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Der Raritätenladen

Der Raritätenladen

Titel: Der Raritätenladen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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erwiderte Miß Sophia.
    »Pah!« versetzte ihre Schwester. »Warum sollte Herr Cheggs nicht eifersüchtig sein dürfen, wenn er will? Mir gefällt das außerordentlich. Herr Cheggs hat ebensogut ein Recht, eifersüchtig zu sein, als jemand anders und vielleicht bald noch ein besseres, wenn es nicht etwa jetzt schon der Fall ist. Du mußt das am besten wissen, Sophia!«
    Obgleich dies ein zwischen Sophia und ihrer Schwester abgekarteter Handel war, dem die humanen Absichten und der Zweck zugrunde lagen, Herrn Swiveller zu einer schleunigen Erklärung zu veranlassen, so verfehlte er doch durchaus seine Wirkung. Denn da Miß Jane eine von jenen jungen Damen war, die vorzeitig schnippisch und keifend werden, so spielte sie ihre Rolle mit einer so übermäßigen Wichtigtuerei, daß sich Herr Swiveller grollend zurückzog, seine Geliebte Herrn Cheggs überließ und den genannten Gentleman mit herausfordendem Trotze betrachtete, der von diesem mit einem Blicke der Entrüstung erwidert wurde.
    »Haben Sie etwas zu mir gesagt, Sir?« fragte Herr Cheggs, ihm in eine Zimmerecke folgend. »Haben Sie die Güte zu lächeln, Sir, damit kein Verdacht auf uns falle! Haben Sie etwas zu mir gesagt, Sir?«
    Herr Swiveller blickte mit einem hochmütigen Lächeln nach Herrn Cheggs' Zehen, hob dann seine Augen von da nach seinen Knöcheln, von da zu seinem Schienbein, von da zu seinem Knie und so ganz allmählich weiter, wobei er sich immer an dessen rechte Hälfte hielt, bis er bei der Weste anlangte; nun
ließ er die Blicke von Knopf zu Knopf bis zum Kinn gleiten, wanderte geradeaus über die Mitte seiner Nase, bis er endlich bei den Augen anlangte, und sprach zum Schluß ganz kurz:
    »Nein, Sir.«
    »Hm!« räusperte sich Herr Cheggs, über seine Schultern in den Tanzraum blickend, »haben Sie die Gewogenheit, abermals zu lächeln! Vielleicht wünschten Sie mir etwas zu sagen, Sir?«
    »Nein, Sir; es kam mir keinen Augenblick in den Sinn.«
    »Vielleicht haben Sir mir jetzt etwas zu sagen, Sir?« sagte Herr Cheggs wütend.
    Bei diesen Worten verließen Richard Swivellers Augen Herrn Cheggs' Gesicht, indem sie von der Mitte seiner Nase auf seine Weste und über sein rechtes Bein hinabspazierten, bis sie abermals die Fußspitzen erreichten, auf denen sie eine geraume Weile haften blieben; dann machten sie eine Querwanderung, stiegen an dem andern Bein in die Höhe und näherten sich von dort aus, wie zuvor, wieder der Weste; als sie endlich aufs neue bei den Augen angelangt waren, sagte er:
    »Nein, Sir, gewiß nicht.«
    »Wirklich – nicht, Sir?« entgegnete Herr Cheggs. »Freut mich, dies zu hören. Vermutlich wissen Sie, wo ich zu finden bin, Sir, falls Sie mir etwas zu sagen haben sollten?«
    »Ich werde es leicht erfragen können, Sir, wenns mir darum zu tun ist.«
    »So haben wir uns, glaube ich, nichts mehr mitzuteilen, Sir?«
    »Nichts mehr, Sir.«
    Hiermit schloß die furchtbare Zwiesprache, indem die Beteiligten einander zornige Blicke zuwarfen. Herr Cheggs beeilte sich, Miß Sophia seine Hand zu reichen, und Herr Swiveller setzte sich, höchst übelgelaunt, in eine Ecke.
    Hart daneben saßen Frau Wackles und die ältere Miß Wackles, um dem Tanze zuzusehen; und gelegentlich gesellte sich Miß Cheggs zu ihnen, wenn ihr Tänzer gerade bei einer andern Figur des Tanzes beschäftigt war, und ließ die eine oder andere Bemerkung fallen, die wie Galle und Wermut in Richard Swivellers Seele träufelte. Sehr aufrecht und unbehaglich auf ein paar harten Stühlen saßen zwei von den Tagesschülerinnen, die beständig auf Mrs. und Miß Wackles blickten, von denen sie Aufmunterung erhofften. Und wenn Miß Wackles lächelte, und wenn Frau Wackles lächelte, so suchten die zwei kleinen Mädchen auf den Stühlen durch ein entsprechendes Lächeln deren Gunst zu erschmeicheln. Diese Aufmerksamkeit wurde aber dadurch gnädigst belohnt, daß die alte Dame ihnen einen niederschmetternden Seitenblick zuwarf und die Bemerkung beifügte, wenn sie sich wieder einer solchen Unverschämtheit schuldig machten, so sollten sie unter Geleit nach Hause geschickt werden. Diese Drohung veranlaßte eine der jungen Damen, die von sehr empfindlicher und schüchterner Gemütsart war, Tränen zu vergießen, für welches Verbrechen beide auf der Stelle mit einer so schrecklichen Pünktlichkeit fortgeschafft wurden, daß sich ein panisches Entsetzen der Seelen aller Zöglinge bemächtigte.
    »Ich habe so viel Neuigkeiten für Sie!« sagte Miß Cheggs, die abermals

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