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Der Rattenfänger

Der Rattenfänger

Titel: Der Rattenfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James McGee
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Ich weiß eine Menge über Sie. Stellt sich die Frage, was Sie über mich wissen.«
    »Alles!« Hawkwood merkte sofort, dass er nicht überzeugend klang.
    »Oh, das bezweifle ich«, meinte Lee trocken und zupfte einen Tabakkrümel von seiner Unterlippe. »Sehr sogar.«
    »Wir wissen von dem Tauchboot«, sagte Hawkwood und fragte sich sofort, ob dieses Eingeständnis klug gewesen war.
    »Es hätte mich auch mächtig überrascht, wenn ihr das nicht wüsstet«, sagte Lee.
    Hawkwood fand die Unbekümmertheit des Amerikaners äußerst beunruhigend. Irgendwie hatte er das Gefühl, von Lee an der Nase herumgeführt zu werden. Warum trat Lee so verdammt großspurig auf?
    »Es bringt Ihnen nichts, wenn Sie mich umbringen lassen«, sagte Hawkwood. »Ich bin nicht der Einzige, der in diesem Fall ermittelt.«
    »Oh, das glaube ich Ihnen«, sagte Lee jovial. »Wirklich. Aber bis mir jemand auf die Spur kommt, ist es zu spät.«
    »Kann ich ihn jetzt endlich fertig machen?«, drängte Scully.
    »Geduld, Scully. Du kriegst schon noch deine Chance. Wie Sie sehen, Captain, kann Scully keine Officer ausstehen. Nicht wahr, Scully?«
    »Das sind alles Scheißkerle, jeder Einzelne. Egal, ob tot oder lebendig.«
    »Habe ich’s Ihnen nicht gesagt, Captain?«
    »Dieser Wahnsinnige gehört ins Irrenhaus, nach Bedlam«, sagte Hawkwood. »Wie kommt es, dass er für Sie arbeitet?«
    »Was hat er gesagt?«, wollte Scully wissen.
    »Dass er dich nicht mag«, sagte Lee. »Für ihn gehörst du ins Irrenhaus.«
    »Na, so was«, sagte Scully und verpasste Hawkwood einen Schlag ans Kinn. Ein paar Sekunden wurde es dunkel um den Runner. Hoffentlich hat er mir nicht den Kiefer gebrochen, dachte er, als er aus dem Nebel wieder auftauchte. Er fuhr sich prüfend mit der Zunge über seine Zähne. Ein paar hatten sich gelockert.
    »Die Abneigung scheint auf Gegenseitigkeit zu beruhen«, stellte Lee lakonisch fest.
    Genussvoll inhalierte der Amerikaner den Rauch seiner Zigarre. »In Le Havre wurde mir Scully von einem Matrosen empfohlen, der mit ihm an Bord desselben Schiffes war. Er hat mir erzählt, dass Scully die Themse wie seine Westentasche kenne und dass er von der Obrigkeit nicht viel hält. König Georg II. kann er auch nicht ausstehen. Da bin ich zu dem Schluss gekommen, dass das der richtige Mann für mich ist.«
    Als Scully selbstgefällig grinste, musste Hawkwood an einen Hund denken, der seinen Namen hört und daraufhin mit dem Schwanz wedelt.
    »Ich finde das zum Lachen«, sagte Scully. »Monatelang kommt mir kein Officer in die Quere und jetzt schnappe ich mir gleich drei auf einmal. Was bin ich doch für ein Glückspilz.«
    Es dauerte einen Moment, bis Hawkwood die Bedeutung dieser Worte verstand.
    »Du hast Warlock umgebracht«, sagte er dumpf.
    »Wer ist Warlock?«, fragte Scully dümmlich. »Ach, du meinst deinen Kumpel, den Runner. Mag sein – wenn du meinst. Und ich hab’s genossen.«
    Nur die Fesseln hinderten Hawkwood daran, Scully an die Gurgel zu springen. Er starrte Lee an und fragte: »Haben Sie ihn damit beauftragt?«
    Lee zog ein letztes Mal an seinem Stumpen und blies den Rauch in die Luft. Dann schüttelte er den Kopf. »Nein, mit dem Tod Ihres Kollegen habe ich nichts zu tun. Seine Lordschaft hat leider überreagiert. Nachdem Ihr Freund da einfach so reinplatzte, musste er doch etwas unternehmen.«
    Warlock hatte also wie ein guter Bluthund die Spur zu Lord Mandrakes Haus verfolgt und irgendwie die Verbindung zwischen dem Verschwinden des Uhrmachermeisters und Lees Plänen für den Bau eines Unterseebootes entdeckt. Nachdem er die Zeichnungen in seinem Stock versteckt hatte, war er entdeckt und umgebracht worden. Von Scully.
    »Und der alte Mann? Ist der auch tot?«
    »Der Uhrmacher?« Lee schüttelte wieder den Kopf. »Nein. Lebendig nützt er uns mehr als tot.«
    Aber Scully hat doch von drei Officers gesprochen, überlegte Hawkwood. Was hat er damit gemeint?
    Und plötzlich fiel es ihm wie Schuppen von den Augen.
    » Du warst es«, sagte er zu Scully. »Du hast die Postkutsche überfallen.«
    Als Exmatrose kannte Scully natürlich die Uniform eines Leutnants.
    »Du hast den Kurier erschossen und ihm die Hand abgehackt.«
    Scully grinste selbstgefällig. Das genügte Hawkwood als Antwort.
    William Lee verzog das Gesicht. »Ja, leider ist es zu dieser exzessiven Gewaltanwendung gekommen. Wir konnten doch nicht zulassen, dass die Konstruktionspläne den Jungs von der Admiralität in die Hände fallen. Oh, ich weiß, das

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