Der Raub des Wikingers
verlassen, deshalb war keine Zeit, wohlschmeckenden Proviant aus Ingriths Speisekammer einzupacken«, erklärte Tyra, ehe ihr aufging, wie rechtfertigend das klang. »Hast du gedacht, dass wir zu Hause immerzu stinkenden Käse essen?«
Er nickte und lächelte.
Tyra boxte ihn hart auf den Arm, sodass er zusammenzuckte. Nun, so hart war es nicht gewesen, er neckte sie nur.
»Ich dachte, ihr würdet euch vor allem von sauren Äpfeln, Pilzen und zähem Bärenfleisch ernähren. Das passt besser zu deiner Erscheinung als -«, er warf einen Blick auf seinen Teller, » - Erdbeeren in süßer Sahne.« Er steckte den Zeigefinger in die Sahne und suchte eine dicke Erdbeere heraus. »Hier.« Er bot sie ihr mit zwei Fingern an.
»Nein, ich möchte nicht... oh, du Ferkel...« Sie öffnete den Mund, weil die Sahne jetzt von seinen Fingern auf den Tisch tropfte. Leider zog er seine Finger nicht sofort wieder aus ihrem Mund, sondern Heß sie die Sahne ablecken, ehe er sie zurückzog.
Während sie kaute, tauchte er die Finger in eine Schale mit Wasser und trocknete sich dann die Finger ab. Die ganze Zeit beobachtete er sie beim Kauen. »Himmel«, bemerkte er, »du hast einen bemerkenswerten Mund.«
Tyra wusste nicht genau, was er damit meinte, spürte aber, dass das ein Kompliment war. Natürlich war es eins. Wie konnte es etwas anderes sein, wenn er sie dabei so hungrig ansah?
»Mein Mund ist zu groß, wie du sehr gut weißt«, fuhr sie ihn an.
Er schüttelte langsam den Kopf. »Er hat genau die richtige Größe.«
.»Zum Essen?«
Er lachte. »Nein, nicht zum Essen.«
»Meine Schwestern...«, wechselte sie das Thema, um ihn davon abzubringen, sie so anzustarren. »Was hältst du von meinen Schwestern? Sie sind sehr schön, nicht wahr?«
Er lächelte, als er ihr Ausweichmanöver durchschaute, doch dann sah er sich um und betrachtete ihre Schwestern. Zuerst Ingrith, die unverkennbar nordisch war. Sie war groß, schlank und tüchtig und trug die langen blonden Haare zu Zöpfen geflochten über einem blauen Gewand. Als Adam sie betrachtete, sah sie auf, unterbrach ihre Anweisungen an den Küchenjungen, wie er das Bier richtig nachschenken sollte, und lächelte.
Es versetzte Tyras Herz einen Stich, als sie den Blick zwischen den beiden bemerkte. Wenn sie ihre eigene Aufmachung bedachte, schämte sie sich: Sie trug eine braune Wolltunika zu braunen Lederhosen. Die Sachen waren sauber und aus gutem Stoff, aber kein bisschen weiblich. So wollte sie sich anziehen - als Beispiel für ihre Männer. Zumindest hatte sie sich das eingeredet.
Während sie nachdachte, war Adams Blick zu Vana geglitten, die gerade über einen Tisch gebeugt stand und vergossenes Bier aufwischte und dabei einen Hund aus der Tür scheuchte - sie hatten bei den Mahlzeiten keinen Zutritt ins Haus. Gleichzeitig schalt sie einen Kämpfer, der sich wahrscheinlich die fettigen Finger an einem der Tischtücher abgewischt hatte, mit denen sie die Tafeln gedeckt hatte. Vana wäre die reinste Pest wegen ihres Putzfimmels gewesen, wenn ihre kühle, nordische Schönheit das nicht wieder wettgemacht hätte.
In dem Moment kam Rafn vorbei und drängte Vana an die Wand. Rafn war ein guter Kämpfer und Tyras rechte Hand im Krieg, aber in Vanas Händen wurde er zu Wachs.
Gerade stützte er eine Hand gegen die Wand und drehte mit der anderen eine weißblonde Locke um seinen Zeigefinger. Vana lachte über etwas, das er gesagt hatte. Wenn Tyra wie durch ein Wunder doch heiraten würde, wären Vana und Rafn sofort ebenfalls ein Paar, so sehr waren sie ineinander verliebt.
Dann gab es da noch Breanne, die gerade in die Halle kam. Wenn Breanne mit ihrer Baukunst beschäftigt war, trug auch sie Männerkleidung, aber zu passenden Gelegenheiten wie heute erschien sie ganz als Frau. Sie hatte sich die roten Locken mit einem Goldkettchen zurückgebunden und trug ein bernsteinfarbenes Kleid in fränkischem Stil ohne Schürze. Breanne sah umwerfend aus, und jeder Mann im Saal hätte sie gerne genommen.
Jetzt näherte sich Drifa ihnen und schwang dabei provozierend die Hüften. Im Licht der Kerzen blitzten silberne Funken in Drifas schwarzen Haaren. Drifa war immer schon menschenscheu gewesen, und sie senkte die Augen, als einer der Soldaten, den ihre Schönheit beeindruckte, ihr eine Frage stellte. Ihre jadegrünen Augen passten zu der Farbe ihres Kleides. Als Drifa an ihren Tisch kam, arrangierte sie rasch noch die Blumen in der Vase, und Adams Augen funkelten amüsiert. Alle
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