Der Raecher
Eindringling hatte keine Chance. Gegen so viele konnte ein einzelner Mann nichts ausrichten. Ein Eindringen bei Nacht war unmöglich.
Der Beobachter hatte sich so tief ins Gestrüpp zurückgezogen, dass niemand, der von unten zum Kamm der Bergkette heraufsah, ein Aufblitzen des Fernglases in der Sonne bemerken oder einen Blick von dem getarnten, reglosen Mann erhaschen konnte.
Um halb sieben wurden die Männer von dem hämmernden Eisen zur Arbeit auf den Feldern und Gärten gerufen. Sie strömten zu dem hohen Tor, das die Hazienda vom Dorf trennte.
Dieses Tor war komplizierter zu öffnen als das andere, das vom Flugplatz zum Anwesen führte. Es bestand aus zwei Teilen und öffnete sich nach innen in Richtung Farmland. Hinter dem Tor hatte man fünf Tische aufgestellt, an denen die Wachleute saßen. Weitere standen daneben. Die Arbeiter bildeten fünf Reihen.
Auf einen lautes Kommando hin setzten sie sich in Bewegung. Der erste jeder Schlange beugte sich über den Tisch und hielt dem sitzenden Wächter die Hundemarke hin, die er um den Hals trug. Die Nummer auf der Marke wurde geprüft und in einen Computer eingetippt.
Die Arbeiter mussten sich offenbar je nach Nummer in eine
bestimmte Reihe stellen, denn nachdem man sie mit einem Kopfnicken durchgelassen hatte, meldeten sie sich hinter den Tischen bei einem Vorarbeiter. In Gruppen von hundert Mann wurden sie daraufhin zu ihrem Einsatzort geführt, wobei sie unterwegs an verschiedenen Schuppen am Wegrand Halt machten und sich mit dem nötigen Werkzeug versahen.
Die einen strömten auf die Felder, andere in die Obstgärten, wieder andere zu den Ställen oder zur Mühle, zum Schlachthaus, zum Weinfeld oder zu dem riesigen Gemüsegarten. Unter Dexters Augen kam Leben in die riesige Hazienda. Doch die Sicherheitsvorkehrungen blieben streng. Auf diese richtete er sein Augenmerk, als das Dorf sich geleert hatte, das Doppeltor wieder geschlossen war und die Männer die Arbeit aufnahmen. Er hoffte, eine Schwachstelle zu entdecken.
Am späten Vormittag erhielt Oberst Moreno Nachricht von den beiden Mitarbeitern, die er mit den ausländischen Pässen losgeschickt hatte.
In Cayenne, der Hauptstadt von Französisch-Guyana, hatten die Behörden keine Zeit verschwendet. Ungehalten hatten sie zur Kenntnis genommen, dass drei harmlose Sportfischer in Haft saßen, nur weil sie auf See einen Maschinenschaden gehabt hatten, und fünf Techniker grundlos festgenommen und eingesperrt worden waren. Sie erklärten alle acht französischen Pässe für hundertprozentig echt und ersuchten dringend darum, ihre Inhaber freizulassen und nach Hause zu schicken.
Die niederländische Botschaft in Paramaribo forderte das Gleiche für ihre Staatsbürger. Ihr Pässe seien echt, ihre Visa in Ordnung, wo also liege das Problem?
Die spanische Botschaft war geschlossen, doch der CIA-Mann hatte Oberst Moreno versichert, dass der Flüchtige nur knapp über einen Meter siebzig groß war, während der Spanier über einen Meter achtzig maß. Somit blieb nur noch der verschwundene Henry Nash aus London.
Der Chef der Geheimpolizei beorderte seinen Mann in Cayenne zurück und befahl dem anderen in Paramaribo, alle Autovermietungen abzuklappern und herauszufinden, was für einen Wagen der Engländer fuhr und welches Kennzeichen er hatte.
Am späten Vormittag wurde es auf den Bergen sehr heiß. Nur Zentimeter vom Gesicht des reglosen Beobachters entfernt kroch eine Eidechse mit rotem, aufgerichtetem Kamm am Hinterkopf über die Steine, auf denen man Spiegeleier hätte braten können, beäugte den Fremden, witterte keine Gefahr und tapste weiter. Unten bei den Lastkränen tat sich etwas.
Vier kräftige junge Männer rollten ein zehn Meter langes Patrouillenboot aus Aluminium zum Heck eines Landrovers und hängten es an. Der Wagen schleppte es zu einer Zapfsäule, wo es betankt wurde. Ohne das mittschiffs montierte Browning-Maschinengewehr Kaliber.30 hätte man es fast für eine Vergnügungsyacht halten können.
Nach dem Betanken wurde das Boot unter einen der Kräne geschleppt. Vier Hebebänder baumelten von einem rechteckigen Rahmen und endeten in vier stabilen Stahlklampen, die man am Rumpf des Boots befestigte. Dann wurde es mitsamt der Crew von der Rampe gewuchtet, über das Wasser geschwenkt und ins Meer gesenkt. Dabei entschwand es Dexters Blicken.
Minuten später entdeckte er es wieder draußen auf See. Die Besatzung holte zwei Fischreusen und fünf Hummerkästen ein, leerte sie, versah sie
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