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Der Rattenfänger

Der Rattenfänger

Titel: Der Rattenfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James McGee
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besitzt auch noch einen ziemlich makabren Sinn für Humor.«
    Jago blickte ratlos von einem zum anderen.
    »Das Schiff, Nathaniel«, half ihm Hawkwood auf die Sprünge. »Er meint das Schiff.«
    »Ja, das Schiff, Sergeant«, fuhr James Read fort. »Wir dachten, Lees Aufgabe sei, die HMS Thetis zu zerstören. Sie liegt momentan in der Werft Deptford vor Anker. Wir sind bisher davon ausgegangen, dass der Angriff auf offener See oder zumindest erst in der Themsemündung stattfinden würde. Wir haben uns geirrt. Lees Anwesenheit in London und seine Andeutungen Hawkwood gegenüber, belegen das. Er wird nicht warten, bis die Thetis ausläuft, sondern will hier, mitten in London, das Schiff zerstören. Der Feind ist unter uns, Sergeant!«
    Jetzt begriff Jago. »Oh, verdammt!«, fluchte er leise.
    »Laut Admiral Dalryde läuft die Thetis am siebenundzwanzigsten aus«, ergänzte Hawkwood.
    James Read nickte. »Das ist heute, Hawkwood. Und mit dem Prinzregenten an Bord!«
    Hawkwood wollte widersprechen und sagen, das sei unmöglich. Doch je mehr er darüber nachdachte, umso mehr Sinn bekam das Ganze. Lees großspuriges Auftreten, seine spöttische Antwort, als Hawkwood ihm gesagt hatte, sie wüssten, was er mit der Thetis vorhabe, und seine letzte abschließende Bemerkung ließen nur eine Schlussfolgerung zu: Sie waren dem Amerikaner nicht einen Schritt voraus, sondern hinkten zwei Schritte hinterher.
    »Und es bedeutet, das Unterseeboot ist hier, mitten in London.«
    Schweigen senkte sich über den Raum.
    »Wo, verdammt noch mal, steckt dieses verfluchte Ding?«
    Der Oberste Richter stützte die Hände auf den Schreibtisch und stand auf. »Das, Hawkwood, müssen wir so schnell wie möglich herausfinden.«
    »Wo sollen wir denn mit der Suche beginnen? Dieses Teufelsding kann doch überall sein.«
    »Wir müssen genau überlegen und logisch vorgehen.«
    »Logisch?«
    »Ja, das Suchgebiet eingrenzen«, erklärte James Read. »Mr. Twigg, wir brauchen Stadtpläne. Holen Sie bitte Master Horwoods Pläne von der unmittelbaren Umgebung der Themse. Und zwar schnell!«
    »Der ist doch verrückt, wenn er glaubt, damit durchzukommen«, sagte Jago, als der Sekretär aus dem Büro eilte.
    »Er ist nicht verrückt, Sergeant«, widersprach James Read. »Stellen Sie sich die umgekehrte Situation vor und einer unserer Kapitäne hätte es geschafft, mit einem Schiff voller Sprengstoff die Seine hochzusegeln. Für uns wäre der Mann nicht verrückt, sondern ein Held!«
    Ich fände das nicht heldenhaft, sondern verdammt idiotisch, dachte Hawkwood. Es sei denn, er wäre erfolgreich.
    Welche Konsequenzen wird es haben, sollte Lee seinen teuflischen Plan realisieren?, überlegte er weiter. Wenn es ihm gelingt, mit seiner französischen Geheimwaffe ein britisches Kriegsschiff, das keinen Steinwurf vom Regierungssitz entfernt liegt, in die Luft zu sprengen, wird auf den Straßen Panik ausbrechen. Und aus Angst vor einem ähnlichen Angriff wird kein Schiff mehr den Hafen verlassen. Wie soll England die Meere beherrschen, wenn das Land nicht einmal in der Lage ist, seine eigenen Häfen und Flüsse zu schützen? Die Auswirkungen auf den Handel wären katastrophal. Und wenn die Franzosen eine ganze Flotte dieser Unterseeboote bauen, was dann? Wie kann sich England gegen diese tödliche Bedrohung wehren? Wie können wir unsere im Ausland stationierten Armeen dagegen aufrüsten?
    Napoleon hatte schon vor Jahren versucht, England zu besiegen, als er im Jahre 1806 eine Kontinentalsperre gegen das Land verhängte. In allen Häfen des Kontinents sollten die Einfuhren britischer Waren vereitelt werden. Darauf hatte England in Kopenhagen die Auslieferung der dänischen Flotte erzwungen und somit die Abriegelung der Ostsee verhindert. Nur solange England Herrscherin über die Meere blieb, würde Napoleons Plan fehlschlagen. Sollte es jedoch einem einzigen Unterseeboot gelingen, die gesamte britische Marine lahm zu legen, würde der Kaiser von Frankreich wieder aufatmen können. Das Gleichgewicht der militärischen Kräfte stand auf dem Spiel, und mit ihm die ganze Nation.
    In diesem Moment betrat Ezra Twigg mit mehreren Stadtplänen unter dem Arm das Amtszimmer. Da auf dem Schreibtisch nicht genug Platz war, breitete er die Pläne auf dem Boden aus. Aus der Vogelperspektive bot sich so den Männern ein Blick auf die Themse und die angrenzenden Gebiete.
    Hawkwood verzweifelte beim Anblick dieser riesigen Fläche: Fast achtzehn Kilometer Schifffahrtswege, ganz zu

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