Der raffinierte Mr. Scratch: Roman (German Edition)
Knie, um ihm ein wenig Privatsphäre zu geben.
Nach einer Weile fand seine Klauenhand ihren Kopf und streichelte über ihr Haar. Sie spürte, wie seine Knie zitterten.
»Es gibt m-mehr als nur eine Art von S-sucht«, flüsterte er schließlich.
Memory griff hinter sich, nahm seine Hand und drückte sie an ihre Wange.
Der Teufel kippte zur Seite und erbrach sich auf den billigen Teppich.
Wenigstens hatte er alles getan, um sie nicht zu treffen.
Liebesbeweise sind so zahlreich und unterschiedlich wie Sand am Meer.
***
Der Teufel war viel schlimmer dran als Memory.
»Es ist dieser Shit, den du genommen hast«, röchelte er aus dem Badezimmer, als seine dritte Schlacht mit der Diarrhö ihren Lauf nahm.
»Mach die Tür zu«, krächzte sie.
»Schlechter Shit ist einfach beim Entzug. Wahrscheinlich hast du Sägespäne geschossen.«
»Mach die Tür zu! Meine Güte, du stinkst! «
»Ich hab nur das b-beste Zeug genommen.«
»Aber du bist … du bist …«
»Der Teufel. Ich weiß. Vielleicht ist es nicht mehr das Gleiche wie früher, der Teufel zu sein.«
Memory hustete Schleim.
Sie trank ein wenig Milch und schaffte es, sie bei sich zu behalten.
»Mach endlich die Tür zu!«, verlangte sie erneut.
Der Teufel schloss die Tür.
***
Sie schwitzten sich durch zwei Sätze Bettwäsche.
Wenn sie heiß duschten, war ihnen hinterher zu heiß. Wenn sie kalt duschten, war ihnen zu kalt.
»Ich will mich einfach nur wohlfühlen!«, schluchzte Memory.
Sie fühlten sich beide wie Skelette. Manchmal lagen sie nebeneinander auf dem Bett und hielten sich fest. Es war nichts Intimes daran. Ihre Körper und Gedanken waren einander irgendwie fremd. Ihre Nerven waren widersprüchliche Signale, wie vom Mond. Manchmal wärmte sie die Berührung des Teufels. Ein andermal fühlte es sich an wie Spinnen.
Ihre Haut war feucht, und ihre Haare hatten sich aufgerichtet.
»Wie ein Truthahn vor dem Braten«, sagte der Teufel. »Daher der Ausdruck ›cold turkey‹ bei Leuten, die auf Entzug sind.«
»Klopf-klopf.«
»Wer ist da?«
»Warum hältst du nicht einfach die Klappe?«
***
Als die Milch und der Orangensaft aufgebraucht waren, meinte der Teufel, es wäre Zeit, etwas zu essen. Also zogen sie alle Sachen an, die sie hatten, einschließlich Sonnenbrillen und Hüten – auch den mit der Plastikblume –, und schlurften über den Highway zu dem kleinen Supermarkt. Sie kauften Chips und hartgekochte Eier.
Und weil sie tapfer waren, betraten sie das Restaurant unter dem Fiberglas-Sombrero, wo ihr Zittern gleichzeitigen Hitzewallungen wich. Sie zogen alles aus bis auf Shorts und T-Shirts und bestellten frittierte Eiscreme.
Sie behielten die Eiscreme tatsächlich bei sich.
Als sie zurückschlurften, stellten sie fest, dass sie ihre Einkäufe vergessen hatten. Sie schlurften noch einmal zurück und blinzelten in die Arizona-Sonne.
»Mir geht’s gut«, bemerkte Memory. »Na ja, fast.«
Dann kotzten beide ihre frittierte Eiscreme aus und tauchten wieder unter.
***
Der Teufel fühlte sich wohl in Memorys Gegenwart.
Sie fühlte sich irgendwie verlässlich an. Sie hatte eine Art von Beständigkeit, die er nicht verstand und die sie von anderen Sterblichen unterschied. Vielleicht war es das Singen, das sie miteinander verband. Er war schließlich auch einmal Sänger gewesen. Manchmal geriet er in Versuchung, sie auf eine bestimmte Art und Weise zu berühren, doch er schrak jedes Mal davor zurück. Sie machte ihm Angst. Zum einen, weil er ihr keine Angst machte, zumindest keine, die er hätte erkennen können, zum anderen wegen dem, was er nicht sehen oder fühlen konnte. Als wäre die Frau mit den verträumten Augen und dem enttäuschten Mund nur die Spitze eines Eisbergs, und als lauerte der gefährliche Rest von ihr hinter einer Ecke oder eingesperrt in einem Keller, wo er nur auf eine Chance wartete, zuzuschlagen.
Sie gingen jeder seiner eigenen Wege, sobald sie sich stark genug fühlten. Es war eine gewisse Verlegenheit dabei, als hätten sie ohne den Entzug und das Zittern und die Krämpfe keine Möglichkeit mehr, miteinander zu reden. Und so wurden gewisse Dinge nicht gesagt.
Als sie sich ein letztes Mal umarmten, bevor sie sich verabschiedeten und Memory in einen Greyhound-Bus stieg, während der Teufel sich in die Kennedy-Limousine setzte, wünschte Memory sich zu ihrem Erstaunen beinahe, sie könnten wieder zusammen krank sein.
Schon merkwürdig, welche Dinge Menschen aneinander binden.
***
Dr. Ray begrüßte sie
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