schuldig sei. Man richtete seine Wut nur allzu bereitwillig gegen sich selbst.
    Quinn war froh, die Gelegenheit gehabt zu haben, sich im Bach zu waschen. Manchmal glaubte er, den Gefängnisgeruch nie wieder aus seiner Haut herauszubekommen – den abgestandenen Gestank eines Ortes, an dem sich zu viele Körper befanden und niemals eine frische Brise wehte. Hin und wieder hatte er versucht, sich in die Nähe eines Gefängnisbesuchers zu begeben, um herauszufinden, ob er am Geruch von jemandem erkennen konnte, ob er sein Haustier gestreichelt hatte, am Vormittag in seinem Garten spazieren gegangen war oder ein Kind berührt hatte. Schon der kleinste Hauch eines in seiner Erinnerung gespeicherten Geruchs brachte die Außenwelt zurück und verhinderte, dass die Verbindung vollkommen abbrach.
    Das Mädchen blieb am Fuß des Hangs stehen und balancierte am Wasserrand. Es blickte den Hügel hinauf und fixierte genau die Stelle, an der Quinn stand. Er hielt den Atem an und machte keine Bewegung, obwohl sie ihn unmöglich sehen konnte. Ihre Kinderaugen waren nicht gut genug, um ihn auszumachen, und sie hatte bestimmt noch nicht gelernt, so leicht Gefahren zu erkennen.
    Plötzlich lächelte das Mädchen aus unerfindlichen Gründen. Quinns Herz blieb stehen. Wahrscheinlich hatte die Kleine ein besonders schönes Muster von Blättern entdeckt,
oder der Anblick eines Vogels im Astwerk über ihr hatte das Lächeln ausgelöst. Einen Moment später verlor sie jedoch das Interesse an dem, was sie gesehen hatte, und begann, in den kleinen Steinen am Ufer des Baches herumzustochern. Er sah, wie ihre weißen Turnschuhe sich an den Rändern dunkler verfärbten, als sie Wasser aufsaugten. Wenn ihre Mutter sie fand, würde sie wegen ihrer nassen Füße geschimpft werden.
    Quinn ließ die Armbrust für einen Augenblick sinken. Wo war ihre Mutter? Sie sollte ihrer Tochter nicht erlauben, allein in der Gegend umherzustreifen. Das war gefährlich.
    Plötzlich rannte das Mädchen los. Quinn beobachtete, wie es am Hang entlanglief und mit den Armen ruderte, um das

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