Der Raritätenladen
gesprochen habt. Ich kenne ihn, ein guter Kerl, aber exzentrisch, sehr exzentrisch. Auf die Gesundheit des Herrn ›Wie-heißt-er-doch‹!«
Kit tat auf diesen Toast Bescheid.
»Er wohnt in meinem Hause«, fuhr Dick fort, »wenigstens in dem Hause der Firma, bei der ich als eine Art von – von geschäftsführendem Associé beteiligt bin; ein schwieriger Kerl, wenn man etwas aus ihm herauskriegen will. Aber wir haben ihn gern, wir haben ihn gern.«
»Ich muß jetzt gehen, Sir, wenn Sie erlauben«, sagte Kit, indem er sich entfernen wollte.
»Beeilt Euch nicht so, Christoph«, versetzte sein Gönner, »wir wollen auf Eurer Mutter Gesundheit trinken.«
»Ich danke Ihnen, Sir.«
»Eine ausgezeichnete Frau, Eure Mutter, Christoph«, sagte Herr Swiveller. »Wer kam, vom Fall mich aufzuheben und küssend neu mich zu beleben? Meine Mutter. Eine prächtige Frau. Er ist ein freigebiger Mann! Wir müssen ihn dahin bringen, daß er etwas für Eure Mutter tut. Kennt er sie, Christoph?«
Kit schüttelte mit einem verschmitzten Blick auf den Frage
steller den Kopf, dankte für die Bewirtung und machte sich davon, ehe noch ein weiteres Wort gewechselt werden konnte.
»Hm!« sagte Herr Swiveller nachdenkend, »das ist sonderbar. Alles, was mit dem Hause Braß in Verbindung steht, ist in geheimnisvolles Dunkel gehüllt. Ich wills übrigens für mich behalten. Bisher hat jedermann und alle Welt mein Vertrauen geteilt, aber nun, glaube ich, will ich selbständiger Geschäftsmann werden. Sonderbar, sehr sonderbar.«
Nachdem Herr Swiveller mit ungemein weiser Miene eine Weile tief nachgedacht hatte, trank er noch einige Glas Bier, rief dann einen kleinen Jungen herbei, der ihm zugesehen hatte, goß die letzten paar Tropfen als Befeuchtung auf den Boden und hieß ihn die geleerten Krüge nebst seinem Kompliment in die Schenke zurücktragen, wobei er ihm vor allen Dingen einschärfte, ein nüchternes und mäßiges Leben zu führen und sich aller berauschenden und aufregenden Flüssigkeiten zu enthalten. Nachdem der ständige Großmeister der ›gloriosen Apollers‹ dem Knaben für seine Mühe diesen moralischen Rat erteilt hatte, der, wie er sich weislich ausdrückte, weit besser als ein Halbpence sei, steckte er die Hände in die Taschen und schlenderte weiter, noch im Gehen in seinen Betrachtungen fortfahrend.
Neununddreißigstes Kapitel
Obgleich Kit den ganzen Tag bis abends auf Herrn Abel warten mußte, so hielt er sich doch von dem Hause seiner Mutter fern, fest entschlossen, der großen Freude des kommenden Tages nicht vorzugreifen, sondern sie in ihrem vollen Ungestüm herankommen zu lassen; denn dieser Tag war die große und langersehnte Epoche seines Lebens: morgen endete sein erstes
Quartal, der Tag, an dem er zum erstenmal den vierten Teil seines Jahresgehaltes von sechs Pfund in der ungeheueren Summe von dreißig Schillingen in Empfang nahm. Morgen wollte er einen halben Feiertag machen, den er einem Wirbel von Vergnügen zu weihen gedachte, und der kleine Jakob sollte ein Theaterstück sehen und kennenlernen, was man unter einer Auster verstände.
Alle Arten von Zufällen vereinigten sich zugunsten dieser festlichen Gelegenheit; denn nicht nur hatten ihm Herr und Madame Garland bereits vorher angedeutet, daß sie von der großen Summe nichts für seine Ausrüstung abziehen wollten, sondern daß sie ihm dieselbe ungeschmälert in ihrer ganzen gigantischen Größe auszahlen wollten; nicht nur hatte der unbekannte Herr seinen Vorrat durch die Summe von fünf Schillingen vermehrt, die wie vom Himmel gefallen waren und die an sich schon ein Vermögen bildeten; nicht nur waren diese Dinge gekommen, ohne daß jemand darauf rechnen oder in seinen wildesten Träumen auf sie hätte hoffen können, sondern es war auch Barbaras Quartal, Barbaras Quartal an demselben Tage, und Barbara erhielt so gut wie Kit einen halben Tag Urlaub, und Barbaras Mutter sollte mit von der Partie sein und bei Kits Mutter Tee trinken, um ihre Bekanntschaft zu machen.
So viel ist gewiß, daß Kit an jenem Morgen fast bei Sonnenaufgang bereits zum Fenster hinausguckte, um zu sehen, nach welcher Richtung die Wolken zögen, und ohne Zweifel würde auch Barbara an dem ihrigen gestanden haben, wenn sie nicht bis tief in die Nacht hinein aufgeblieben wäre, um kleine Musselinstücke zu stärken, zu bügeln, zu falten und sie an andere Stückchen zu nähen, damit sie für den Putz des andern Tages ein großartiges Ganzes geben möchten. Trotzdem waren
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