Der Raritätenladen
Garlandschen Familie auf, Sir«, versetzte Braß, immer weiter durch Hustenreiz unterbrochen. »Er ist nur ein einziges Mal nach Hause gekommen, Sir, seit dem Tage, als der Schlingel ins Verhör genommen wurde. Er teilte Herrn Richard mit, Sir, daß er es in dem Hause nach dem, was dort vorgefallen sei, nicht mehr aushalten könne, daß er sich unglücklich in seinen Mauern fühle und daß er gewissermaßen sich selbst als die Veranlassung zu diesem Vorfall betrachte. Ein ganz vortrefflicher Mietsmann, Sir. Hoffentlich verlieren wir ihn nicht!«
»Pfui!« rief der Zwerg, »Sie denken immer nur an sich! Warum schränken Sie sich nicht ein, scharren zusammen, häufen auf, sparen, he?«
»Ei, Sir«, entgegnete Braß, »auf mein Wort, ich glaube, Sara ist eine so gute Haushälterin, als man nur eine finden mag. Gewiß, Herr Quilp.«
»Feuchten Sie Ihren Ton an, netzen Sie auch das andere Auge, trinken Sie, Mensch!« rief der Zwerg. »Sie nahmen einen Schreiber, um mich zu verpflichten?«
»Gewiß, Sir, es macht mir zu jeder Zeit ein Vergnügen«, erwiderte Sampson. »Ja, Sir, es geschah Ihnen zu Gefallen.«
»Nun, dann können Sie ihn jetzt entlassen«, sagte Quilp. »Sie haben da mit einem Male ein Mittel, sich mehr einzuschränken.«
»Herrn Richard entlassen, Sir?« rief Braß.
»Haben Sie mehr als einen Schreiber, Sie Papagei, daß Sie so fragen? Ja?«
»Auf mein Wort, Sir«, versetzte Braß, »ich war hierauf nicht vorbereitet …«
»Wie hätten Sie es sein können, da ich es selbst nicht war!« höhnte der Zwerg. »Wie oft muß ich noch sagen, daß ich ihn
zu Ihnen brachte, um ihn stets im Auge zu haben, um zu wissen, wo er ist, und daß ich einen Anschlag, einen Plan, ein kleines, ruhiges Stückchen zu meiner eigenen Belustigung vorhatte, von dem der Rahm und die Quintessenz war, daß jener alte Mann und seine Enkelin, die vermutlich inzwischen zugrunde gegangen sind, von ihm und seinem köstlichen Freunde für reich gehalten wurden, während sie doch in der Tat so arm wie erfrorene Kirchenmäuse waren.«
»Ich begreife das vollkommen, Sir«, versetzte Braß. »Ich sehe klar in der Sache.«
»Wohlan, Sir«, entgegnete Quilp, »und begreifen Sie auch jetzt, daß sie nicht arm sind, daß sie es nicht sein können, wenn Leute wie Ihr Mietsmann das Land weit und breit nach ihnen durchsuchen und durchspähen?«
»Natürlich, Sir«, antwortete Sampson.
»Natürlich!« wiederholte der Zwerg, boshaft seine Worte aufschnappend. »Sie begreifen dann natürlich auch, daß es gleichgültig ist, was aus diesem Kerl wird? Und natürlich leuchtet Ihnen auch ein, daß er weder für mich noch für Sie zu einem andern Zwecke paßt?«
»Ich habe oft zu Sara gesagt, Sir«, versetzte Braß, »daß er im Geschäft durchaus nichts taugt. Man kann ihm nichts anvertrauen, Sir. Sie dürfen mir glauben, ich bin darauf gekommen, wie der Kerl in den gewöhnlichsten und geringfügigsten Geschäftsangelegenheiten, die ich ihm anvertraute, mit der Wahrheit herausplatzte, obgleich man ihn ausdrücklich gewarnt hatte. Der Bursche ist uns so beschwerlich geworden, Sir, daß Sie sich in der Tat gar keine Vorstellung davon machen können. Nichts, als die Achtung und die Verbindlichkeiten, die ich gegen Sie habe, Sir …«
Da es klar war, Sampson wolle sich jetzt in einem Strom von Komplimenten ergehen, wenn ihm nicht zeitig Einhalt ge
tan würde, klopfte ihn Herr Quilp höflich mit der kleinen Tasse auf den Kopf, indem er ihn zugleich verbindlichst ersuchte, das Maul zu halten.
»Praktisch, Sir, praktisch«, sagte Braß, indem er die getroffene Stelle rieb und lächelte; »aber doch ungemein spaßig – ungemein spaßig!«
»Wollen Sie mich anhören oder nicht?« versetzte Quilp, »oder Sie sollen mich gleich noch spaßiger kennenlernen. Es ist keine Wahrscheinlichkeit vorhanden, daß sein Freund und Kamerad wieder zurückkehrt. Der Halunke hat, wie ich höre, wegen irgendeines Schurkenstreichs flüchtig werden müssen und sein Heil im Ausland gesucht. Möge er dort verfaulen.«
»Gewiß, Sir, ganz recht. – Wirksam!« rief Braß, wieder nach dem Admiral blickend, als bildete dieser die dritte Person in der Gesellschaft. »Außerordentlich wirksam!«
»Ich hasse ihn«, murmelte Quilp durch die Zähne, »und habe ihn immer gehaßt aus Familienrücksichten. Außerdem war er ein Schuft, der nichts mit sich anfangen ließ, sonst hätte er von Nutzen werden können. Der andere Kerl ist feige und leichtsinnig. Ich brauche ihn nicht
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