Der Raritätenladen
Aufforderung Folge zu leisten. »Ich muß mit euch sprechen. Kommt beide herauf!«
»So kommt denn, Tommy«, sagte der kleine Mann.
»Bin kein Freund vom Sprechen«, versetzte der andere, »sagt ihm das. Weshalb soll ich da hingehen und plaudern?«
»Seht Ihr nicht, daß der Herr eine Flasche und Gläser aufgetischt hat?« entgegnete der kleine Mann.
»Und hättet Ihr dies nicht gleich sagen können?« erwiderte der andere mit plötzlicher Behendigkeit. »Nun, worauf wartet Ihr noch? Soll der Herr einen ganzen Tag auf uns warten? Habt Ihr denn gar keine Manieren?«
Nach dieser Vorstellung schob sich der melancholische Mann, der kein anderer als Thomas Codlin war, an seinem Freunde
und Gewerbsgenossen, dem Herrn Harry, sonst auch Short oder Trotters genannt, vorbei und eilte vor ihm in die Wohnung des ledigen Herrn.
»Nun, meine Lieben«, begann der ledige Herr, »ihr habt eure Sache sehr gut gemacht. Womit kann ich euch aufwarten? Sagt dem kleinen Mann da hinten, er soll die Tür zumachen.«
»Könnt Ihr nicht die Tür zumachen?« sagte Herr Codlin, indem er sich barsch an seinen Freund wandte. »Ihr hättet, denke ich, wissen können, daß der Herr die Tür geschlossen haben will, ohne daß man es Euch sagen muß.«
Herr Short gehorchte, indem er zugleich vor sich hinmurmelte, sein Freund scheine ungewöhnlich verdrießlicher Laune zu sein und er hoffe nur, daß keine Milchkammer in der Nähe sei, da seine Stimmung leicht deren Inhalt gerinnen lassen könnte.
Der Herr deutete auf ein paar Stühle und gab den beiden durch ein nachdrückliches Kopfnicken zu verstehn, er erwarte, daß sie Platz nähmen. Die Herren Codlin und Short sahen einander eine Weile ziemlich unschlüssig und zweifelnd an und ließen sich endlich nieder, jeder auf die äußerste Kante des ihm angewiesenen Stuhles, und preßten ihre Hüte fest an sich, während der ledige Herr aus einer Flasche, die auf dem Tische neben ihm stand, ein paar Gläser füllte und sie in gebührender Form präsentierte.
»Die Sonne hat euch beiden ziemlich zugesetzt«, sagte ihr Wirt. »Seid ihr auf der Reise gewesen?«
Herrn Shorts Antwort bestand in einem bejahenden Kopfnicken und einem Lächeln. Herr Codlin bekräftigte dies gleichfalls durch ein Nicken und einen kurzen Seufzer, als ob er die Last des Tempels noch immer auf seinen Schultern fühlte.
»Vermutlich auf Messen, Preisrennen und Jahrmärkten?« fuhr der ledige Herr fort.
»Ja, Sir«, versetzte Short, »fast über den ganzen Westen von England.«
»Ich habe schon mit Männern eures Gewerbes aus dem Norden, Osten und Süden gesprochen«, entgegnete ihr Wirt etwas hastig, »aber nie ist mir früher einer aus dem Westen vorgekommen.«
»Unsere gewöhnlichen Sommerreisen gehen nach dem Westen«, sagte Short; »ja, so ists. Wir nehmen die Gegend östlich von London, im Frühling und im Winter, und den Westen von England bereisen wir im Sommer. Es gab im Westen drunten manchen harten Tagemarsch in Regen und Schmutz, ohne daß wir einen Penny verdienten.«
»Laßt mich Euer Glas wieder füllen.«
»Sehr verbunden, Sir; ich denke, ich will mirs gefallen lassen«, sagte Herr Codlin, plötzlich das seine hinstreckend und Shorts Glas beiseite schiebend. »Ich bin der Leidende, Sir, mag man auf der Reise sein oder zu Hause. In der Stadt oder auf dem Lande, bei nassem oder trockenem, bei heißem oder kaltem Wetter ist Tom Codlin der Leidende. Aber Tom Codlin ist nicht der Mann, der darüber klagt. O nein, Short mag sich beklagen, aber wenn Codlin nur ein Wörtchen murrt, ach du mein Himmel, dann nieder mit ihm, dann augenblicklich nieder mit ihm! Er darf nicht murren, das geht nun und nimmer!«
»Codlin ist kein unnützer Mensch«, bemerkte Short mit einem schalkhaften Blicke, »aber er hat nicht immer seine Augen offen. Er schläft bisweilen ein, müssen Sie wissen. Erinnert Ihr Euch noch an das letzte Wettrennen, Tommy?«
»Wollt Ihr nie mit Euren Kränkungen aufhören?« versetzte Codlin. »Es ist wohl anzunehmen, daß ich geschlafen habe, während fünf Schilling und zehn Pence in einem Rundgange gesammelt wurden, nicht wahr? Ich habe auf mein Geschäft geachtet und konnte meine Augen nicht auf zwanzig Orte
richten wie ein Pfau, ebensowenig wie Ihr es könnt. Wenn ich nicht scharf genug bin für einen alten Mann und ein junges Mädchen, so seid Ihr es auch nicht; also werft mir das nicht immer vor, denn schließlich trifft Euch so gut die Schuld wie mich.«
»Nun, Ihr könnt den Gegenstand
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