Der Raritätenladen
keine langen Gegenreden, du Naseweis!« entgegnete Herr Chuckster; »geh hinein und sieh selbst zu. Oha! Willst du! Wenn das Pony mir gehörte, wollte ich ihm schon seinen Starrkopf brechen.«
»Haben Sie die Güte, nur recht vorsichtig mit ihm umzugehen«, sagte Kit, »Sie könnten es sonst etwas schwierig finden. Sie sollten es, bitte, lieber nicht an den Ohren zerren. Ich weiß, so etwas sagt ihm nicht zu.«
Herr Chuckster würdigte diese Vorstellung keiner weiteren Antwort, als daß er Kit mit einer stolzen und gemessenen Mie
ne einen »grünen Jungen« nannte und ihn ersuchte, sich zu packen und möglichst rasch wieder herauszukommen. Der ›grüne Junge‹ tat, wie ihm geheißen, und Herr Chuckster, der seine Hände in die Taschen steckte, versuchte den Anblick zu erwecken, als ob er sich um das Pony gar nicht zu kümmern brauche und nur zufällig draußen herumschlendere.
Kit kratzte seine Schuhe sorgfältig ab, denn er hatte die Achtung vor den Aktenbündeln und Blechkapseln noch nicht verloren, und pochte an die Bureautür, die alsbald von dem Notar selbst geöffnet wurde.
»Oh, nur herein, Christoph!« sagte Herr Witherden.
»Ist dies der Junge?« fragte ein ältlicher, aber wohlbeleibter Herr, der im Zimmer war.
»Dies ist der Junge«, sagte Herr Witherden. »Er traf an meiner Haustür mit meinem Klienten, dem Herrn Garland, zusammen, Sir. Ich habe Grund anzunehmen, daß er ein guter Junge ist, Sir, und daß Sie ihm aufs Wort glauben dürfen. Erlauben Sie mir, Ihnen Herrn Garland, seinen jungen Gebieter, vorzustellen, ein immatrikulierter Zögling und sehr intimer Freund von mir. Ein sehr intimer Freund von mir, Sir«, wiederholte der Notar, indem er sein seidenes Tuch aus der Tasche zog und sich damit das Gesicht fächelte.
»Ihr Diener, Sir«, sagte der fremde Herr.
»Jedenfalls der Ihrige, Sir«, versetzte Herr Abel sanft. »Sie wünschten Christoph zu sprechen, Sir?«
»Ja. Habe ich Ihre Erlaubnis?«
»O gewiß.«
»Mein Anliegen ist kein Geheimnis, oder wie ich vielmehr sagen wollte, braucht hier kein Geheimnis zu sein«, sagte der Fremde, als er bemerkte, daß Herr Abel und der Notar sich entfernen wollten. »Es bezieht sich auf einen Raritätenhändler, bei dem er in Dienst stand und für den ich ein angelegent
liches und warmes Interesse hege. Ich bin diesem Lande jahrelang fern gewesen, meine Herren, und wenn ich einen Verstoß gegen die üblichen Förmlichkeiten begehe, so hoffe ich auf Vergebung.«
»Vergebung ist nicht nötig, Sir, durchaus nicht«, versetzte der Notar, und Herr Abel sagte dasselbe.
»Ich habe in der Umgebung des Hauses, in dem sein alter Herr lebte, Nachforschungen angestellt und gehört, daß er von diesem Jungen bedient wurde. Ich habe das Haus seiner Mutter ausfindig gemacht und wurde von ihr hierhergewiesen, weil ich ihn in diesem Hause am ehesten finden könne. Dies ist der Grund meines Morgenbesuchs.«
»Ich freue mich jedes Anlasses, Sir«, entgegnete der Notar, »der mir die Ehre Ihrer Bekanntschaft verschafft.«
»Sir«, erwiderte der Fremde, »Sie sprechen wie ein reiner Weltmann, und ich halte Sie für etwas Besseres. Wenn ich daher bitten darf, so verschlechtern Sie nicht Ihren wahren Charakter, indem Sie mich mit nichtssagenden Komplimenten bewirten.«
»Hm!« räusperte sich der Notar, »Sie sprechen geradeheraus, Sir.«
»Und handle auch gerade«, versetzte der Fremde. »Möglich, daß meine lange Abwesenheit und mein Mangel an Erfahrung mich zu einer unrichtigen Folgerung führten, aber ich bin der Ansicht, wenn Leute, die geradeheraus sprechen, in diesem Teile der Welt schon selten sind, so dürften solche, die geradeheraus handeln, als noch größere Seltenheiten gelten. Wenn meine Sprache Sie beleidigt haben sollte, Sir, so hoffe ich, daß meine Handlungsweise den Fehler wiedergutmachen wird.«
Herr Witherden schien über die Art, wie der ältliche Herr den Dialog führte, etwas verblüfft zu sein, und Kit stierte ihn erstaunt mit offenem Munde an, neugierig, welche Sprache er
mit ihm reden würde, wenn er schon mit einem Notar so frei und ungezwungen umging. Er wurde in dieser Hinsicht bald befriedigt, denn der Herr wandte sich jetzt, zwar ohne Barschheit, aber doch mit einer Reizbarkeit und Hast, die in seinem Wesen zu liegen schien, an ihn und sagte:
»Wenn du glaubst, mein Junge, ich stelle diese Nachforschungen in einer andern Absicht an, als um denen, die ich suche, zu nützen und sie wieder zurückzuführen, so tust du mir das
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