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Der Rache dunkle Saat - Booth, S: Rache dunkle Saat - One Last Breath

Titel: Der Rache dunkle Saat - Booth, S: Rache dunkle Saat - One Last Breath Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Booth
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Gleichgewicht zu halten, wobei sein blaues Kleid im Wind flatterte. Die nackten Beine des Mädchens waren blass und schmutzverschmiert, und es geriet ins Stolpern, als es den grö ßeren Steinen auswich. Es bewegte sich schnell, änderte die Richtung und lief diagonal vor ihm vorbei. In einer halben Minute würde es die flache Wiese erreichen und zwischen den Bäumen verschwinden, sodass er es nicht mehr genau würde sehen können.
    Quinn blickte blinzelnd gegen die tief stehende Sonne, konzentrierte sich auf das blaue Kleid und versuchte, die Bewegungsrichtung des leuchtenden Farbkleckses einzuschätzen, der sein Sichtfeld kreuzte. Langsam hob er die Armbrust wieder an die Schulter und legte einen Pfeil ein.

36
    Isabel Cooper wartete ungeduldig in ihrem besten Mantel und ihren besten Schuhen im Gesellschaftsraum des Old-School-Pflegeheims. Nachdem irgendjemand im Spaß gesagt hatte, dass sie aussehe, als ginge sie zu einer Hochzeit, war sie sich nicht mehr ganz sicher, ob sie nicht vielleicht einen Hut tragen sollte.
    Das Personal des Pflegeheims kannte Ben Cooper. Er kam regelmäßig zu Besuch, und schon mehr als eine Pflegerin war dafür gerügt worden, weil sie zu viel Zeit damit verbracht hatte, sich mit ihm zu unterhalten. Und heute erkannte seine Mutter ihn ebenfalls. Als sie aufstand, um ihn zu begrüßen, beugte er sich vor, umarmte sie und gab ihr einen Kuss.
    »Ich muss noch einen Hut holen, bevor wir gehen«, sagte sie.
    »Nein, Mum, du kannst so bleiben, wie du bist.«
    »Bist du sicher?«
    »Wir fahren doch nur nach Bridge End.«
    Da sie nicht antwortete, wusste er, dass sie seine vorsichtige Anspielung auf die Farm bemerkt hatte. Es war ein eigenartiges Gefühl, nicht »nach Hause« zu sagen. Er würde Bridge End immer als ihr Zuhause betrachten und war sich sicher, dass sie es ebenfalls tat. Doch innerhalb der Familie herrschte stillschweigendes Übereinkommen, dass dieses Wort vermieden werden sollte.
    Sie wurde fröhlicher, als sie ins Auto stiegen und aus Edendale hinausfuhren. Nach einem kurzen Regenschauer kam die Abendsonne wieder heraus, ließ die Felder und die nassen
Bäume erstrahlen und brachte frische Farben in der Landschaft zum Vorschein. In der Stadt mochte Cooper den Geruch warmen, vom Regen feuchten Asphalts. Doch an manchen Tagen dampften Teile des Tals wie ein tropischer Sumpf, nachdem es geregnet hatte, und Wasserdampf stieg zwischen den Bäumen auf.
    »Ich hab ein Geschenk für dich, Ben«, sagte seine Mutter. »Du hast Geburtstag.«
    »Ja, ich weiß. Danke, Mum.«
    Er bemerkte, dass sie ihre Handtasche öffnete und in den Taschentüchern, Ersatzbrillen, Pfefferminzbonbons, Familienfotos und was sie noch darin aufbewahrte, herumwühlte.
    »Ich glaub, wir müssen zurückfahren«, sagte sie. »Ich hab vergessen, es mitzunehmen.«
    »Nein, das hast du nicht, Mum. Es ist auf der Farm. Matt und Kate haben es. Du kannst es mir geben, wenn wir da sind.«
    »Ach ja, jetzt erinnere ich mich.«
    Kate war sehr gut im Organisieren solcher Dinge. Sie plante voraus, damit sie auf alle Eventualitäten vorbereitet waren und die Sache einfacher wurde. Das meiste wurde ohne Nachfragen akzeptiert und ohne dass langwierige Erklärungen nötig waren. Seine Mutter war sich darüber im Klaren, dass sie eine Menge vergaß.
    »Dein Dad und ich können es dir gemeinsam geben«, sagte sie.
    Coopers Mut sank. »Was, Mum?«
    »Ich freu mich schon, Joe zu sehen. Er hat es diese Woche nicht geschafft, mich zu besuchen. Ich nehme an, er war zu beschäftigt.«
    Er gab ihr keine Antwort. Kurz darauf begann sie, leise vor sich hin zu summen. Sie war glücklich, als sie durch die vertraute Umgebung fuhren – vorbei an den Häusern von Freunden, an die sie sich erinnerte, an dem alten Krankenhaus, in dem sie einmal gearbeitet hatte, und an der Steinbrücke über
den Fluss, wo Joe einst mit dem Auto seitlich gegen die Brüstung gefahren war und sie die Tür nicht mehr hatte öffnen können, um auszusteigen.
    Und dann beschwor irgendetwas eine andere Erinnerung herauf. Cooper hatte keine Ahnung, was es war – der Anblick eines bestimmten Hügels, der Gesichtsausdruck von jemandem, der ihnen im Auto entgegenkam, oder vielleicht auch nur etwas, das an die Oberfläche der Gedanken seiner Mutter getrieben war wie ein verfaultes Blatt, das sich vom Grund eines abgestandenen Tümpels gelöst hatte.
    »Ich hab gehört, dass Mansell Quinn wieder frei ist«, sagte sie.
    Cooper hätte beinahe die Kontrolle über das Fahrzeug

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