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Der Raritätenladen

Der Raritätenladen

Titel: Der Raritätenladen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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Gegenteil, sehe ich nicht überall Gründe, es nicht zu tun? Da höre man nur! Ha ha ha! Ist es nicht ebenso natürlich spazierenzugehen und der Gesundheit nicht ebenso zuträglich? Ha ha ha! Ist es nicht ebenso natürlich, als wenn das Schaf blökt, das Schwein grunzt, das Pferd wiehert, der Vogel singt? Ists nicht ebenso, Mutter? Ha ha ha!«
    Es lag etwas Ansteckendes in Kits Lachen, denn seine Mutter, die früher ganz ernst ausgesehen hatte, verzog nun ihr Gesicht erst zu einem Lächeln, stimmte aber dann herzlich ein, was Kit zu der Bemerkung veranlaßte, er hätte wohl gewußt, daß es natürlich sei; und dann lachte er nur noch mehr. Da Kit und seine Mutter ziemlich laut dabei waren, weckten sie den kleinen Wiegen-Nubbles, der, als er bemerkte, daß etwas sehr Lustiges und Angenehmes vor sich gehen müsse, heftig zu strampeln und zu lachen begann, sobald ihn seine Mutter nur auf den Arm genommen hatte. Diese neue Beleuchtung seiner Argumentation kitzelte Kit so sehr, daß er gänzlich erschöpft in seinen Stuhl zurücksank, auf das Kind deutete, sich vor innerem Lachen schüttelte und dann wieder aufs neue losbrach. Nachdem er sich etlichemal wieder erholt und ebensooft einen Rückfall erlitten hatte, wischte er seine Augen, sprach das Tischgebet und hielt mit den Seinen ein lustiges Mahl, so spärlich dieses auch bestellt sein mochte.
    Unter mehr Küssen, Umarmungen und Tränen, als es viele junge Herren, die auf Reisen gehen und eine reich ausgestattete Heimat hinter sich lassen, für möglich halten würden – wenn es überhaupt der Mühe wert ist, eine so unbedeutende
Sache zu erwähnen –, verließ Kit am folgenden Tage zu früher Morgenstunde das Haus, um den Weg nach Finchley anzutreten, und war auf seine Erscheinung so stolz, daß er sicher hätte sein können, von Klein-Bethel exkommuniziert zu werden, falls er je ein Mitglied dieser trübseligen Gemeinde gewesen wäre.
    Wenn jemand neugierig sein sollte, zu erfahren, wie Kit gekleidet war, so möge hier kurz bemerkt sein, daß er keine Livree, sondern einen pffeffer- und salzfarbenen Rock, eine kanariengelbe Weste und eisengraue Beinkleider trug. Außer diesen Herrlichkeiten zeigte er sich auch noch in dem Glanze eines neuen Stiefelpaares und eines außerordentlich steifen, wachsleinenen Hutes, der, wo immer man auch mit den Knöcheln aufschlagen mochte, wie eine Trommel tönte. Und in diesem Anzuge begab er sich auf den Weg nach Abel-Cottage, ziemlich verwundert darüber, daß er so wenig Aufmerksamkeit erregte, was er übrigens der Gefühllosigkeit der Leute, die früh aufstehen, zuschrieb.
    Ohne auf seinem Wege einem merkwürdigeren Abenteuer zu begegnen, als daß er auf einen Jungen mit einem randlosen Hute – dem leibhaftigen Gegenstück zu seinem alten – stieß, mit dem er seine letzten sechs Pence teilte, kam Kit zur rechten Zeit beim Fuhrmann an und fand dort – zur ewigen Ehre der menschlichen Natur sei es gesagt – seine Truhe wohlbehalten vor. Nachdem ihm das Weib dieses makellosen Mannes den Weg zu Herrn Garlands Haus erklärt hatte, nahm er die Truhe auf seine Schultern und begab sich stracks dorthin.
    Abel-Cottage war ein schönes kleines Landhaus mit einem Strohdach und kleinen Türmchen an den Giebelenden, während einige der Fenster bunte Glasmalerei aufwiesen, deren Muster beinahe so groß wie Notizbücher waren. An dem Hause war ein kleiner Stall, gerade groß genug für das Pony, nebst
einem kleinen darüberliegenden Stübchen, das ganz für Kits Größe zu passen schien. An den Fenstern flatterten weiße Vorhänge und hingen Käfige, so blank, als wären sie aus lauterem Golde, in denen Vögel sangen; an jeder Seite des Weges und um die Tür herum zogen sich Reihen von Pflanzen, und der Garten prangte von Blumen in schönster Blüte, die nach allen Seiten ihre süßen Düfte entsandten und durch ihr buntes Farbenspiel bezauberten. Alles in und außer dem Hause schien das Nonplusultra von Reinlichkeit und Ordnung zu sein. Im Garten war nirgends ein Hälmchen Unkraut zu sehen, und nach einigen niedlichen Gartengerätschaften, einem Korb und ein paar Handschuhen zu schließen, die in einem der Gänge lagen, mußte der alte Herr Garland an demselben Morgen schon an der Arbeit gewesen sein.
    Kit blickte umher, wunderte sich, schaute wieder um sich und wiederholte dies ziemlich oft, ehe er sich entschließen konnte, seinem Kopfe eine andere Richtung zu geben und an der Klingel zu ziehen. Aber auch nach dem Klingeln fehlte es ihm

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