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Der Rauchsalon

Der Rauchsalon

Titel: Der Rauchsalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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hinein. Stimmt mit der
Tür irgend etwas nicht?«
    »Ich habe natürlich sofort, als wir vom
Tod Ihres Onkels erfahren haben, meinen Diener beauftragt, die Türe
abzuschließen«, erwiderte Sarah gelassen.
    »Würden Sie ihm dann freundlicherweise
auftragen, daß er sie wieder aufschließt?«
    »Selbstverständlich. Sobald Mr.
Protheroe mit dem anderen Testamentsvollstrecker hier eintrifft. Ich nehme an,
Sie haben für ein Treffen hier bereits die nötigen Vorkehrungen getroffen?«
    »Protheroe? Dieser alte — aber ich habe
nie — «
    Der Neffe begann wie ein wütender
Truthahn zu kollern. Sarah griff nach der kleinen silbernen Glocke neben ihrem
Ellbogen. Charles, der ganz in der Nähe auf Abruf bereitstand und die
Vorstellung sichtlich genoß, eilte sofort herbei.
    »Sie haben geläutet, Madam?«
    »Charles, würden Sie bitte bei den
Protheroes anrufen? Richten Sie ihnen viele Grüße von mir aus, und erkundigen
Sie sich, ob Mr. Protheroe beabsichtigt, heute morgen hier hereinzuschauen.
Falls ja, finden Sie bitte heraus, wann wir ihn erwarten können, und geben Sie
die Information an Mr. Quiffen weiter. Mr. Quiffen wird dann entweder einen
Termin mit Ihnen vereinbaren und später wiederkommen oder hier in der
Bibliothek warten wollen, je nachdem, was Mr. Protheroe zu tun beabsichtigt.
Wenn er es vorzieht zu warten, soll Mariposa ihm Kaffee servieren. Und jetzt,
Mr. Quiffen, darf ich Sie bitten, mich zu entschuldigen, ich habe noch zu tun.«
    Es machte Sarah nicht einmal Freude,
diesen nicht besonders sympathischen Herrn, der so offensichtlich erwartet
hatte, einfach hereinzuplatzen und sie zu überfahren, ihre Überlegenheit spüren
zu lassen. Sie hatte Charles die Morgenzeitungen kaufen lassen und mußte
feststellen, daß alles, was sie befürchtet hatte, eingetroffen war. Die
Reporter hatten alle Register gezogen. Der verstorbene Barnwell Quiffen war vor
den Zug »gefallen oder gesprungen«. Und natürlich wurde überall erwähnt, daß er
bei jener Sarah Kelling gewohnt hatte, die durch die Presse bereits mehr an Publicity
bekommen hatte, als irgend jemand mit Ausnahme eines Filmstars sich wünschen
konnte.
    Die kurze Stellungnahme, die sie am
Vorabend widerwillig abgegeben hatte, war bis zur Unkenntlichkeit verzerrt
worden. »Verarmtes Mitglied der High-Society gezwungen, Villa ihrer Vorfahren
in Pension zu verwandeln«, gehörte noch zu den harmlosesten Schlagzeilen, und
»Kelling-Mörder hat wieder zugeschlagen« war zweifellos die schlimmste.
    Sarah hatte die Überlebenden am
Frühstückstisch bereits offiziell um Entschuldigung gebeten und ihnen
versichert, daß ihre Privatsphäre, soweit es ihr irgend möglich war,
selbstverständlich geschützt würde. Aber alle hatten ja ihre Vergangenheit
gekannt, bevor sie sich entschieden hatten, bei ihr zu wohnen, und sie hatte
den starken Verdacht, daß es sie nicht im geringsten bedrückte, mitten in einen
neuen Skandal verwickelt zu sein, besonders Professor Ormsby, der lediglich
knurrte und sich ein weiteres Spiegelei nahm.
    Miss LaValliere und Mr. Porter-Smith
schwelgten offenbar in der Vorfreude, ihren Klassenkameradinnen beziehungsweise
Kollegen alles mitteilen zu können, während Mrs. Sorpende tatsächlich
mitgenommen aussah und ihrer verzweifelten Hoffnung Ausdruck gab, daß es den
Mitbewohnern des verstorbenen Mr. Quiffen hoffentlich gelingen würde, jedem
persönlichen Kontakt mit der Presse aus dem Weg zu gehen. Mariposa und Charles
stimmten den Gefühlen dieser wirklichen Dame aus vollstem Herzen zu, und Sarah
empfand wieder einmal eine Welle von Dankbarkeit darüber, daß Mrs. Sorpende den
anderen mit gutem Beispiel voranging.
    Nachdem sie die Zeitungen
zusammengerollt und fortgeworfen und sich mit dem hartnäckigen Mr. Quiffen jr.
abgegeben hatte, lenkte sie ihre Aufmerksamkeit auf wichtigere Dinge. Sie war
gerade dabei, ein Badezimmer im ersten Stock zu säubern, als Charles, drei
Stufen auf einmal nehmend, die Treppe hinaufstürmte, ohne dabei auch nur einen
Hauch seiner Hudson-Würde zu verlieren, und ihr mitteilte, daß Mr. Protheroe
auf dem Weg sei, daß inzwischen ein Cousin des dahingeschiedenen Mr. Quiffen
dem Neffen in der Bibliothek Gesellschaft leiste und daß der neue Besucher
seinen Anwalt mitgebracht habe.
    »Ach herrjeh«, sagte Sarah, was so
ungefähr der stärkste Kraftausdruck war, den man ihr in ihrer sorgfältig
behüteten Kindheit erlaubt hatte, »vielleicht sollte ich allmählich selbst die
Truppen mobilisieren.«
    Sie überflog

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