Der Rächer von Antares
Augenblick lang standen wir dicht voreinander, die vier Klingen waren verschränkt in den Himmel gehoben. Ich starrte ihn an.
»Du Kleesh, Garnath! Ich werde dich jetzt nicht töten, sondern dich am Leben lassen, damit du in Angst und Schrecken lebst vor meiner Rache!«
»Prahlerischer Yetch! Du kannst gewiß sein, daß ich dich aufspieße!«
Sein Rapier wand sich aus der Parade und zuckte auf meine Rippen zu, während er zurücktrat, um Platz zu machen für seinen ausgestreckten Arm. Mein Dolch senkte sich mit qualvoller Langsamkeit, doch die Klinge lenkte Garnaths Stahl zur Seite. Eine Sekunde später, eine Sekunde näher, und er hätte mich an der Brust verletzt und den ersten Blutstropfen erzielt, womit meine Wetteinsätze verloren gewesen wären, unabhängig davon, wer später getötet worden wäre.
So konnte es nicht weitergehen.
Wenn ich sage, daß ich all die geheimen düsteren Energien meines Geistes und meines Körpers aufbot, tue ich den mystischen Disziplinen der Krozairs von Zy unrecht, die mir zu Hilfe kamen und mich retteten. Ich sammelte meine Willenskraft, ich beschwor die Vision des Gegners als durchsichtige Gestalt herauf, als wäre es allein mein Wille, der mir Arm und Auge führte, der mir eine unerklärliche Vorahnung von Garnaths Bewegungen vermittelte. Diese Disziplinen entsprangen langer Verinnerlichung und ausgedehnter Waffenübungen auf der Insel Zy, wohin ich während meines langen Aufenthalts am Auge der Welt immer wieder zurückgekehrt war, um die Fähigkeiten aufzufrischen, die ich in meinem ersten Jahr völliger Konzentration dort gelernt hatte. Das Dasein als Krozair von Zy ist ein ständiger Prozeß, ein Vorgang, der erst aufhört, wenn man sich schließlich auf die lange Reise zu den Eisgletschern Sicces begibt.
In meiner Konzentration erschien mir Vad Garnath plötzlich als ganz durchsichtig, als weit entfernt; ich sammelte meine Willenskräfte, formte daraus ein einziges kraftvolles Werkzeug und vermochte damit für kurze Zeit bei klarem Bewußtsein zu bleiben, meine Klinge zu packen und den Kampf zu Ende zu bringen.
In schnellem, wildem Angriff trat Garnath vor, fintend, angreifend, zustoßend, zuschlagend. Ich stemmte mich ihm entgegen, blendete ihn mit meinem Rapier und schlug ihm den langen, schmalen linkshändigen Dolch auf den rechten Schenkel. Dann trat ich zurück.
»Erstes Blut!« glaubte ich zu brüllen; in Wirklichkeit konnte ich nur noch krächzen.
Garnath stand einen Augenblick lang reglos da und kam mir wie ein onkerischer Calsany vor. Dumpf starrte er auf den Streifen Blut, der auf seinem Hosenbein sichtbar wurde.
»Geh zu Boden, du Rast!« sagte ich.
Er versuchte von neuem anzugreifen und taumelte, sein Bein stützte ihn nicht mehr. Er stürzte.
Ich stand vor ihm. Er zwang sich auf Hände und Knie hoch und sah mich mit verdrehtem Kopf an. Auf seinem Gesicht dämmerte eine schreckliche Erkenntnis.
»Du bist eine Schande für diese Welt, Garnath! Die Ehre Trylon Rees' ist wiederhergestellt, doch die deine existiert nicht mehr. Du bist beschämt, Garnath! Runter mit dem Gesicht – oder ich durchbohre dich!«
Er gehorchte.
Ich war nicht gewillt, meine Verkleidung aufzugeben, indem ich etwa einen Kampfschrei ausstieß, der mich verraten hätte. Ich hatte mir große Mühe gegeben, die Rolle des Amak Hamun aufzubauen; ich gedachte diese Anstrengung nicht so einfach zunichte zu machen, denn es gab noch viel zu erreichen für Vallia. Ich taumelte vor. Bestimmt erdröhnte jetzt der Saal vom Geschrei der Menge, doch ich bekam nichts davon mit. Ich bückte mich und säuberte vorsichtig meine Main-Gauche an Garnaths Rüschenhemd, wobei ich ihn zu mir herzog, um besser an ihn heranzukommen. Er lag zitternd am Boden. Auch ich bebte.
Es ist nicht meine Art, eine blutbeschmierte Klinge in die Waffenscheide zu stecken, die mir meine Delia geschenkt hat.
Der Lärm in meinem Kopf hatte nichts zu tun mit dem Toben der Menge ringsum. Die Matte schwankte unter mir. Ich trat zurück, und irgend jemand packte mich am Ellenbogen. In einem immer kleiner werdenden Blickfeld, das von schwarzen und purpurnen Schatten eingeengt wurde, sah ich Garnaths Sekundanten, die sich um den Vad kümmerten. Ich versuchte den Kopf zu schütteln. Ich spürte, ich sah, ich fühlte ... dann ergriff die Dunkelheit Notor Zans von mir Besitz.
Ich erwachte in Rees' kleiner Villa, in einem Bett, das zwischen die beiden Invaliden geschoben worden war – wir lagen wie drei verwundete Soldaten in
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