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Der raffinierte Mr. Scratch: Roman (German Edition)

Der raffinierte Mr. Scratch: Roman (German Edition)

Titel: Der raffinierte Mr. Scratch: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Poore
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Engel fanden sich auf Anhieb zurecht. Sie beherrschten die Erde mit Zähnen und Klauen und interessierten sich ganz besonders für die zweibeinigen Affen, die erst kurze Zeit zuvor entstanden waren. Sie halfen diesen Affen beim Anbau von Getreide und Früchten und bei der Errichtung von Dörfern und Städten. Im Gegenzug beteten die Affen die Gefallenen als Götter an, und es wäre sicherlich eine tolle Zeit geworden, wären die meisten Gefallenen nicht reuig gewesen.
    »Wir sind keine Tiere«, sagten sie zu Luzifer. »Wir wollen zurück nach Hause, wenn Gott uns noch zu sich nimmt.«
    Arden, stellte Luzifer mit einem Anflug von Panik fest, war auch unter ihnen.
    »Das kann nicht dein Ernst sein!«, sagte er zu ihr.
    Sie lagen nackt an einem Fluss.
    »Es gefällt mir nicht, dass ich so empfinde«, gestand Arden. »Aber es ist mein Ernst. Und ich habe Angst.«
    »Wovor?«
    Arden nickte in Richtung des fließenden Wassers und sagte: »Davor.«
    »Davor« war ein Flusspferd, das soeben gebar.
    Sie beobachteten die ganze Angelegenheit vom ersten schleimigen, blutigen, schaumigen Anfang bis zum blutigen Ende, bis ein winziges neugeborenes Hippo-Baby in seinem eigenen Schleim umherschwamm und nach Luft schnappte.
    »Es ist schmutzig«, pflichtete Luzifer ihr bei. »Aber …«
    »Nein, warte, das ist nicht alles«, unterbrach Arden ihn. »Sieh hin.«
    Die Mutter und das Baby schwammen eine Zeit lang umher, wobei sie miteinander spielten. Dann kam ein weiteres Hippo durchs hohe Gras und die Untiefen herbeigestürzt. Es brüllte wütend und zeigte die mächtigen Hauer.
    Der Daddy.
    Der Hippo-Daddy stieß die Mutter beiseite und tötete das Baby mit einem einzigen Biss seiner mächtigen Kiefer.
    Arden zog die Beine an und vergrub das Gesicht hinter den Knien.
    »Was erwartest du?«, fragte Luzifer. »Das Baby wäre groß geworden und hätte sich zu einem Konkurrenten entwickelt.«
    »Das ist mir schon klar!«, schnappte Arden. »Es gefällt mir trotzdem nicht! Ich glaube nicht, dass ich das auf Dauer ertragen kann!«
    Luzifer konnte ihr Entsetzen verstehen. Lebende Dinge überlebten, indem sie andere lebende Dinge verzehrten. Ein bisschen Horror ging in Ordnung, fand Luzifer, doch Arden und viele andere zogen es vor, das Ganze aus der Ferne zu verfolgen, aus der kühlen, vornehmen Distanz des Himmels.
    Über das blutig rote Wasser hinweg erspähte Luzifer eine Karawane von Kriegern, die unterwegs waren, um andere Leute umzubringen. Plötzlich bekam er Angst. Lähmende Angst.
    »Ich verschwinde von hier«, sagte Arden.
    Sie sagte es ganz leise, als versuchte sie, jemanden behutsam mit einem Stock zu schlagen.
    ***
    Hinauf flogen sie – mehr als die Hälfte der Gefallenen. Der Himmel öffnete sich golden erstrahlend und nahm sie wieder auf.
    Luzifer war außer sich vor Wut und Empörung. Gott hatte ihm einen Tritt versetzt und ihn aus dem Himmel geworfen. Das schmerzte, aber er kam damit zurecht.
    Doch jetzt hatte Gott ihm auch noch die Freundin gestohlen.
    Luzifer brüllte vor ohnmächtigem Zorn.
    Er stand am Ufer des Flusses, knietief in Hippo-Blut, und tobte, schrie und weinte.
    Er war das erste unglückliche Wesen auf der Welt, das an gebrochenem Herzen litt.

10
Bluesmen
Louisiana, 1969
    Der VW -Bus wurde langsamer.
    Der Motor klapperte und spuckte Qualm.
    »Ich fahre rechts ran«, sagte Memory.
    »Okay«, sagte der Teufel und schüttelte den Schlaf ab.
    Memory steuerte den Bus auf die Grasbankette und ließ ihn ausrollen.
    Der Farmtruck, der die ganze Zeit vor ihnen gewesen war, kam rückwärts auf sie zu und hielt vor dem VW -Bus. Eine Tür ging auf, und eine hagere Gestalt erschien und schlüpfte hastig in einen Poncho.
    Memory und der Teufel stiegen aus, die Schultern gegen den Regen hochgezogen.
    Der Fahrer des Farmtrucks hatte grüne Augen, groß wie Suchscheinwerfer, und ein zerklüftetes Gesicht. Die Art von Gesichtszügen, die entweder hundsgemein oder liebenswürdig aussehen, je nach der Person, die sie trägt. Im Fall des Truckers waren sie freundlich.
    »Ich dachte mir gleich, dass ihr Probleme mit dem Motor habt«, sagte er. »Sonst hättet ihr mich sicher längst überholt. Richard Yeager.«
    »John Scratch« sagte der Teufel und schüttelte Yeager die Hand.
    »Memory«, sagte Memory.
    »Hi. Ich hab ein Kabel und eine Abschleppkupplung im Wagen. Ich kann euch bis nach St. Judy schleppen. Ihr habt zwar selbst einen Wagen im Schlepp, aber wir machen langsam. Wenn wir es bis dorthin schaffen, können sie euren

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