Der Raub des Wikingers
einen Trunk und riet ihm, das Bier wegzulassen, woraufhin dieser ihm erklärte, dann lieber weiter Luft im Bauch zu haben.
Ernster war der Fall des Schäfers Kolbein, der ihn wegen Schmerzen in der Brust aufsuchte. Adam musste ihm sagen, dass er seine Herzerkrankung nicht heilen konnte, aber er riet ihm, ein Wolfsmilchgewächs bei sich zu tragen. Eine milde Dosis des getrockneten Krautes mit Wasser verdünnt konnte als Stimulans dienen, wenn das Herz zu schlagen au f hören sollte. Außerdem verbot er dem Mann schwere Anstrengungen.
Rashid befand sich die ganze Zeit an Adams Seite und hielt Salben, Geräte und Medizin bereit. Er war als Assistent von unschätzbarem Wert, und das sagte Adam ihm jetzt.
»Bedeutet das, dass Ihr mir wegen des Harems nicht länger böse seid?«
»Das kommt darauf an. Wenn du immer noch daran denkst, mir einen Harem einzurichten, dann bin ich noch ärgerlich. Wenn du ihn für dich selber willst, dann ist es mir egal. Außer dass Allah über deine verrückte Seele wachen möge.«
Lachend gingen sie zur Tür. Für Oktober war es ein warmer, sonniger Tag, und sie beschlossen, das schöne Wetter zu einem Spaziergang zu nutzen. Tykir und Alinor gesellten sich unterwegs zu ihnen.
»Seht euch das an«, rief Adam. »Ich habe noch nie eine solche Blütenpracht an so einem Ort gesehen.«
»Du solltest es mal im Frühling sehen«, bemerkte Alinor dazu. »Dann blühen überall Blumen in allen Farben des Regenbogens. Es ist wirklich hübsch hier.«
»Genau«, kommentierte Rafn abschätzig. Er war mit einem Arm voller Speere zu den weiter weg gelegenen Übungswiesen unterwegs. »Hat man je von einer Wikingerfestung gehört, die hübsch ist? Es ist demütigend. Viele Norweger lachen über uns.«
Alinor ging fort, um mit Drifa über ein paar Pflanzen zu sprechen, die anderen folgten R afn.
»Warum rennen die Männer da im Kreis?«, erkundigte sich Adam bei Rafn. Auf der Wiese waren viele Gruppen mit verschiedenen Übungen beschäftigt: Speerwurf, Schwertkampf, Bogenschießen und Messerwerfen. Doch um den Rand des Feldes liefen ein paar Männer einfach nur in langsamem Dauerlauf.
»Ich weiß, warum«, verkündete Rashid, ehe Ty ki r eine Chance hatte zu antworten. »Ingriths fettes Essen bekommt den Wikingermägen nicht. Tyra sagt, ihre Männer würden zu dick. Heute hat sie an Bolli einen Kugelbauch bemerkt. Er hat gestern sechs Törtchen mit Vanillecreme gegessen. Tyra hat sich darüber sehr aufgeregt und gesagt, wenn sie wie Ackergäule essen wollten, müssten sie auch wie Pferde rennen.«
Adam und Tykir wechselten einen amüsierten Blick.
»Nun, da hat sie nicht Unrecht«, sagte Tykir. »Ich muss zugeben, dass es zu meiner Zeit nur wenige dicke Wikinger gab. Und die, die ich sah, waren keine Kämpfer.«
»Das sieht Tyra ähnlich«, kommentierte Adam trocken. »Vielleicht führt sie damit eine neue Mode ein.«
Lachend schüttelten sie die Köpfe über die stämmigen
Nordmänner, die keuchend an ihnen vorbei trotteten und dabei schwitzten wie ... Ackergäule.
Dann sah Adam Tyra. Sie kämpfte mit dem Schwert gegen einen Mann, der einen halben Kopf größer war als sie und deutlich mehr Muskeln hatte. Das Breitschwert der Wikinger war zum Stoßen und Parieren ungeeignet, dafür war es zu schwer. Stattdessen schwangen die Gegner es, um zuzuhacken und die Haut zu ritzen oder den Gegner zu enthaupten, wenn genug Kraft hinter dem Schlag war.
Tyra hielt sich bewundernswert. Gut, sie taumelte zurück und fiel auch einmal auf ihren Hintern, aber das ging ihrem Gegner genau so. Schweiß lief ihr über das Gesicht und klebte ihr die Haare, die ihr als Zopf über den Rücken hingen, eng an die Kopfhaut, und einzelne Strähnchen hingen ihr ins Gesicht. Der Kampf erschöpfte sie, aber das hielt sie nicht ab, heftig zu kämpfen.
»Was für eine Kämpferin!« Tykir sah bewundernd zu Tyra hinüber.
»Was für eine Frau!«, setzte Adam hinzu, ohne nachzudenken. Ty ki r grinste ihn an.
Dabei hatte er doch nur eine vernünftige Beobachtung gemacht. Tyra trug eine ärmellose Ledertunika, die von einem breiten Gürtel in der Mitte gehalten wurde. Ihre Beine waren bloß bis auf die geschnürten Fellstiefel. All die nackte Haut an den schlanken Armen und langen, wohlgeformten Beinen bedeuteten für Adam Frau, nicht Kämpferin. Doch er entschied sich, das Tykir nicht zu erklären, denn der grinste jetzt schon so.
In dem Moment kam Alrek vorbei gerannt, verfolgt von Tykirs Sohn Thork. Ihr lautes Gelächter
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