Der Raritätenladen
sie bequem und gemütlich einzurichten.
In dieser Absicht begab er sich zu einem in der Nähe befindlichen Platze, auf dem alte Schiffsgeräte verkauft wurden, erstand eine gebrauchte Hängematte und befestigte sie nach Seemannsweise an der Decke seines Kontorhauses. Dann ließ er auch in dieselbe modrige Kajüte einen alten Schiffsofen setzen, dessen rostige Röhre den Rauch durch das Dach ableiten sollte; und sobald diese Vorkehrungen beendigt waren, überblickte er sie mit unaussprechlichem Entzücken.
»Ich habe jetzt ein Landhaus wie Robinson Crusoe«, sagte der Zwerg, seine Bequemlichkeiten verliebt betrachtend, »einen einsamen, abgeschiedenen Wohnort, der einer öden Insel gleicht, an dem ich meine Geschäfte allein betreiben kann, ohne von Spionen und Horchern behelligt zu werden. Niemand ist hier in meiner Nähe als Ratten, und das sind liebliche, schweigsame und heimliche Gesellschafter. Ich werde unter einem solchen Publikum so vergnügt wie eine Grille sein. Ich finde wohl eine darunter, die dem Christoph gleichsieht, und vergifte sie dann – ha ha ha! Aber die Geschäfte, die Geschäfte, wir dürfen inmitten des Vergnügens nicht der Geschäfte vergessen, und die Zeit ist wirklich heute morgen wie der Wind entflohen.«
Der Zwerg schärfte Tom Scott ein, seine Rückkehr abzuwarten, und verbot ihm unter Androhung der ausgiebigsten Qualen, sich in der Zwischenzeit auf den Kopf zu stellen, Purzelbäume zu machen oder auch nur auf den Händen spazierenzugehen, warf sich in ein Boot, setzte nach der andern Seite des Flusses über und eilte zu Fuß weiter, bis er Herrn Swivellers gewöhnliches Speisehaus in Bevis-Marks erreichte, in dessen düsterer Gaststube der genannte Herr sich eben zu einem Mittagsmahle niedersetzte.
»Dick«, sagte der Zwerg, den Kopf zur Tür hineinsteckend, »mein Liebling, mein Söhnchen, mein Augapfel, he he!«
»Ah, sind Sie es – wirklich?« entgegnete Herr Swiveller. »Wie befinden Sie sich?«
»Wie geht es, Dick?« erwiderte Quilp. »Was macht die Creme aller Schreiber, eh?«
»Je nun, sie wird etwas sauer, Sir«, versetzte Herr Swiveller. »In der Tat, sie fängt an ans Käsige zu grenzen.«
»Ei, was gibt es denn?« fragte der Zwerg nähertretend. »Hat sich Sally ungnädig erwiesen?
›Von allen Mädchen auf der Welt
Mir keine so wie …‹
Ists nicht so, Dick?«
»Nein, gewiß nicht«, antwortete Herr Swiveller, während er mit großer Würde sein Mahl verzehrte, »sie hat nicht ihresgleichen. Sally Braß ist die Sphinx des Privatlebens.«
»Sie sind übler Laune«, sagte Quilp, einen Stuhl heranziehend; »was ist denn vorgefallen?«
»Die Jurisprudenz vertrage ich nicht«, entgegnete Dick, »sie ist nicht feucht genug und hat zu viel Stubenhockerei. Ich bin willens davonzulaufen.«
»Pah«, erwiderte der Zwerg, »und wohin wollen Sie denn laufen, Dick?«
»Ich weiß es nicht«, antwortete Herr Swiveller. »Highgate zu, denke ich. Vielleicht rufen auch mir die Glocken: ›Kehr um, Swiveller, Lord-Mayor von London‹; Whittington hat auch Dick geheißen. Ich wünschte nur, es gäbe weniger falsche Katzen.«
Quilp sah seinen Gefährten mit Augen an, die in einem komischen Ausdruck von Neugierde zusammengekniffen waren,
und harrte geduldig der weiteren Erklärung. Herr Swiveller schien sich jedoch hiermit nicht beeilen zu wollen, denn er hielt ein sehr langes und schweigsames Mittagsmahl. Endlich schob er seinen Teller weg, lehnte sich in den Stuhl zurück, kreuzte die Arme und stierte mit einer Jammermiene auf das Feuer, in dem einige Zigarrenenden zu ihrem Privatvergnügen rauchten und einen würzigen Duft entsandten.
»Vielleicht ein Stückchen Kuchen beliebt?« fragte Dick, als er sich endlich an den Zwerg wandte. »Sie sind höflich dazu eingeladen. Warum auch nicht? Ist er ja aus Ihrem eigenen Backofen.«
»Was wollen Sie damit sagen?« fragte Quilp.
Herr Swiveller antwortete nur damit, daß er aus der Tasche eine kleine und sehr schmierige Papiertüte zog, diese langsam öffnete und ihr ein kleines Stück Pflaumenkuchen entnahm, das außerordentlich unverdaulich aussah und mit einem anderthalb Zoll dicken Zuckergusse bedeckt war.
»Was glauben Sie wohl, was das ist?« fragte Swiveller.
»Es sieht aus wie ein Hochzeitskuchen«, versetzte der Zwerg grinsend.
»Und von wem, glauben Sie wohl?« fragte Herr Swiveller weiter, indem er das Backwerk mit schrecklicher Ruhe an seiner Nase rieb. »Von wem?«
»Doch nicht …«
»Ja«, sagte Dick, »von
Weitere Kostenlose Bücher