Der Rauchsalon
von
— «
»Ganz bestimmt hast du das«, unterbrach
ihn Sarah. »Aber du hast völlig recht, ich brauche wirklich keinen Salon. Ich
werde die Bibliothek benutzen, was ich jetzt auch schon mache.« Der Raum mit
den Hohen Wänden, in dem sie sich gerade aufhielten, mit seinen zahlreichen
Bücherregalen, den abgenutzten roten Samtvorhängen, dem Porträt des Kellings,
der den Grundstein für das Familienvermögen gelegt hatte, über dem Kaminsims
und den dunklen alten Ledersofas und Sesseln, die um den offenen Kamin standen,
war bei weitem der angenehmste Raum im ganzen Haus.
»Und Tante Carolines Zimmer im ersten
Stock behalte ich für mich und baue ihr Boudoir in ein Atelier um. Ich habe
immerhin die ganzen Illustrationen für Harry Lackridge gemacht und bin sicher,
daß ich auch von anderen Verlagen Aufträge bekomme und mir so ein bißchen
Taschengeld nebenbei verdienen kann. Und im zwei ten Stock sind noch die alten
Zimmer von Alexander und mir mit dem Badezimmer in der Mitte, und Mariposa hat
einen ihrer Schwager — ob es ein ehemaliger oder ein zukünftiger ist, weiß ich
auch nicht genau — überredet, mir zu helfen, die beiden Dachzimmer
wiederherzurichten, in denen früher die Hausangestellten u Hergebracht waren,
und dort ein weiteres Badezimmer zu installieren, so daß wir insgesamt sechs
Personen unterbringen können.«
»Lächerlich!« brüllte Dolph. »Und wer
soll die ganzen Stufen hochkraxeln?«
»Eine ganze Menge Leute hier auf dem
Hill wohnen in dreistöckigen Häuslern ohne Aufzug. Und wenn ich die Zimmer
nicht vermieten kann, werde ich eben selbst nach oben ziehen und den ersten
Stock vermieten.«
»Mach das lieber nicht, Sarah«, sagte
Jem. »Nimm dir selbst das Beste, und mach auf vornehm. Behandle sie wie Dreck,
und sie werden dir ans der Hand fressen. Wenn du freundlich zu ihnen bist,
werden sie dich nämlich nur schikanieren.«
»Ich gebe es höchst ungern zu«,
schnaubte Dolph, »aber hier hat der alte Ziegenbock ausnahmsweise mal recht. Da
mußt du hart bleiben. Laß dich von keinem unterkriegen. Da fällt mir ein, wo
gedenkst du dir eigentlich deine potentiellen Mieter herzuholen?«
»Ich werde wohl eine Annonce aufgeben.«
»In den Zeitungen? Um Gottes willen!
Das ist doch das Allerletzte! Was würde Tante Bodie bloß — «
»Dolph!« brüllte sein Onkel. »Wenn du
nicht bald aufhörst, die ganze verdammte Sippschaft hier mit hereinzuziehen,
werde ich Egbert auftragen, dir anständig eine reinzuhauen.« Egbert war Jeremy
Kellings Mann für alle Gelegenheiten und hatte bekannterweise schon bedeutend
ausgefallenere Aufträge ausgeführt. »Boadicea soll bloß den Mund halten. Die
würde doch sogar ihre eigenen Stiftzähne vermieten, wenn sie bloß jemand haben
wollte.«
»Tante Bodie ist mir herzlich
gleichgültig«, sagte Sarah. »Außerdem ist Tante Emma ganz auf meiner Seite. Wir
haben die ganze Angelegenheit besprochen, als ich bei ihr zu Besuch war, nachdem
— nachdem die ganze Sache damals passiert ist. Sie hatte übrigens auch die
Idee, die alten Mädchenzimmer umzubauen. Ich hatte völlig vergessen, daß diese
Dachzimmerchen jemals als Schlafzimmer genutzt worden sind. Sogar ein paar
Decken und Bettwäsche hat sie mir mitgegeben.«
»Warum hast du das nicht gleich
gesagt?« fauchte Dolph. »Tante Emma hat wenigstens Verstand im Kopf.« Das war
sein höchstes Lob. »Mabel wird allerdings außer sich sein, von wegen
Prinzipien, nehme ich stark an, aber wen kümmert schon, was Mabel zu sagen
hat?«
»Ich habe auch schon Anora Protheroe
eingeweiht«, fuhr Sarah fort. Anora war eine alte ehrbare Freundin vom Chestnut
Hill. »Und sie ist äußerst erleichtert, daß ich dann hier nicht mehr allein zu
leben brauche. Sie will versuchen, mir einen Mieter für den Salon zu besorgen.
Ihr kennt ihn bereits, es ist Mr. Quiffen, ein alter Freund ihres Mannes, aus
derselben Studentenverbindung oder so.«
»Quiffen? Muß ihn wohl irgendwann mal
getroffen haben, nehme ich an. Aber ich kann mich nicht mehr an ihn erinnern.
Wenn er allerdings ein dicker Freund von George ist, hat er bestimmt auch die
Schlafkrankheit, also wird er dir wahrscheinlich kaum Unannehmlichkeiten
machen«, säuselte Onkel Jem. »Siehst du, Sarah, so macht man das. Hier und da bei
den richtigen Leuten eine kleine Bemerkung fallenlassen, und schon findest du
genug Mieter. Ich werde den Clan persönlich informieren. Wie steht es übrigens
mit Betten und Bettzeug? Soll ich dir so nebenbei ein bißchen
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