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Der Rattenfänger

Der Rattenfänger

Titel: Der Rattenfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James McGee
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Rückseite des Hauses. Seine Schritte hallten hohl auf den Holzdielen wider.
    Die Büros waren noch nicht geschlossen. Mit Akten und Papieren beladene Boten eilten im Licht der Kerzen durch die Korridore. In dem überfüllten Raum des Amts fand noch eine Gerichtsverhandlung statt, und der Vorsitzende folgte der Verhandlung mit einem Ausdruck äußerster Langeweile auf seinem asketischen Gesicht.
    Hawkwood zog seinen Reitmantel aus und ging die Treppe in den ersten Stock zum privaten Amtszimmer des Obersten Richters hoch. Vor der Tür legte er seinen Mantel über die Lehne eines Stuhls und klopfte dann einmal.
    »Herein!«, rief jemand in barschem Ton.
    In dem quadratischen, mit Eiche getäfelten Raum hingen mehrere Porträts: mürrische, wachsfarbene Gesichter von Amtsvorgängern in dunklen Anzügen. Vor den Vorhängen der hohen Fenster stand ein Schreibtisch und links von Hawkwood befand sich der hohe Kamin, der von zwei hochlehnigen Polstersesseln eingerahmt wurde und in dem Holzscheite loderten. Das hypnotische Ticken einer Standuhr in der Ecke betonte die feierliche Atmosphäre des Amtszimmers.
    Der silberhaarige Mann am Schreibtisch nahm von Hawkwoods Eintreten keine Notiz, sondern schrieb weiter. Allein das Kratzen seiner Feder über das Papier unterbrach die Stille.
    Hawkwood wartete.
    Schließlich blickte der Mann auf, stellte die Feder in das Tintenfass, ordnete seine Papiere und betrachtete Hawkwood kurz, ehe er fragte: »Die Operation gegen dieses Gant-Weib ist gut verlaufen, nehme ich an?«
    »Besser, als ich erwartet hatte«, sagte Hawkwood und erntete dafür nur ein Stirnrunzeln. »Ich hatte befürchtet, wir würden nicht nahe genug an sie herankommen, um ihrer habhaft zu werden. Vielleicht wird die Witwe auf ihre alten Tage nachlässig, denn sie hatte keine Aufpasser postiert.«
    Der silberhaarige Mann dachte kurz über diese Information nach, ehe er weiterfragte: »Ist sie in Gewahrsam?«
    »Ja. Zusammen mit ihrem schwachsinnigen Sohn. Die beiden sitzen in den Zellen gegenüber.«
    Seltsamerweise standen dem Bow-Street-Amt keine Häftlingszellen zur Verfügung. Deshalb gab es seit langem eine Vereinbarung mit dem Wirt des Pubs Brown Bear auf der anderen Straßenseite, der gegen eine geringe Gebühr als Zellen benutzbare Zimmer an die Behörde vermietete.
    »Ausgezeichnet«, lobte der Silberhaarige und nickte zufrieden. »Morgen werden wir uns um die beiden kümmern. Gab’s bei der Festnahme Probleme?«
    Hawkwood dachte an den Riss im Ärmel seines Mantels, antwortete jedoch: »Keine, mit denen ich nicht fertig geworden bin.«
    »Und was ist mit den Kindern?«
    »Ich habe dem Constable Anweisung gegeben, sie nach Bridewell zu bringen.«
    »Ins Arbeitshaus? Es wird den Kindern leicht fallen, von dort zu fliehen«, überlegte der silberhaarige Mann und seufzte. Dann stützte er sich mit den Handflächen auf die Schreibtischplatte und stand langsam auf.
    James Read hatte seit fünf Jahren das Amt des Obersten Richters inne. Er war mittleren Alters und sein adlerartiges Gesicht wurde durch das nach hinten gekämmte Haar noch betont. Seiner Position entsprechend kleidete er sich konservativ. Doch sein korrektes Erscheinungsbild war trügerisch, denn er besaß einen ziemlich trockenen, sogar sarkastischen Humor. In einem unterschied er sich jedoch von seinen vornehmen Vorgängern, die wie er mit Leib und Seele Richter gewesen waren: Er hatte die Erhebung in den Ritterstand, die mit diesem Amt verbunden war, abgelehnt. Ob aus Gleichgültigkeit dieser Ehre gegenüber oder wegen seiner Abstammung aus einer bescheidenen methodistischen Familie, sei dahingestellt.
    James Read durchquerte den Raum, stellte sich mit dem Rücken zum Kamin vor das lodernde Feuer und hob seine Rockschöße. »In diesem verdammten Haus zieht es wie in einer Scheune. Selbst jetzt, im Mittsommer, bin ich bis auf die Knochen durchgefroren.«
    Wortlos musterte er im flackernden Schein der Flammen Hawkwood, sein unmodisch langes Haar und sein kräftiges, beinahe arrogantes narbiges Gesicht. Es ist ein grausames Gesicht, mit diesen dunklen, grüblerischen Augen, dachte er. Manche Frauen aber finden es wahrscheinlich unwiderstehlich.
    »Ich habe einen neuen Auftrag für Sie«, sagte Read, jetzt mit ernster Miene, glättete seinen Rock und trat vom Feuer zurück. »Gestern Abend wurden bei einem Überfall auf eine Kutsche zwei Menschen getötet: der Wachmann und ein Passagier.«
    »Wo ist das passiert?«
    »Nördlich von Camberwell auf der

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