Der Raritätenladen
die Ausführung desselben würde in Miß Sallys Departement fallen. Da er also nichts weiter sagte und den Wink ganz unbeachtet ließ, machte Herr Braß den Vorschlag, sie sollten miteinander die Treppe hinaufgehen und noch eine letzte Anstrengung machen, den Schläfer durch einige weniger gewaltsame Mittel zu wecken; wenn diese fehlschlügen, dann müßten entschieden kräftigere Maßregeln folgen. Herr Swiveller pflichtete bei, bewaffnete sich mit seinem Schreibebock und dem großen Lineal und verfügte sich mit seinem Brotherrn zu dem Schauplatze der Handlung, an dem Miß Braß bereits aus Leibeskräften mit einer Tischklingel läutete, ohne jedoch die mindeste Wirkung auf den geheimnisvollen Mietsmann hervorbringen zu können.
»Da sind seine Stiefel, Herr Richard«, sagte Braß.
»Jedenfalls ein paar ungemein hartnäckig aussehende Gegenstände«, versetzte Richard Swiveller.
Und wirklich, es war ein so plumpes und schwerfälliges Paar Stiefel, wie man es nur sehen konnte, so fest auf den Boden gepflanzt, als ob ihres Eigentümers Beine und Füße darin stäken und scheinbar mit ihren breiten Sohlen und plumpen Zehen ihren Standort mit Gewalt in Besitz hielten.
»Ich kann nichts als den Bettvorhang sehen«, sagte Braß, das Auge an das Schlüsselloch der Tür legend. »Ist es ein starker Mann, Herr Richard?«
»Sehr«, antwortete Dick.
»Es wäre außerordentlich unangenehm, wenn er plötzlich herausstürzte«, sagte Braß. »Haltet die Treppe frei! Ich würde ihm natürlich mehr als gewachsen sein, aber ich bin der Hausherr, und die Gesetze der Gastfreundschaft müssen respektiert werden. – Holla da! holla, holla, holla!«
Während Herr Braß, sein Auge neugierig in das Schlüsselloch bohrend, diese Töne vernehmen ließ, um die Aufmerksamkeit des Mietsmannes zu erregen, und Miß Braß von der Tischklingel fleißigen Gebrauch machte, schob Herr Swiveller seinen Schreibebock neben die Tür dicht an die Wand, stieg auf denselben und blieb bolzengerade darauf stehen, so daß der Mietsmann, wenn er einen Ausfall machte, wahrscheinlich in seiner ersten Wut an ihm vorbeischießen mußte; und nun eröffnete er mit dem Lineal ein ungestümes Bombardement gegen die obere Türfüllung. Ganz beherrscht von seinem Scharfsinn und auf die Sicherheit seiner Stellung vertrauend, die er nach der Methode derjenigen kühnen Individuen gewählt hatte, die an sehr besuchten Abenden die Parterre- und Galerietüren der Theater öffnen, ließ Herr Swiveller einen solchen Schauer von Schlägen herabregnen, daß der Lärm der Klingel ganz erstickt wurde und die kleine Dienstmagd, die unten an der Treppe stand, um bei der ersten Gelegenheit zu fliehen, sich die Ohren zuhalten mußte, um nicht auf immer taub zu werden.
Auf einmal klappte das Schloß von innen und die Tür flog mit Ungestüm auf. Die kleine Magd flüchtete sich nach dem Kohlenkeller, Miß Sally schlüpfte in ihr Schlafgemach, und Herr Braß, der sich nicht gerade durch persönlichen Mut aus
zeichnete, eilte auf die Straße; als er jedoch fand, daß ihm niemand mit einem Schüreisen oder einer andern gefährlichen Waffe folgte, steckte er die Hände in die Taschen und ging mit einem Male ganz langsam einher, indem er vor sich hin pfiff.
Mittlerweile drückte sich Herr Swiveller, der noch immer auf seinem Bocke stand, so platt als möglich an die Wand und sah nicht ganz unbefangen auf den ledigen Herrn hinunter, der sich brummend und auf eine entsetzliche Weise fluchend an der Tür zeigte, seine Stiefel in der Hand, die er anscheinend aufs Geratewohl die Treppe hinunterschleudern wollte. Dieser Gedanke kam jedoch nicht zur Ausführung, und als er sich, noch immer Rache schnaubend, seinem Zimmer zuwandte, begegneten seine Blicke denen des achtsamen Richard.
»Haben Sie diesen schrecklichen Lärm gemacht?« fragte der ledige Herr.
»Ich habe dabei geholfen«, antwortete Dick, kein Auge von dem andern verwendend und das Lineal leicht in seiner Rechten schwingend, als wolle er dadurch andeuten, was der ledige Herr zu gewärtigen habe, wenn er Gewalt versuche.
»Wie können Sie sich unterstehn, he?« fragte der Mietsmann.
Dick stellte als Antwort nur die Frage, ob der Mietsmann es mit dem Benehmen und Takt eines Gentlemans in Einklang bringen könnte, sechsundzwanzig Stunden in einem fort zu schlafen, und ob die Ruhe einer liebenswürdigen und tugendhaften Familie denn gar nicht in die Waagschale fiele.
»Gilt denn meine Ruhe nichts?« entgegnete der ledige
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