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Der Raritätenladen

Der Raritätenladen

Titel: Der Raritätenladen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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durchführen könnte! Eine höchst schwierige Lage, um sie triumphierend überwinden zu können. Aber er hat einen solchen Strom von guter Laune, einen so bewunderungswürdigen Strom!«
    »Gute Nacht!« sagte der Zwerg mit einem nachdrücklichen Kopfnicken.
    »Gute Nacht, Sir, gute Nacht!« rief der Rechtsgelehrte, sich nach der Tür zurückziehend. »Dies ist ein erfreulicher Anlaß, in der Tat erfreulich. Ha ha ha! Oh, sehr prächtig, in der Tat, sehr prächtig, außerordentlich prächtig!«
    Herr Quilp wartete, bis die Ausrufe des Herrn Braß in der Ferne erstarben – denn er fuhr fort, sie die ganze Treppe hinunter entströmen zu lassen –, und wandte sich sodann an die zwei Männer, die noch in einer Art dumpfen Staunens dastanden.
    »Habt ihr den ganzen Tag den Fluß durchspürt, ihr Herren?« sagte der Zwerg, indem er mit großer Höflichkeit die Tür öffnete.
    »Und gestern auch, Herr.«
    »Ach du mein Himmel, da habt ihr ja recht viel Mühe gehabt. Ich bitte, betrachtet alles als euer Eigentum, was ihr finden könnt, an der – an der Leiche. Gute Nacht!«
    Die beiden Männer sahen einander an, hatten aber augenscheinlich keine Neigung, den Punkt jetzt weiter zu erörtern, und trollten sich aus dem Zimmer. Sobald Quilp in dieser Weise aufgeräumt hatte, schloß er die Tür und stellte sich, noch immer die Flasche unter den gekreuzten Armen und mit hinaufgezogenen Schultern, wie ein plötzlich erschienener Nachtmahr vor sein besinnungsloses Weib hin.

Fünfzigstes Kapitel
    Ehezwistigkeiten werden von den beteiligten Parteien gewöhnlich in der Form eines Dialogs abgemacht, zu dem die Dame mindestens die wohlgemessene Hälfte beiträgt. Diejenigen zwi
schen Herrn und Frau Quilp bildeten jedoch eine Ausnahme von dieser allgemeinen Regel; die dadurch veranlaßten Bemerkungen beschränkten sich auf ein langes Selbstgespräch seitens des Herrn Gemahls, vielleicht hin und wieder durch einen bittenden Ausruf der Dame unterbrochen, der jedoch nie mehr als eine einzige zitternde Silbe umfaßte und in dem demütigsten und unterwürfigsten Tone gestammelt wurde. Bei dem gegenwärtigen Anlasse wagte Madame Quilp geraume Zeit nicht einmal diese unbedeutende Verteidigung, denn nachdem sie sich von ihrer Ohnmacht erholt hatte, saß sie in einem tränenvollen Schweigen da und hörte geduldig auf die Vorwürfe ihres Herrn und Meisters.
    Dieser entledigte sich Herr Quilp mit der größten Lebhaftigkeit und Zungengeläufigkeit, obendrein aber auch noch mit so viel Verzerrungen seiner Glieder und seines Gesichts, das sogar sein Weib, die doch so ziemlich an seine Geschicklichkeit in dieser Hinsicht gewöhnt war, vor Entsetzen fast außer sich geriet. Aber der Jamaika-Rum und die Freude, den Seinigen einen so kräftigen Strich durch die Rechnung gemacht zu haben, kühlten allmählich Herrn Quilps Zorn ab, der aus seiner ungestümen Hitze allmählich in ein Höhnen und Kichern überging, auf dem er fest beharrte.
    »Du glaubtest, ich sei tot und dahin, nicht wahr?« sagte Quilp. »Du hieltest dich bereits für eine Witwe – wie? Ha ha ha! Du Metze!«
    »Wirklich, Quilp«, entgegnete sein Weib, »es tut mir sehr leid …«
    »Wer bezweifelt es?« rief der Zwerg. »Es tut dir sehr leid! Natürlich! Wer zweifelt daran, daß es dir sehr leid tut?«
    »Ich will damit nicht sagen, es tue mir leid, daß du gesund und wohl wieder nach Hause gekommen bist«, entgegnete sein Weib, »sondern es tut mir leid, daß ich mich zu einem sol
chen Glauben verleiten ließ. Es freut mich recht, dich zu sehen, Quilp, du darfst mirs glauben.«
    In der Tat schien sich auch Frau Quilp über den Anblick ihres Gatten weit mehr zu freuen, als man hätte erwarten sollen, wie sie denn auch einen Grad von Interesse an seinem Wohle an den Tag legte, der in Anbetracht der Dinge etwas rätselhaft war. Auf Quilp machte jedoch dieser Umstand keinen weiteren Eindruck, als daß er ihn veranlaßte, mit verschiedenen triumphierenden und verhöhnenden Grimassen dicht vor den Augen seines Weibes mit den Fingern zu schnippen.
    »Wie konntest du aber auch auf so lange fortgehen, ohne mir ein Wort zu sagen oder ohne etwas von dir hören zu lassen?« fragte das arme kleine Weib schluchzend. »Wie konntest du so grausam sein, Quilp?«
    »Wie ich so grausam sein konnte! Grausam!« rief der Zwerg. »Weil ich in der Laune war! Ich bin auch jetzt noch in dieser Laune. Ich werde grausam sein, wenns mir beliebt. Ich gehe wieder fort.«
    »O nicht doch!«
    »Ja, doch. Ich gehe

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