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Der raffinierte Mr. Scratch: Roman (German Edition)

Der raffinierte Mr. Scratch: Roman (German Edition)

Titel: Der raffinierte Mr. Scratch: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Poore
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vous, grand-mère. Ich bin nicht wegen Ihnen gekommen, Großmütterchen.«
    Die alte Frau beruhigte sich ein wenig und bat die beiden Besucher herein.
    Der Teufel wollte etwas sagen.
    »Je connais quoi faire t’es icitte« , kam die alte Frau ihm zuvor. »Ich weiß, warum du hier bist.«
    Sie führte ihn durch den Laden und durch eine Hintertür hinaus auf ein halb verrottetes Dock, das unter ihren Füßen knarrte. Schwarzes Wasser schwappte um die Stelzen.
    Eine alte Piroge mit Benzinmotor war am Ende des Docks festgemacht.
    »Was denn?«, fragte Memory. »Wir fahren damit raus in den Sumpf? Mitten in der Nacht?«
    Sie hörte die alte Frau leise kichern.
    »Nun ja, im VW -Bus kommen wir jedenfalls nicht hin«, erwiderte der Teufel.
    Er half ihr auf eine schmale Bank im Bug. In der Dunkelheit zu ihrer Linken rülpste irgendetwas und verschwand mit einem leisen Platschen unter Wasser.
    Bevor der Teufel sich setzen und das Ruder übernehmen konnte, winkte die alte Frau ihm zu und streckte ihm die leere Hand hin.
    Der Teufel gab ihr eine Fünfdollarnote.
    »Bonne chance, grand-mère« , flüsterte er.
    Die alte Frau wandte sich ab und humpelte in ihren Angelladen zurück.
    Der Teufel zog am Starter. Blubbernd erwachte der Motor zum Leben. Er gab Gas, und die Piroge hob sich unter Memory ein wenig aus dem Wasser und aus den Feldern voller Wasserlilien. Sie glitten in die Dunkelheit davon.
    Ringsum erhoben sich die Stimmen der Nacht. Wer wollte sagen, was das für Kreaturen waren, die solche Geräusche machten? Namenlose Dinge sangen und grollten, brummten und sägten. Schatten bewegten sich zwischen Schatten.
    »Allume-toi!« , sagte der Teufel unvermittelt, und ganz vorn am Bug des Bootes entflammte wie von Geisterhand eine Petroleumfackel.
    »Wenn du das kannst, wie kommt es dann …«, begann Memory.
    »Weil«, brummte der Teufel.
    »Weil was?«
    »Sei jetzt still.«
    ***
    Das Licht machte alles noch schlimmer.
    In der Dunkelheit gab es nur Dunkelheit, doch die Fackel erzeugte einen geisterhaften Raum um die Piroge herum, der den Eindruck hervorrief, als würden sie durch eine Höhle aus Feuer gleiten. Rings um diese Höhle war Bewegung. Dinge mit großen Flügeln segelten durch die Luft. Dunkle Schatten wallten im Wasser. Die Nacht wimmelte vor Kreaturen.
    Memory wurde bewusst, dass sie sich nicht sicher fühlte, und das, obwohl ihr Reisegefährte der Teufel persönlich war. Doch in seinen Augen war etwas, das sie nervös machte. Er wirkte nicht ängstlich, aber unruhig.
    »Was ist mit diesem Mann?«, fragte Memory. »Diesem Two-John Spade? Ich habe dich schon mal gefragt, aber du hast nicht geantwortet.«
    »Sei jetzt still.«
    »Nein. Ich will es wissen!«
    Die Petroleumfackel wurde dunkler, genau wie die Augen des Teufels. Er sah anders aus im Feuerschein. Die Zähne länger, die Haare länger, die Augen kohlenschwarz.
    Der Teufel erzählte Memory, dass es auf der Erde keine Engel mehr gab, auch wenn gelegentlich Leute auftauchten, die ein wenig wie Engel aussahen und manchmal sogar Musik machten wie Engel, wenn auch auf ihre eigene Weise. Diese Leute waren gefährlich.
    Memory tat, als würde sie verstehen.
    Sie beobachtete die Fackel und die Dunkelheit dahinter, und dann verstand sie, was der Gesichtsausdruck des Teufels am Ruder bedeutete. Es war nicht Angst oder Unruhe. Es war Respekt.
    Der Unterschied beruhigte sie nicht.
    In diesem Moment bemerkte sie ein lautes Rauschen. Ob nah oder fern war schwer zu sagen. Es war ein Brüllen und Tosen wie von einer johlenden Menge.
    Der Teufel fluchte.
    »Ist das der Wind?«, rief Memory.
    »Nein, Wasser«, rief der Teufel zurück. »Der Regen. Halt dich an irgendwas fest!«
    Das Universum aus Rauschen wurde zu einer Wand aus Wasser. Sie prallte mit der Wucht einer Eisenbahn auf die Piroge, riss sie hoch, schleuderte sie wieder in die Tiefe und zerrte sie unter die Oberfläche.
    ***
    »Ich hätte es mir denken müssen«, sagte der Teufel Stunden später bei Anbruch der Dämmerung.
    Sie kauerten in der Piroge, gegen eine umgestürzte Zypresse gestützt, und schöpften schmutziges Wasser.
    Ringsum war Nebel, dichter weißer Nebel. Die Sonne war aufgegangen und brachte ihn zum Leuchten. Es war, als schwebten sie im Innern einer Glühlampe.
    »Was jetzt?«, fragte Memory. »Wohin fahren wir?« Sie strich sich das Haar nach hinten und wrang es aus wie einen Lappen.
    Der Teufel deutete mit langem Hexenfinger nach vorn.
    Memory blickte in die Richtung und entdeckte ein Haus

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