Der Rebell
nachgerufen, gar nichts sei in Ordnung — er müsse zurückkommen und sie vor ihrem Ehemann beschützen. Doch sie brachte kein Wort hervor.
Ian rührte sich nicht, und es dauerte lange, bis er das Schweigen brach. »Was hast du mir zu sagen?«
»Offensichtlich ziehst du die falschen Schlüsse.«
»So?«
»Ich wußte nicht, daß er hier sein würde.«
»Wolltest du einfach nur zum Teich laufen, um dich wieder auszuziehen und zu schwimmen?« fragte er sarkastisch.
»Nein, ich hatte das Bedürfnis, aus dem Haus zu fliehen, aus deinem Zimmer, vor dir ...«
»Mißfällt dir Cimarron?« erkundigte er sich in höflichem Ton und ging langsam auf sie zu. »Ich fand mein Elternhaus immer wundervoll. Und ich fühle mich sehr wohl in meinem Zimmer.« »Aber ich hasse das Haus und dein Zimmer«, flüsterte sie.
»Warst du wirklich nicht mit O'Neill verabredet?«
»Nein.«
»Und du bist gar nicht auf den Gedanken gekommen, es könnte gefährlich sein, nachts in den Wald zu laufen
— ganz allein und mangelhaft bekleidet?«
»Ich bin durchaus imstande, mich zu verteidigen.«
»Tatsächlich?«
»Wie du bereits festgestellt hast, bin ich eine ausgezeichnete Fechterin.«
»Oh, ich habe gar nicht gemerkt, daß du einen Degen bei dir trägst.«
Verlegen wich sie seinem Blick aus. »Ich habe keinen ...«
»Zeig mir doch, wie gut du fechten kannst.« Er riß sein Schwert aus der Scheide und warf es vor Alainas Füße. »Heb's auf — eine erstklassige Klinge. Peters Waffe ist nur ein albernes Paradeschwert. Aber ich werde mich damit begnügen und dir einen Vorteil gönnen.«
»Was — für ein Unsinn ...«, stammelte sie und wich vor ihm zurück. Die Eiseskälte in seinen Augen erschien ihr noch gefährlicher als sein wilder Zorn.
»Heb das Schwert auf. Du wirst gegen mich kämpfen.«
»Wozu?« flüsterte sie.
Ein grimmiges Lächeln umspielte seine Lippen. »Sagtest du nicht, du könntest dich verteidigen, als ich dich vor den Gefahren deines Leichtsinns warnte?« Herausfordernd schwenkte er Peters Schwert durch die Luft. »Wenn du mich besiegst, darfst du mit deinem Vater auf deine Insel zurückkehren. Und wenn ich gewinne, nehme ich meine ehelichen Rechte wahr.«
»Nein ...«
»So lauten die Bedingungen unseres Duells. Heb das Schwert auf und verteidige dich! Zeig mir, wie unbesiegbar du bist! Dann muß ich nicht mehr befürchten, du
könntest Schande über meine Ehe bringen, wenn du halbnackt durch den nächtlichen Wald läufst.«
Er trat einen Schritt näher. Hastig hob sie das Schwert auf. »Du Narr! Glaub mir, ich weiß, wie man damit umgeht ...«
Im nächsten Augenblick prallten klirrend die Klingen aufeinander. Ians plötzlicher Vorstoß brachte Alaina beinahe aus dem Gleichgewicht. Aber sie parierte den Schwerthieb. Mit der linken Hand raffte sie ihr Nachthemd und den Morgenmantel, um nicht über die Säume zu stolpern, mit der rechten ging sie zum Angriff über. Sie mußte den Gegner überwältigen, ehe die Wucht seiner Attacken ihren Arm schwächen würde.
Blitzschnell tänzelte sie im Gras umher, suchte Ians Deckung immer wieder zu durchbrechen. Als er zurückwich, triumphierte sie nicht lange. Sie merkte, daß er sie nur veranlassen wollte, ihre Energien zu verbrauchen, während er fintierte. Schließlich hatte sie ihn etwa zwanzig Schritte zurückgetrieben.
Da sprang er plötzlich vor und jagte sie mit vehementen Schwertstreichen an den Wasserrand zurück. Beide hielten inne, um Atem zu schöpfen.
Und dann funkelte Ians Waffe im Mondlicht, zuckte auf Alainas Brust zu, und sie bangte um ihr Leben. Doch die Schneide durchtrennte nur die Verschnürung ihres Morgenmantels. Mühsam bezähmte sie ihren Zorn. Nun mußte sie einen klaren Kopf behalten.
Mit mehreren blitzschnellen Attacken drängte sie Ian in die Defensive. Um einem Hieb auszuweichen, der seine Knie verwundet hätte, sprang er auf den wackeligen Baumstamm. Sofort griff Alaina wieder an — entschlossen, ihren Vorteil zu nutzen, den Gegner zu Fall zu bringen, die Schwertspitze an seine Kehle zu halten und das alberne Duell zu beenden.
Ein gezielter Streich spaltete das Holz, Ian verlor die
Balance und fiel auf den Rücken. Siegessicher übersprang Alaina den geborstenen Stamm.
Aber als sie ihren Mann angreifen wollte, war er schon wieder auf den Beinen und schmetterte sein Waffe so gnadenlos gegen ihre, daß ihr Arm gebrochen wäre, hätte sie den Griff ihres Schwerts nicht instinktiv losgelassen. Schimmernd, in hohem Bogen, flog es
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