Der Rebell - Schattengrenzen #2
schob Micha Chris zur Treppe.
Oliver sah ihnen nach. »Ich komme euch gleich helfen.«
Ammans Hand schloss sich um Olivers. Erschrocken sog er die Luft ein und wirbelte zu ihm. Aboutreika ließ nicht los.
Der Griff besaß die Qualität einer Schraubzwinge.
Oliver schluckte trocken. Trotz der Wärme fror er.
Amman starrte ihn an. Der Blick besaß etwas Perverses. Ein krankes Lächeln umspielte Aboutreikas Lippen. Die Maske fiel. Oliver spürte seinen Puls bis in die Kehle. Er presste die Zähne zusammen. Mit einer knappen Bewegung wand er sich aus dem Griff. Ammans Nägel hinterließen schwach brennende Spuren auf seiner Haut. Mit einem Schritt wich Oliver zurück.
Der Abstand reichte nicht. Die Präsenz Aboutreikas bedrängte ihn noch immer, körperlich wie das Wesen in seinem Traum. War das ein realer Traum? Begegnete ihm Aboutreika als das, was sich hinter der Fassade verbarg?
Er atmete das Aroma aus, verströmte es im ganzen Haus, infizierte es, die Vorstufe zu dem, was aus Erna Markgraf wurde, ein Wesen aus Hass.
Eine Bewegung ließ ihn zusammenfahren. Etwas stieg aus den Fugen des Marmorbodens auf. Schwarze Nebel, dünn wie Rauchfäden, wehten hoch, zerfaserten und sammelten sich.
Alles in Oliver trieb ihn zur Flucht. Jeder Nerv schrie danach, kribbelte bis ins Unerträgliche. Zugleich konnte er nicht. Sein Körper bewegte sich keinen Millimeter weiter.
Seine Kehle schnürte sich zusammen. Er saß in der Falle. Das hier war nichts anderes, als der komplette Hass Aboutreikas , der Gestalt annahm.
»Oliver, träumst du?«
Er fuhr zusammen. Ammans Druck nahm zu. Hatte er seinen Arm nicht entwunden?
Nein. Aboutreika hielt ihn noch immer. Von den Nebeln war nichts mehr zu sehen. Irritiert starrte Oliver ihn an. In den dunklen Augen lag boshafter Spott, Wissen.
Olivers Herz schlug schmerzhaft hart. Er presste die Kiefer aufeinander. Nur keine Schwäche zeigen, nicht jetzt.
Aboutreika hatte ihn in eine Falle gelockt, aus der es kaum einen Ausweg gab. Seine verdammte Neugier! Chris und Micha, er würde sie unter allen Umständen beschützen.
Zu spät.
Oliver schloss die Augen. Nein, er würde nicht aufgeben.
Ammans Nägel bohrten sich in seine Haut.
Zu spät! Marcs Stimme. Raus aus meinem Kopf!
Amman zog an seinem Arm. Unwillkürlich riss Oliver die Augen auf. Er roch das schwere Aftershave, die Haut, den schwachen Hauch von Schweiß. Dicht neben seinem Ohr küsste Aboutreika seine Wange.
Eine Woge absoluten Ekels ergriff ihn. Er würgte. Tränen fingen sich in seinen Wimpern. Schaudernd wich Oliver zurück.
Mit unerbittlichem Griff zog Aboutreika ihn zurück. Sein heißer Atem streifte Olivers Ohr. »Willkommen zu Hause, Tom.«
Zwei Wiesbadener Verbrechen
Im Verlauf des Romans werden die Opfer von zwei Kriminalfällen erwähnt – Kestutis Vaicackas und Timo Rinnelt .
Beide Fälle haben zu ihrer Zeit hohe Wellen geschlagen.
Der 45-jährige Litauer Kestutis Vaicackas war ein obdachloser Straßenmusikant, der am 08.03.2011 durch drei Jugendliche ermordet und anschließend beraubt wurde.
Kurz vor Mitternacht trafen die drei jungen Männer auf Vaicackas . In dem festen Vorhaben, ihn zu berauben, gingen sie zu Werke. Sie rauchten zuvor noch mit Vaicackas , bevor sie ihn auf einer der Bänke am Teich im Warmen Damm mit Tritten und Schlägen umbrachten.
Durch Tritte gegen den Kopf brachen seine Knochen. Er erstickte an seinem eigenen Blut.
Heute weist eine Gedenktafel auf Kestutis Vaicackas hin.
http://www.fr-online.de/wiesbaden/raubmord-brutale-jugendliche,1472860,10987940.html
Timo Rinnelt ist der wohl bekannteste Kriminalfall Wiesbadens. Der 7-jährige Junge wurde am 13.02.1964 im Keller des Hauses Wilhelmstraße 58 ermordet. Es ist das Haus, in dem der Vater des Mörders zu Lebzeiten noch eine Arztpraxis führte.
Der Fall Rinnelt ist deswegen so aufsehenerregend, weil am 19.02.1963 telefonisch Lösegeldforderungen für den Jungen eingingen. Die Methode des Mitschnitts und der Ausstrahlung der Stimme über Rundfunk sollte helfen, Hinweise zu dem Verbrechen zu sammeln. Leider blieb diese Aktion ohne Erfolg. Dafür tauchte wenig später ein Schuh des Jungen mit einer Lösegeldforderung auf: Wir wollen 15.000 Mark in kleinen Noten. Keine Polizei.
Auch diese Spur verlief sich. Die Polizei musste sich auf Befragungen verlassen, wobei der Täter, der im Haus der Familie Rinnelt wohnte, kein lückenloses Alibi aufweisen konnte. Dennoch dauerte es drei Jahre, bis der letzte Rest
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