Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Raecher

Titel: Der Raecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
Vom Netzwerk:
bezahlen.«
    »Stimmt. Nur einer. Er war ein guter Junge. Nicht wie die anderen. Ich weiß nicht, warum er war bei ihnen. Er hatte Bildung. Die anderen waren Gangster... Abschaum.«
    »Haben Sie nicht dagegen protestiert, dass sie für die drei Tage nicht bezahlt haben?«
    »Protestiert? Protestiert? Was ich soll sagen? Diese Tiere haben Waffen. Sie töten, sogar serbische Brüder. Sie sind Mörder.«
    »Und wer war der Kerl, der den netten Jungen geohrfeigt hat, als er bezahlen wollte?«
    »Weiß nicht. Er war Chef, Anführer. Aber kein Name. Sie ihn nennen nur ›Chef‹.«
    »Diese Milizionäre haben alle Namen, Dusko. Arkan und seine Tiger. Frankies Jungs. Sie lieben es, berühmt zu sein. Sie prahlen mit ihren Namen.«
    »Dieser nicht. Ich schwöre.«
    Der Spürhund wusste, dass er log. Wer auch immer dieser Killer war, der Gedanke an ihn trieb seinen serbischen Brüdern den Angstschweiß auf die Stirn.
    »Und der nette Junge, hatte der einen Namen?«
    »Ich habe nicht gehört.«
    »Wir reden über eine Menge Geld, Dusko. Sie sehen ihn nie wieder, Sie sehen mich nie wieder, und Sie bekommen so viel, dass Sie nach dem Krieg in Sarajevo neu anfangen können. Den Namen des Jungen.«
    »Er hat an dem Tag bezahlt, wann er ist abgereist. Vielleicht er hat sich geschämt für die anderen. Er ist zurückgekommen und hat mit Scheck bezahlt.«
    »Ist er geplatzt? Kam er zurück? Haben Sie ihn noch?«
    »Nein, ist eingelöst worden. Jugoslawische Dinar. Aus Belgrad. Die ganze Summe.«
    »Also kein Scheck?«
    »Er muss in der Bank in Belgrad sein. Irgendwo, aber wahrscheinlich schon vernichtet. Aber ich habe die Nummer von Ausweis aufgeschrieben, falls er ist nicht gedeckt.«
    »Wo? Wo haben Sie die Nummer aufgeschrieben?«
    »Auf die Rückseite von Bestellblock. Mit Kugelschreiber.«
    Der Spürhund sah sich den Block an. Er hatte infolge umfangreicher Getränkebestellungen nur noch zwei Blätter. Ein Tag noch, und er wäre weggeworfen worden. Auf die Rückwand aus Pappe waren mit Kugelschreiber sieben Ziffern und zwei Großbuchstaben gekritzelt. Acht Wochen alt, noch lesbar.
    Der Spürhund ließ tausend von Mr. Edmonds Dollars springen und reiste ab. Er nahm den kürzesten Weg, fuhr in Richtung Norden nach Kroatien und stieg in Zagreb in ein Flugzeug.
    Das alte, aus sechs Teilrepubliken und zwei autonomen Provinzen bestehende Jugoslawien war in den vorausgegangenen fünf Jahren in einem blutigen, chaotischen und brutalen Krieg auseinander gebrochen. Die Republik Slowenien im Norden hatte sich als Erste abgespalten, glücklicherweise ohne Blutvergießen, und im Süden hatte sich Mazedonien für unabhängig erklärt. Doch die dazwischen liegenden Landesteile Kroatien, Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Montenegro und Serbien versuchte der serbische Diktator Slobodan Milošević mit allen Mitteln zusammenzuhalten und schreckte dabei vor keiner Brutalität zurück. Auch der spätere Verlust Kroatiens vermochte seinen Machthunger und seine Kriegslust nicht zu zügeln.
    Das Belgrad, in dem der Spürhund 1995 eintraf, war bislang noch verschont geblieben. Die späteren Zerstörungen waren eine Folge des Kosovo-Krieges, der erst noch kommen sollte.
    Von seinem Londoner Büro wusste er, dass es in Belgrad eine private Detektei gab, die von einem ehemaligen hohen Polizeibeamten geleitet wurde, dessen Dienste London schon einmal in Anspruch genommen hatte. Sie trug den nicht übermäßig originellen Namen Chandler und war leicht zu finden.
    »Ich bin auf der Suche nach einem jungen Mann«, erklärte der Spürhund dem Detektiv Dragan Stojić. »Ich weiß nicht, wie er heißt, ich habe nur seine Ausweisnummer.«
    Stojić grunzte.
    »Was hat er verbrochen?«
    »Nichts, soweit ich weiß. Er hat etwas gesehen. Vielleicht. Vielleicht auch nicht.«
    »Ist das alles? Sie wollen nur den Namen?«
    »Außerdem würde ich gern mit ihm sprechen. Ich habe keinen Wagen und kann kein Serbokroatisch. Vielleicht spricht er Englisch. Vielleicht auch nicht.«

    Stojić grunzte abermals. Das war offenbar seine Spezialität. Anscheinend hatte er alle Philip-Marlowe-Romane gelesen und jeden Film gesehen. Er versuchte sich als Robert Mitchum in Tote schlafen besser, doch mit seinen ein Meter sechzig und seiner Glatze wollte ihm das nicht recht gelingen.
    »Meine Geschäftsbedingungen...«, begann er.
    Der Spürhund schob noch einen Hundertdollarschein über den Tisch. »Ich brauche Ihre ungeteilte Aufmerksamkeit.«
    Stojić war entzückt. Seine Antwort hätte

Weitere Kostenlose Bücher