Der raffinierte Mr. Scratch: Roman (German Edition)
kennenlernen. Zwischen ihnen klafften tausend Jahre.
Eines Tages jedoch, auf dem örtlichen Markt, wo sie für ihr Mittagessen einkauften, löste sich ein Tonziegel vom Dach eines Restaurants, segelte zwei Stockwerke durch die Luft und zerplatzte auf Ardens Kopf.
Sie duckte sich zu spät und ließ ihre Einkäufe fallen, um sich mit beiden Händen an den Kopf zu fassen. Doch die Wunde blutete nicht stark, und sie fühlte sich nicht einmal schwindlig.
Der Teufel hielt sie an sich gedrückt, schockiert und voller Angst.
»Mir fehlt nichts«, sagte sie. »Alles in Ordnung.«
Also kauften sie ein zweites Mal all die Dinge ein, die Arden hatte fallen lassen, und gingen nach Hause, um zu kochen. Die Sonne ging unter, und wie immer schien die Stadt aus Marmor zu brennen. Kurze Zeit später verwandelten die Lichter von Kerzen und Leuchtern und Lampen und die Laternen der Boote auf dem Tiber die Stadt in ein Juwel in der Dunkelheit, in den Mittelpunkt von Himmel und Erde.
***
Am nächsten Morgen wachte Arden nicht auf.
Zuerst war der Teufel halb wahnsinnig. Er schrie sie an und schüttelte sie und wäre in den grässlichsten Gestalten durch die Stadt gerannt, wäre nicht ein Sturm losgebrochen, der ihn mit grellen Blitzen und krachendem Donner wieder zur Vernunft gebracht hätte. Also beruhigte er sich und gab ein paar Gassenjungen Geld, damit sie ihm einen Arzt herbeiholten.
»Was für einen Arzt?«, fragte einer der Bengel, fast nackt und von oben bis unten verdreckt.
»Irgendeinen!«, rief der Teufel. »Alle!«
Er ging zurück zu Arden und versuchte erneut, sie zu wecken. Er benutzte alles Wissen, alle Kräfte, die er besaß. Doch irgendetwas in ihm war nicht mehr imstande, einen Engel zu heilen. Oder es war ihm nicht mehr erlaubt. Er besaß nicht mehr die Macht, Arden zu heilen. Also blieb ihm nichts anderes übrig, als den Ärzten zu vertrauen.
Die Ärzte kamen – und versagten. Einer nach dem anderen.
»Entweder, sie wacht wieder auf oder nicht«, sagten sie zu ihm.
Den Ersten, der ihm diese Botschaft brachte, fraß er auf. Anschließend war er ein besserer Zuhörer.
***
Nach ein paar Tagen war Ardens Zustand unverändert, und er bedeckte sie mit weißer Seide und schmückte ihr Bett wie einen Altar. Wenn er sie fütterte, schluckte sie das Essen herunter wie ein Automat. Irgendwann wurde dem Teufel bewusst, dass sie möglicherweise für immer so daliegen würde. Es war so unbeschreiblich grausam, dass er in ein irres Lachen verfiel. Sie wären zusammen, endlich, nach so langer Zeit … aber auf welche Weise.
Er fütterte und badete sie. Er selbst aß nichts, und er badete nicht.
Er starrte aus den Fenstern seines Hauses oder stolperte ziellos durch die Straßen. Nach draußen ging er immer seltener. Irgendwann überkam ihn still und heimlich eine vertraute Schläfrigkeit. Doch er kannte die Gefahren dieses Schlafes und schüttelte ihn ab.
»Nein!«, sagte er, stand auf, trat an Ardens Bett und nahm ihre Hand.
Er musste etwas unternehmen.
Sein Herz hämmerte wild in seiner Brust. Sein Puls raste. Langsam, mit unendlicher Zärtlichkeit, zog er die Bettdecke zurück. Und noch langsamer, falls das überhaupt möglich war, zog er Arden aus, bis ihre schlafende Gestalt nackt auf der Matratze lag.
Seine Augen weideten sich an ihrer blassen Haut. Die schiere Blöße und Schlichtheit ihres Körpers flüsterten zu ihm, zu seinem Blut, bis es schneller kreiste und sein Atem stoßweise ging. Zitternd streifte er die eigene Kleidung ab und legte sich neben sie. Er drückte sich an sie, küsste ihre reglosen Lippen, bis Trauer und Begehren zu einer einzigen Empfindung verschmolzen.
Er erhob sich auf die Knie, laut ächzend, weil das Gewicht des Verlangens fast zu viel war. Zitternd teilte er ihre Beine, und es kostete ihn seine ganze Beherrschung, sich nicht einfach auf sie fallen zu lassen.
Mit unsicherer Hand streichelte er ihre Schenkel. Die Weichheit ihres Unterleibs.
Sein Blut und sein Atem wogten wie hundert Arbeitstrupps, doch er zwang sich zur Konzentration, zu langsamer Bewegung. Er schlang die Arme um ihre Beine, senkte den Mund in ihren Schoß und küsste sie mit traurigem, sehnsüchtigem Hunger, bis ringsum die dunkle Nacht anbrach.
Sie erwachte nicht, und sie bewegte sich nicht.
Als der Morgen dämmerte, lag sie immer noch still an ihn gedrückt und rührte sich nicht. Als die Begierde ihn schließlich überwältigte und er die Bettlaken überflutete in einem überwältigenden Höhepunkt der
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