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Der Rebell - Schattengrenzen #2

Der Rebell - Schattengrenzen #2

Titel: Der Rebell - Schattengrenzen #2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Meurer
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Hand auf die Lippen.
    Sein Adamsapfel sprang, als er schluckte. In seinen Augen flackerte tiefe Angst.
    »Nicht weiterreden«, flüsterte er. Sein Blick huschte durch den Raum.
    Mit wild schlagendem Herzen starrte Oliver an Daniel vorbei. Fast erwartete er, dass sich in den Schatten unter Tisch und Stühlen die Dunkelheit manifestierte und unsägliche Schrecken ausspie. Sein Mund wurde trocken.
    Nichts geschah.
    Nach einer Weile schob er Daniels Hand fort.
    Jetzt ließ er sich auch noch von ihm nervös machen.
    »Was sollte das denn wieder?«
    Unsanft packte Daniel ihn am Arm und zerrte ihn herum.
    Die Scheibe spiegelte den Raum wider – nein falsch.
    Was er sah, war ein schäbiges, grell überblendetes Abbild des Zimmers.
    Sie waren nicht mehr allein. Eines dieser grauen Wesen baute sich riesig hinter einer Frau auf, die im Rollstuhl kauerte. Sie wirkte wie ein Geier, der auf seine Beute lauerte. Ihre Mimik bestand aus nichts anderem als verbitterter Wut.
    Im gleichen Moment schnappte das graue Wesen zu. Gewaltige Kiefer packten die Frau und rissen sie aus ihrem Rollstuhl. Für einen winzigen Moment spiegelte sich Panik in ihrem Gesicht. Mehrreihige Fänge schnappten erneut zu, fingen den Leib auf Höhe der Taille. Knochen und Fleisch gaben nach.
    Die Frau zerfaserte zu stofflichem Dunst, der zu Boden troff und zurückwirbelte. Der Geruch nach Schweiß, Medikamenten und altem Stoff wogte durch den Raum und verging. Olivers Magen hob sich. Er schüttelte Daniel ab, bevor er sich zum dritten Mal an diesem Tag übergab.

Camilla
     
     
     
    B is auf die gelbe Galle kam nichts mehr aus seinem Inneren. Allerdings krampfte sich alles steinhart zusammen, sodass er nicht in der Lage war, sich zu regen.
    Nach einigen Atemzügen, die das scharfe, bittere Aroma mit sich trugen, wagte er, aufzusehen. In der Fensterspiegelung existierte immer noch der heruntergekommene Aufenthaltsraum. Neben ihm stand der alte Mann, der Geist, der sich gestern vor seinen Augen aufgelöst hatte. Er wirkte tief besorgt. Seine Hand ruhte auf Olivers Arm. Der Druck war angenehm, beruhigend, verströmte den Duft nach Erde und Laub. In ihm lag etwas unglaublich Beruhigendes.
    Dankbar blickte Oliver zu ihm auf.
    Auch Daniel stand dicht hinter ihm. Er wirkte ein bisschen anders als sonst, hagerer, kränklich, eine Mischung aus einem Toten und einem Lebenden. Eine wabernde Korona grauen Nebels umwaberte ihn und manifestierte sich ein Stück entfernt in einem etwas kleineren Exemplar der Monster.
    Trotz mangelnder Mimik besaß es etwas Freundliches, beinahe wie ein Hund.
    Irritiert fuhr Oliver herum – soweit es seine Konstitution noch zuließ.
    In der Wirklichkeit gab es das modrige Zimmer nicht. Alles schien soweit normal. Von seinen Lippen stieg das furchtbare Aroma der Galle auf. Erneut drehte sich ihm der Magen um.
    Zitternd klammerte er sich an das kalte Fensterbrett. Die Welt drehte sich.
    In ihm tobte nackte Angst. Allein das Gefühl presste das letzte bisschen Kraft aus ihm heraus. All das war zu viel. Wenn er nicht den Verstand verlieren wollte, musste er ausblenden, was er aus der Anderswelt wahrnehmen konnte.
    Rasch zog Daniel ihn auf einen Stuhl. »Beruhige dich, Olli.«
    Beruhigen? Innerlich schnaubte er. Scherzkeks. Weglaufen konnte er nicht. Wie auch. Er fühlte sich erschöpft, elend wie selten zuvor. Hinter seiner Stirn tobte ein Tornado. Kopfschmerzen tosten, mischten sich in die Übelkeit und die körperlich spürbaren Wogen der Angst.
    Er schloss die Augen, aber die Eindrücke blieben. Beide Bilder legten sich übereinander und verschmolzen. Daniel, der auf seltsame Art mit diesen Monstern verbunden war, floss in den Leib des Wesens, das die alte Frau mit seinen mahlenden Kiefern zerrissen hatte. Stöhnend presste er beide Hände gegen die Schläfen. Als er die Lider hob, tränten seine Augen. Daniel kniete neben ihm nieder. Feuchtes Papier streifte seine Lippen. Im ersten Moment wollte er nicht berührt werden, aber es war Daniel. Dieser Mann war nicht böse. Im Gegenteil.
    Dankbar nickte Oliver ihm zu, bevor er sich mit einem Zipfel seines T-Shirts das Gesicht abwischte. Erst jetzt wurde ihm bewusst, dass sein Körper von einer klebrig kalten Schweißschicht überzogen war.
    Sanft schloss Daniel ihn in seine Arme. Auch er zitterte. Seine nackten Arme fühlten sich nicht weniger klamm an, aber sein Körper verströmte Wärme. Der Geruch nach Zigaretten vermischte sich mit Schweiß, Deo und dem schwachen Ledergeruch, der in

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