Der Raecher
einem zu hohen Flüssigkeitsverlust vorzubeugen.
Um vier riefen die Schläge gegen die Eisenbahnschiene die Arbeiter auf die Felder und zu den Scheunen zurück. Dexter kroch bis zum Rand des Steilhangs und beobachtete, wie die kleinen Gestalten, die Gesichter unter Strohhüten verborgen, wieder zu den Hacken griffen, um die Musterfarm von Unkraut zu befreien.
Zu seiner Linken rollte ein zerbeulter Pick-up auf den Platz zwischen den Lastkränen, setzte bis zur Klippe zurück und stoppte. Ein Arbeiter mit blutbeflecktem Overall zog eine lange Stahlrutsche von der Ladefläche, befestigte sie an der Hecktür und begann, mit einer Mistgabel etwas auf die Rutsche zu zerren. Was immer es war, es glitt in die Tiefe und stürzte ins Meer. Dexter stellte das Fernglas schärfer. Die nächste Gabel voll brachte Klärung. Es war eine schwarze Haut, an der noch ein Ochsenkopf hing.
Beim Betrachten der Fotos in New York war ihm aufgefallen, dass man, Klippen hin, Klippen her, keinerlei Versuch unternommen hatte, einen Zugang zu dem schönen blauen Meer zu schaffen. Keine Stufen, die zum Wasser hinunterführten, kein Sprungbrett, kein vertäutes Floß, kein Strandbad, keine Mole, nichts. Als er die Fleischabfälle auf der Rutsche sah, begriff er, warum. Die Gewässer rund um die Halbinsel mussten von Hammer-, Tiger- und großen weißen Haien nur so wimmeln. Alles, was dort schwamm und kein Fisch war, würde nur wenige Minuten lebend überstehen.
Etwa um die gleiche Zeit erhielt Oberst Moreno auf seinem Mobiltelefon einen Anruf von seinem Mann in Surinam. Nash, der Engländer, habe seinen Wagen bei einer kleinen Privatfirma gemietet, deshalb habe die Suche so lange gedauert. Aber jetzt
habe er ihn. Es sei ein Ford Compact. Er gab das Kennzeichen durch.
Der Chef der Geheimpolizei gab die Befehle für den nächsten Morgen aus. Jeder Parkplatz, jede Garage, jede Auffahrt, jeder Waldweg sollte nach einem Ford Compact mit diesem surinamesischen Kennzeichen abgesucht werden. Er korrigierte seinen Befehl. Jeder Ford sei aufzuspüren, das Kennzeichen spiele keine Rolle. Beginn der Suche bei Tagesanbruch.
Dämmerung und Nacht brechen in den Tropen mit verblüffender Schnelligkeit herein. Von einer Minute auf die andere war die Sonne in Dexters Rücken untergegangen, und endlich wurde die Hitze erträglicher. Er beobachtete, wie sich die Arbeiter mit schweren Beinen nach Hause schleppten. Sie gaben ihre Arbeitsgeräte ab und wurden, ehe sie das Tor passieren durften, einer nach dem anderen kontrolliert, wieder in fünf Reihen zu jeweils zweihundert Mann.
Sie kehrten zu den anderen zweihundert zurück, die im Dorf geblieben waren. In den Bungalows und Baracken gingen die ersten Lichter an. Ein weißes Leuchten an der entfernten Spitze des Dreiecks verriet, dass die Villa des Serben mit Scheinwerfern angestrahlt wurde.
Die Mechaniker auf dem Flugplatz sperrten ab und fuhren mit ihren Mopeds zu den Bungalows am anderen Ende der Rollbahn. Als alle Tore geschlossen waren, ließ man die Dobermänner frei. Die Welt nahm Abschied vom 6. September, und der Jäger bereitete sich darauf vor, den Hang hinabzuklettern.
28
Der Besucher
E inen Tag lang hatte der Avenger über den Rand des Steilhangs gespäht und dabei zwei Dinge über ihn gelernt, die er den Fotos nicht hatte entnehmen können. Erstens, er war nicht von oben bis unten steil und durchaus zu bewältigen. Erst dreißig Meter über dem Boden fiel er senkrecht ab. Aber der Rächer verfügte über ein langes Kletterseil.
Zweitens war das Fehlen jeglicher Vegetation nicht naturbedingt, sondern von Menschenhand verursacht. Anscheinend hatten sich Männer in Seilkörben in die Tiefe gelassen und jeden Bewuchs entfernt, der einem Kletterer hätte Deckung bieten können.
Dünne Schösslinge waren mitsamt den Wurzeln ausgerissen worden, und dickere Stämme, die dem Zerren eines über dem Abgrund baumelnden Mannes widerstanden, hatte man einfach abgesägt. Aber nicht kurz genug. Hunderte von Stümpfen boten Händen und Füßen beim Auf- und Abstieg Halt.
Am Tag wäre ein Mann im Hang sofort bemerkt worden, nicht aber bei Nacht.
Gegen zehn ging ein fahler Mond auf, der einem Kletterer gerade genug Licht spendete, aber nicht so viel, dass er sich deutlich von der Schieferwand abhob. Doch er musste vorsichtig zu Werke gehen, um keinen Steinschlag auszulösen. Sich von Stumpf zu Stumpf hangelnd, begann Dexter, zur Startbahn hinabzuklettern.
Als der Hang zu steil wurde, ließ er sich
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