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Der Raritätenladen

Der Raritätenladen

Titel: Der Raritätenladen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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hätte, als die Gesellschaft ankam, unter der sich der Handelsgärtner namens Cheggs befand. Herr Cheggs kam jedoch nicht allein oder ohne Beistand, denn er hatte klugerweise seine Schwester, Miß Cheggs, mitgebracht, die direkt auf Miß Sophia zuging, ihre beiden Hände ergriff, sie auf beide Wangen küßte und in hörbarem Flüstertone ›hoffte‹, daß sie doch nicht zu früh kämen.
    »Zu früh? Nein«, sagte Miß Sophia.
    »Ach, meine Liebe«, versetzte Miß Cheggs in dem gleichen Flüstertone, »ich bin so geplagt und gequält worden, daß we
nig gefehlt hätte, und wir wären schon heute nachmittag um vier Uhr hier gewesen. Alick war so ungeduldig, zu kommen! Können Sie es wohl glauben, daß er schon vor dem Mittagessen vollständig in Wichs war, alle Augenblicke auf die Uhr sah und ohne Unterlaß mich zur Eile drängte? Das ist ganz Ihre Schuld, Sie böses Ding.«
    Miß Sophia errötete, und Herr Cheggs, der in Damengesellschaft etwas blöde war, errötete gleichfalls, und Miß Sophias Mutter und Schwestern überhäuften Herrn Cheggs mit Höflichkeiten und Aufmerksamkeiten, um ein weiteres Erröten zu verhindern, und überließen Richard Swiveller sich selbst. Jetzt hatte der auf einmal, was er brauchte – nämlich einen Grund und Vorwand, sich zornig zu stellen; da er aber diesen Grund und Vorwand nur suchen wollte und nicht in Wirklichkeit zu finden hoffte, so wurde Richard Swiveller allen Ernstes zornig und hätte gern gewußt, was zum Teufel dieser Cheggs mit seiner Unverschämtheit wollte.
    Herr Swiveller hatte jedoch Miß Sophias Zusage für die erste Quadrille – denn Walzer und dergleichen waren, als zu gemein, gänzlich ausgeschlossen –, und so gewann er einen Vorteil über seinen Nebenbuhler, der verzweifelnd in einer Ecke saß und der anmutigen Gestalt der jungen Dame nachblickte, als sie sich durch das Labyrinth des Tanzes bewegte.
    Auch war dies nicht der einzige Vorsprung, den Herr Swiveller vor dem Handelsgärtner hatte; denn entschlossen, der Familie zu zeigen, was für einen Mann sie so geringschätzig behandelten, und vielleicht auch unter dem Einfluß seiner vor kurzem dargebrachten Libationen, entwickelte er solche Wundertaten der Gelenkigkeit und solche Wendungen und Wirbel, daß die ganze Gesellschaft in Erstaunen geriet, insbesondere aber ein sehr langer Gentleman, der mit einer sehr kleinen Schülerin tanzte und vor Bewunderung und Staunen
wie angenagelt stehenblieb. Selbst Frau Wackles vergaß für den Augenblick, drei kleine junge Damen zur Ruhe zu verweisen, die eine Neigung zu allzu großer Heiterkeit entwickelten, und konnte den Gedanken nicht unterdrücken, daß es in der Tat ein Stolz für die Familie sein würde, einen solchen Tänzer aufweisen zu können.
    In dieser bedeutungsvollen Krisis erwies sich Miß Cheggs als eine sehr brauchbare und tatkräftige Verbündete, denn sie ließ es nicht dabei bewenden, durch ein verächtliches Lächeln ihre Geringschätzung gegen Herrn Swivellers Vorzüge an den Tag zu legen, sondern benützte auch jede Gelegenheit, Miß Sophia Ausdrücke des Bedauerns und Mitleids ins Ohr zu flüstern, daß sie durch eine so lächerliche Person gequält werde. Sie sagte, sie hätte große Angst, Alick könnte in seiner maßlosen Wut über ihn herfallen und ihn durchprügeln; und sie bat Miß Sophia, doch nur einmal seine Augen anzusehen, die von Liebe und Wut glühten – Leidenschaften, die, nebenbei bemerkt, in seinen Augen keinen Platz mehr hatten und deshalb auch in seine Nase flüchteten und sie mit einem Purpurschein überzogen.
    »Sie müssen auch mit Miß Cheggs tanzen«, sagte Sophia zu Richard Swiveller, nachdem sie selbst zweimal mit Herrn Cheggs getanzt und seine Bewerbungen sehr augenfällig ermuntert hatte. »Sie ist ein so nettes Mädchen, und ihr Bruder ist ganz entzückend.«
    »So? Entzückend ist er?« murmelte Dick. »Selbst ganz entzückt, könnte man meinen, wenigstens der Art nach, wie er hierhersieht.«
    Hier steckte Miß Jane, die schon früher zu diesem Zweck instruiert worden war, ihre vielen Locken dazwischen und flüsterte ihrer Schwester zu, sie solle doch nur einmal hinsehen, wie eifersüchtig Herr Cheggs wäre.
    »Eifersüchtig? Nun, das sieht seiner Unverschämtheit gleich«, sagte Richard Swiveller.
    »Seiner Unverschämtheit, Herr Swiveller?« entgegnete Miß Jane, ihren Kopf schüttelnd. »Nehmen Sie sich in acht, daß ers nicht hört, Sir; Sie könnten es sonst bereuen!«
    »Ach, ich bitte dich, Jane …«,

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