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Der Rattenfänger

Der Rattenfänger

Titel: Der Rattenfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James McGee
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interessiert mich nicht! Ich will wissen, für wen sie angefertigt wurde. Das ist doch ein Auftragswerk, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Für wen?«
    Isadore Knibbs zuckte bei Hawkwoods aggressivem Ton zusammen.
    »Na los, Mann. Raus damit!«
    Doch da kannte Hawkwood bereits die Antwort auf seine Frage.
    Am Abend des Balls hatte er dieses Wappen an den Türen und auf den Livreen der Lakaien gesehen. Wie hatte er das nur vergessen können?
    Das Familienwappen der Mandrakes zierte die Standuhr.

11
    Es war beinahe sechs Uhr, als Hawkwood beim Wirtshaus Four Swans ankam. Davor ging es zu wie in einem Taubenschlag, denn die Postkutsche war gerade angekommen. Passagiere stiegen aus, und überall im Hof verstreut lagen Gepäckstücke. Hawkwood drängte sich durch die Reisenden, und betrat den Schankraum.
    Er entdeckte Lomax nicht sofort und fragte sich, ob der Exdragoner bereits wieder gegangen war. Dann winkte ihm aus einer nur schwach beleuchteten Nische in der hintersten Ecke des Raums eine dunkel gekleidete Gestalt zu.
    »Schön, Sie zu sehen«, sagte Lomax zur Begrüßung und setzte sich wieder, als Hawkwood an den Tisch trat. Vor ihm standen ein Krug mit Ale und eine Schale mit den fettigen Resten eines Eintopfs. Daneben lagen Brotstücke und Butterstückchen auf einem Teller.
    Lomax sah an Hawkwood vorbei und winkte einer Serviererin. »Was möchten Sie trinken?«
    »Ich nehme auch ein Ale«, sagte Hawkwood.
    Lomax achtete nicht darauf, wie das Mädchen ihn anstarrte, und bestellte das Bier. Mit der linken Hand nahm er ein Stück Brot, wischte damit die Soße aus der Schale, schob es in den Mund und kaute genießerisch.
    »Hammel kann ich empfehlen, falls Sie etwas essen wollen«, sagte Lomax und leckte sich das Fett von den Fingern, ehe er sie an seiner Kniehose abwischte.
    Die Serviererin brachte Hawkwood das Bier. Er trank einen großen Schluck. Die Kerze auf dem Tisch war bis auf einem Stummel niedergebrannt und so konnte er Lomax’ Gesicht nur undeutlich sehen. Ihm fiel jedoch auf, dass er mit der verstümmelten Seite zur Wand saß. Nur wenn er den Kopf drehte, erkannte man die schrecklichen Narben.
    Fett tröpfelte über Lomax’ Kinn. Als er merkte, dass Hawkwood schnell den Blick abwandte, hob er die Hand und wischte sich völlig unbefangen mit dem Ärmel das Fett ab.
    »Beim Rasieren muss ich höllisch aufpassen«, sagte der Exdragoner und grinste. »Mein Kinn ist völlig taub. Ich könnte mir die Kehle durchschneiden und würde es erst merken, wenn mir der Kopf runterfällt.«
    Hawkwood konnte nicht anders, er musste lachen.
    Lomax grinste schief, hob seinen Krug und prostete Hawkwood zu. »Tod, wo ist dein Stachel? Hölle, wo ist dein Sieg?«
    »Amen!«, sagte Hawkwood. Allmählich gefiel ihm Lomax’ Sinn für Humor.
    Lomax stellte seinen Krug wieder ab und schob Schale und Teller beiseite. »Ich habe Ihnen eine Nachricht hinterlassen, weil ich eine Information für Sie habe.«
    Hawkwood trank einen Schluck Bier.
    »Es betrifft unsere Straßenräuber. Sie sind doch noch hinter ihnen her, oder?«
    »Ja, natürlich. Schießen Sie los.«
    Lomax zögerte kurz. »Ehrlich gestanden, weiß ich nicht, ob es etwas zu bedeuten hat. Es ist mir auch erst nach unserem letzten Gespräch wieder eingefallen. Einer der Passagiere hat etwas erwähnt, worüber ich mir damals keine Gedanken gemacht habe. Aber jetzt, im Nachhinein, kommt es mir merkwürdig vor.«
    »Und was war das?«
    Wieder zögerte Lomax. »Haben Sie heute noch was Dringendes vor?«
    Hawkwood dachte daran, dass er unbedingt mit Jago Kontakt aufnehmen müsse, aber das konnte warten, sollte Lomax tatsächlich einen wichtigen Hinweis haben. Er schüttelte den Kopf. »Nein. Warum?«
    Statt einer Antwort stand Lomax auf und warf eine Hand voll Münzen auf den Tisch. »Weil ich glaube, dass Sie und ich jemandem einen Besuch abstatten sollten.«
    »Wem?«
    »Dem Passagier, der diese Bemerkung fallen ließ, die mir wieder in den Sinn gekommen ist.«
     
    Reverend Septimus Fludde erinnerte Hawkwood an die Geier Spaniens und Südamerikas. Diese hässlichen, kreischenden Kreaturen mit kahlen Hälsen und gekrümmten scharfen Schnäbeln. Reverend Fludde bewegte sich sogar wie ein langbeiniger Vogel. Er stakste steif umher und sah mit seinem Rundrücken aus, als wollte er jeden Augenblick die Arme ausbreiten und sich flatternd in die Lüfte erheben. Und das Gefieder des Reverends – seine schwarze, geistliche Kutte – unterstrich diesen Eindruck.
    »Er ist ein

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