Der Raritätenladen
Der ledige Herr ließ sich jedoch hierdurch nicht im geringsten anfechten, sondern fuhr mit der größten Ruhe fort, das Tuch abzuwickeln, das um seinen Hals geschlungen war, und dann zog er die Stiefel aus. Befreit von diesen Beschwerlichkeiten schickte er sich an, auch die übrigen Kleider abzulegen, die er Stück für Stück zusammenfaltete und der Reihe nach auf dem Koffer ordnete. Dann ließ er die Jalousien herab, schloß die Fenstervorhänge, zog seine Uhr auf und begab sich ganz gemächlich und methodisch zu Bett.
»Nehmen Sie den Zettel herunter«, waren seine letzten Worte, als er noch einmal zwischen den Gardinen hervorsah, »und lassen Sie niemand zu mir, bis ich läute!«
Nach diesen Worten schlossen sich die Gardinen wieder, und unmittelbar darauf fing er an zu schnarchen.
»Das ist eine höchst merkwürdige und übernatürliche Sorte von einem Hause«, sagte Herr Swiveller, als er mit dem Zettel in der Hand wieder in das Bureau zurückkehrte. »Weibliche Drachen im Geschäft, die sich wie Fachleute benehmen; drei Fuß hohe Köchinnen, die geheimnisvoll aus der Erde auftauchen; Fremde, die hereinkommen und ohne Lizenz oder Erlaubnis am hellen Tage zu Bette gehn! Wenn er einer von den übernatürlichen Kerlen sein sollte, die hin und wieder auftauchen, und sich nun für zwei Jahre schlafen gelegt hat, werde ich mich in einer angenehmen Lage befinden. Doch es ist mein Geschick, und ich hoffe, Braß hat nichts dagegen. Wenigstens sollte es mir leid tun, wenn es nicht so wäre. In keinem Falle geht es mich etwas an, ich habe nicht im geringsten etwas damit zu schaffen!«
Fünfunddreißigstes Kapitel
Als Herr Braß wieder nach Hause kam, nahm er den Bericht seines Schreibers mit großem Wohlgefallen und höchster Zufriedenheit auf, erkundigte sich besonders angelegentlich nach der Zehnpfundnote, die seine gute Laune beträchtlich erhöhte, da sie sich bei genauer Prüfung als ein guter, gesetzlicher Schein der Bank von England erwies. In der Tat strömte er auch so sehr von Freigebigkeit und Herablassung über, daß er in der Überfülle seines Herzens Herrn Swiveller einlud, in jener fernen und unbestimmten Periode, die man gewöhnlich
mit dem Titel ›an einem der nächsten Tage‹ zu belegen pflegt, eine Bowle Punsch mit ihm zu leeren; dabei machte er ihm viele schöne Komplimente über seine ungewöhnliche Geschäftstüchtigkeit, die er am ersten Tage seiner Dienstzeit so offenkundig bewiesen hatte.
Es gehörte zu den Grundsätzen des Herrn Braß, daß die Gewohnheit, mit Komplimenten auszuzahlen, die Zunge eines Menschen ohne weitere Unkosten eingeölt erhalte, und da ein solches nützliches Glied bei einem Rechtsgelehrten nie in seinen Angeln einrosten darf, sondern im Gegenteil immer glatt und geschmeidig sein muß, so versäumte er selten eine Gelegenheit, sich durch schöne Reden und wohllautende Ausdrücke zu nützen. Dies war ihm auch so zur Gewohnheit geworden, daß sich, wenn man auch nicht gerade sagen konnte, er habe seine Zunge an den Fingerspitzen, doch mit Sicherheit behaupten ließ, sie befinde sich bei ihm überall, nur nicht im Gesicht; und dieses, wie wir bereits gesehen, hatte abstoßende, harte Züge, war nicht so leicht zu ölen und trotz aller glatten Reden finster, einem jener natürlichen Leuchttürme gleich, welche den Seefahrer vor den Untiefen und Brandungen der Welt oder der gefährlichen Meerenge der Jurisprudenz warnen und ihn ermahnen, nach einem weniger trügerischen Hafen zu spähen und sein Glück anderswo zu versuchen.
Während Herr Braß abwechselnd seinen Schreiber mit Komplimenten überschüttete und die Zehnpfundnote beäugelte, zeigte Miß Sally eine besondere Aufregung, und die war nicht einmal von angenehmer Art. Ihre juristischen Neigungen bestanden darin, ihre Gedanken kleinen Gewinnen und Mausereien zuzuwenden und ihre natürliche Weisheit zu wetzen und zu schärfen, weshalb sie es etwas mißliebig aufnahm, daß der ledige Herr das Logis so leicht und schnell erhalten hatte; denn, so erwog sie, da er einmal so sehr auf die Zimmer verses
sen war, so hätte man ihm wenigstens das Doppelte oder Dreifache des gewöhnlichen Preises abnehmen können, und Herr Swiveller hätte genau in demselben Verhältnis, in dem der Herr zu einem Abschluß drängte, zaudern sollen. Aber weder die gute Meinung des Herrn Braß noch die Unzufriedenheit von Miß Sally machten irgendeinen Eindruck auf unsern Ehrenmann, der die Verantwortlichkeit für diese und alle seine
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