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Der raffinierte Mr. Scratch: Roman (German Edition)

Der raffinierte Mr. Scratch: Roman (German Edition)

Titel: Der raffinierte Mr. Scratch: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Poore
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auf Stelzen, mitten im Wasser, an Ort und Stelle gehalten von einer mächtigen, algenbewachsenen Ankerkette.
    »Wir sind da«, sagte der Teufel.
    ***
    Sie trieben zur Vorderseite des Hauses. Es gab eine Tür, eine halb verfallene Veranda und eine Stiege, die zum Wasser führte.
    Der Teufel packte die Stiege und zerrte probeweise daran. Das Boot schaukelte, das Haus ebenfalls.
    »Two-John Spade, komm heraus!«, rief der Teufel mit lauter Stimme. »Komm raus, Two-John Spade!«
    Was anschließend gesagt wurde und sich ereignete, erweckte in Memory den Eindruck, als wäre sie mitten in einer Geschichte gelandet, deren Ablauf längst feststand.
    Hinter einer rostigen Fliegentür tauchte eine schemenhafte Gestalt auf. »Va-t’en, Diable! Verschwinde, Teufel!«
    Und der Teufel erwiderte: »Two-John! Komm heraus, ich habe dir eine Wette anzubieten!«
    Ein Etwas, das wie eine Vogelscheuche aussah, erschien auf der Veranda. Eine große Vogelscheuche mit rotem Rauschebart, runder Nickelbrille und Haaren, so lang wie die des Teufels. Der Rest war verborgen unter Flanell, Jeansstoff und monströsen grünen Gummistiefeln.
    »Zweimal habe ich mit dir gewettet«, sagte Two-John. »Zweimal habe ich gewonnen. Welchen Grund sollte ich haben, noch einmal mit dir zu wetten? Du hast um meine Seele gewettet, dass ich es nicht schaffe, die 1963 er-Zuckerrohr-Queen ins Bett zu kriegen, aber ich hab’s geschafft. Und ihre Schwester gleich mit. Du musstest mir das Piratengold bringen. Ich hasse den Gedanken, dich arm zu machen, Teufel.«
    »Er hat dich reingelegt?«, fragte Memory den Teufel ungläubig.
    »Er hat mir Wein zu trinken gegeben«, erklärte der Teufel. » Guten Wein.«
    »Beim zweiten Mal, als wir um meine Seele gewettet haben«, fuhr Two-John fort, »hast du gesagt, es würde mir nicht gelingen, den Tod in meiner Gitarre zu fangen. Als ich es dennoch geschafft habe, musstest du mir eine drei Jahre anhaltende Glückssträhne gewähren. Ich fürchte, wenn du so weitermachst, geht dir die Magie aus.«
    »Ich bin nicht wegen deiner Seele gekommen«, sagte der Teufel. »Diesmal will ich dich! Ich möchte, dass du auf deiner Gitarre spielst und berühmt wirst. Ich möchte, dass du und sie hier …«, er deutete auf Memory, »dass ihr beide die berühmteste Band werdet, die es je gegeben hat.«
    »Ich habe dir schon einmal gesagt, ich habe allen Ruhm und alles Gold, wonach ich je gestrebt habe«, sagte Two-John Spade.
    Die Piroge war ein Stück von der Stiege weggetrieben und glitt nun unter der Ankerkette hindurch. Der Teufel zerrte kräftig daran, und das Haus erzitterte. Two-John blickte unbehaglich drein.
    »Los, geh deine Gitarre holen«, sagte der Teufel. »Ich stimme in der Zwischenzeit meine Fiedel, dann spielen wir beide. Wenn ich besser bin als du, verlässt du den Sumpf, gibst mir mein Gold zurück und spielst mit la jolie blonde , mit dieser hübschen Blondine hier. Wenn du besser spielst, kannst du das Gold behalten und kriegst meine Fiedel noch dazu.«
    Der Teufel nahm das in Leder eingeschlagene Bündel aus der Piroge und wickelte Old Ripsaw aus. Er hielt die Fiedel in den eigenartigen weiß leuchtenden Dunst und ließ sie in blutigen Farben erstrahlen. Das Wasser schimmerte rot.
    »Was für eine Torheit«, brummte Two-John Spade, doch sein Blick folgte der Fiedel wie hypnotisiert. Schließlich sagte er: »Also schön, es macht mir nichts aus, dein Geld und dein Glück zu nehmen. Aber ich nehme die Wette nur an, wenn du bereit bist, ein Glas Wein zu trinken. Sonst heißt es noch, Two-John Spade sei ein schlechter Gastgeber.«
    Der Teufel streckte die Hand aus und nahm ein großes Glas entgegen, das er am Boden der Piroge abstellte.
    Two-John ging ins Haus, um seine Gitarre zu holen.
    »Trink das bloß nicht!«, warnte der Teufel.
    » Du solltest es besser nicht trinken!«, erwiderte Memory und schob das Glas unter ihre Sitzbank.
    Es gab einen scharfen roten Blitz, und aus der Fiedel des Teufels war eine schicke rote Gitarre geworden.
    Der Teufel bearbeitete die Saiten so virtuos, als hätte er nie etwas anderes getan.
    ***
    Two-John Spade kehrte mit seiner eigenen Gitarre in der Hand zurück. Sie hatte die Farbe einer alten, vergessenen Scheune und war stellenweise, wo Fingernägel oder Plektrum das Holz getroffen hatten, völlig abgenutzt. Sie sah sehr alt und zugleich sehr lebendig aus, auf eine Weise, wie man es selten zu sehen bekommt.
    Two-John setzte sich auf die oberste Stufe der Stiege und schlug mit dem Daumen

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