Der Raritätenladen
sich in einem Freudentaumel auf dem Boden.
Bald nachher langten sie vor dem Hause des Notars an, denn sie hatten den Zwerg nicht weit davon in einer Nebengasse getroffen, und Herr Braß stieg ab. Er öffnete mit melancholischem Gesicht den Kutschenschlag und ersuchte seine Schwester, ihn in das Bureau zu begleiten, damit man die guten Leute drinnen auf die Hiobspost, die ihrer harrte, vorbereiten könne. Als Miß Sally eingewilligt hatte, bat er Herrn Swiveller, sie zu begleiten. Sofort gingen sie in das Bureau, Herr Sampson Arm in Arm mit seiner Schwester, und Herr Swiveller allein hinterdrein.
Der Notar stand in dem Vorzimmer am Feuer und plauderte mit Herrn Abel und dem alten Herrn Garland, während Herr Chuckster an dem Pulte schrieb und gelegentlich einige Brocken von der Unterhaltung auffing. Herr Braß bemerkte diesen Stand der Dinge durch die Glastür, als er eben im Begriff war auf die Klinke zu drücken, und sobald er sah, daß der Notar ihn erkannt hatte, begann er schon vor der Tür den Kopf zu schütteln und schwer zu seufzen.
»Sir«, sagte Sampson, indem er seinen Hut abnahm und die Fingerspitzen seines rechten Biberhandschuhes küßte, »mein Name ist Braß, Braß von Bevis-Marks, Sir. Ich habe die Ehre und das Vergnügen gehabt, Sir, in einer kleinen Testamentsangelegenheit gegen Sie aufzutreten. Wie geht es Ihnen, Sir?«
»Wenn Sie in Geschäftsangelegenheiten kommen, so mögen Sie sich an meinen Schreiber wenden, Herr Braß«, sagte der Notar, ihm den Rücken zukehrend.
»Ich danke Ihnen, Sir«, versetzte Braß. »Jedenfalls sehr verbunden. Erlauben Sie mir, Sir, Ihnen meine Schwester vorzustellen – sie gehört ganz zu den Unsrigen, Sir, obgleich von dem schwächeren Geschlecht –, ich versichere Ihnen, Sir, sie ist mir von großem Nutzen in meinen Geschäften. Herr Richard, haben Sie die Güte vorzutreten, wenn es Ihnen beliebt. – Nein, nein, in der Tat«, fügte Braß hinzu, indem er ganz den Ton eines verletzten Mannes annahm und zwischen den Notar und dessen Privatbureau trat, in das sich der letztere zurückziehen wollte, »in der Tat, Sir, ich muß mit Ihrer Erlaubnis Sie um ein Wort oder zwei bitten.«
»Herr Braß«, entgegnete der andere mit entschiedenem Tone, »ich bin beschäftigt. Sie sehen, daß diese Herren meiner bedürfen. Wenn Sie Ihr Anliegen Herrn Chuckster dort eröffnen wollen, so wird er Ihnen jede Aufmerksamkeit widmen.«
»Meine Herren«, sagte Braß, indem er die rechte Hand an seine Weste legte und mit einem glatten Lächeln auf den jungen Garland und seinen Vater sah, »meine Herren, ich berufe mich auf Sie – in der Tat, meine Herren –, bedenken Sie, bitte, ich bin ein Mann vom Fach. Ich trage den Titel ›Gentleman‹ vermöge eines Parlamentsaktes. Ich behaupte diesen Titel durch jährliche Entrichtung von zwölf Pfund Sterling für das Zertifikat. Ich bin keiner von jenen Musikanten, Komödianten,
Bücherschreibern oder Bildermalern, die sich eine Stellung anmaßen, welche die Gesetze ihres Landes nicht anerkennen. Ich bin kein Vagabund, kein wandernder Komödiant. Wenn jemand eine Klage gegen mich vorbringt, so muß er mich Gentleman titulieren, oder seine Klage ist null und nichtig. Ich berufe mich auf Sie – ist das nicht eigentlich verletzend? In der Tat, meine Herren …«
»Nun, wollen Sie die Güte haben, Ihr Anliegen vorzubringen, Herr Braß?« unterbrach ihn der Notar.
»Jawohl, Sir«, versetzte Braß. »Ah, Herr Witherden! Sie kennen wenig von der – aber ich will mich nicht verlocken lassen, von der Hauptsache abzugehen, Sir. Ich glaube, der Name von einem dieser Herren ist Garland?«
»Von beiden«, entgegnete der Notar.
»Wirk-lich?« erwiderte Braß, sich tief verbeugend. »Ich hätte dies jedoch aus der ungemein großen Ähnlichkeit entnehmen können. Ich schätze mich in der Tat außerordentlich glücklich, die Ehre zu haben, zwei solche Herren kennenzulernen, obgleich der Anlaß ein höchst peinlicher ist. Einer von Ihnen, meine Herren, hat einen Diener, der Kit heißt?«
»Beide«, versetzte der Notar.
»Zwei Kits?« sagte Braß lächelnd. »Du mein Himmel!«
»Einen Kit, Sir«, entgegnete Herr Witherden ärgerlich, »der diese beiden Herren bedient. Was ist's mit ihm?«
»Das will ich jetzt sagen, Sir«, erwiderte Braß, indem er seine Stimme merklich sinken ließ. »Dieser junge Mensch, Sir, in den ich ein unbedingtes und schrankenloses Vertrauen setzte und den ich immer wie meinesgleichen behandelte, dieser junge Mensch
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